Rottstr5-Theater zeigt Ian McEwans "Der Zementgarten"
Eine ganz eigene Welt

Jack (Thomas Kaschel) verwahrlost mehr und mehr. | Foto: Schnorrbusch
  • Jack (Thomas Kaschel) verwahrlost mehr und mehr.
  • Foto: Schnorrbusch
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Regisseur Alexander Ritter, jüngst als Künstlerischer Leiter des Rottstr5-Theaters vorgestellt und vielen Bochumern auch als Schauspieler bekannt, präsentiert mit „Der Zementgarten“ nach Ian McEwans gleichnamigem Roman aus dem Jahre 1978 eine verstörende Familiengeschichte im Theater unter den Gleisen.

Schon das Setting, in dem die Handlung angesiedelt ist, ist beklemmend: Das Haus der Familie, die in extremer Isolation lebt, ist als einziges von einer Siedlung übriggeblieben, die einer geplanten Umgehungsstraße zum Opfer gefallen ist, die dann doch nicht gebaut wurde. Nach dem Tod des Vaters stirbt kurz darauf auch die Mutter. Die Kinder Julie (Zeynep Topal), Jack (Thomas Kaschel) und Sue (Selina Liebert) beschließen, diesen Umstand geheim zu halten – auch um ihren jüngeren Bruder Tom (Jasper Schmitz) vor einer Kindheit und Jugend im Heim zu bewahren.
Zwischen den Geschwistern entwickelt sich eine eigentümliche Dynamik: Einerseits werden gesellschaftliche Konflikte wie unter einem Brennglas fokussiert, etwa wenn Jack sich mit seinen Schwestern über Sinn und Unsinn traditioneller Geschlechterrollen streitet. Andererseits mutet der Haushalt mit seinen zum Teil verwahrlosenden Bewohnern wie ein Zufluchtsort vor den Zumutungen der Zivilisation an.

Jenseits von Moral und Konvention

Moralische Maßstäbe scheinen in dieser Welt nicht zu gelten und Konventionen, die sexuelle Beziehungen unter Geschwistern mit einem Tabu belegen, werden ignoriert. Bei allen Grobheiten, die den Umgang miteinander prägen, hängen die vier Geschwister an ihrer Vision, als verschworene Gemeinschaft zusammenzubleiben.
Das fragile Gleichgewicht gerät ins Wanken, als sich Julie in Derek (ebenfalls Jasper Schmitz) verliebt, der ihr teure Geschenke macht. Dass die Geschwister die Leiche ihrer Mutter in einem Zementsarg beigesetzt haben, bleibt Derek nicht lange verborgen. Während Julie und Jack ihr inzestuöses Verhältnis vollziehen, rückt die Polizei als unerbittliche Ordnungsmacht an, um dem isolierten Zusammenleben der verschworenen Geschwistergemeinschaft ein Ende zu machen.
Mit einfachsten Mitteln gelingt es Regisseur Alexander Ritter und seinen Mitstreitern, den Zuschauer in eine unwirkliche und doch eigenartig plausible Geschichte zu verstricken, die scheinbare Gewissheiten ins Wanken bringt.

Termine
- „Der Zementgarten“ ist am Samstag, 12. Oktober, um 19.30 Uhr im Rottstr5-Theater zu sehen.
- weitere Termine: Samstag, 26. Oktober, 19.30 Uhr; Samstag, 30. November, 19.30 Uhr.
- Karten können unter Tel.: 01 63 / 761 50 71 reserviert werden.

Autor:

Nathalie Memmer aus Bochum

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