Eine Bochumer Legende - 40 Jahre nach Zadek - David Bösch inszeniert „Kleiner Mann - Was nun?“
Wenn David Bösch am morgigen Sonntag, 8. Januar, ab 19 Uhr im Schauspielhaus Bochum die Geschichte von Johannes Pinneberg und seiner Lämmchen auf die Bühne bringt , dann sucht er einen eigenen Weg, diesen berühmten Stoff von Hans Fallada auf die Bühne zu bringen. Kaum ein anderes Stück steht so deutlich für den Versuch, Volkstheater neu zu erfinden.
Als Peter Zadek den Stoff 1972 auf die Bühne brachte, mischte er opulente Formen der Revue mit brechtschen V-Effekten: Man erzählte vom Kapitalismus und sang dazu. Pinneberg, der kleine Verkäufer, der ein guter Ehemann und Vater sein will und dennoch arbeitslos als einer von Millionen auf der Straße landet, ist der ideale Held für diese Zwecke.
Damals, 1972, lernten die Menschen in Bochum und überall im Ruhrgebiet das Wort „Arbeitslosigkeit“ neu kennen. Es war die Zeit der Zechenschließungen und des drohenden Wandels. Das Stück erreichte sein Publikum und die Inszenierung wurde zur Legende.
Vierzig Jahre später hat man die Zechen vergessen, dafür kennt man „Arbeitslosigkeit“ und „Prekariat“ in- und auswendig. Die Fragen nach der Liebe und dem Geld haben sich aktuell zugespitzt wie selten, doch welche Formen brauchen wir heute, um davon zu erzählen?
Das Geld und die Arbeit, der Druck und die Quote, das Immer-weiter-funktionieren-Müssen und das Nicht-mehr-Können, das ist nicht der Druck des Kapitals, das ist der Druck in allen, das sind alle. David Bösch schaut sich die Menschen in dieser Geschichte genau an und fragt, wie prekäre Verhältnisse das Denken und Fühlen verändern. Können Lämmchen und Pinneberg wirklich ihre Liebe und ihre kleine Familie in der viel zu großen Welt retten? Behält Lämmchen ihren Mut und ihre Kraft oder reicht es irgendwann nicht mehr? In einer sehr reduzierten, kargen Fassung, nicht als Revue, aber mit Songs von Karsten Riedel, befragt David Bösch diese Geschichte über Liebe und Geld neu.
David Bösch verbindet eine langjährige Arbeitsbeziehung mit Anselm Weber. Während dessen Intendanz am Schauspiel Essen war er dort bereits Hausregisseur und hat das Profil des Theaters mit seinen großen Klassiker-Interpretationen wie Shakespeares „Sommernachtstraum“, Büchners „Woyzeck“ und Molnárs „Liliom“, aber auch mit Inszenierungen zeitgenössischer Texte wie Schwabs „Volksvernichtung“ entscheidend geprägt. Außerdem hat er auch am Hamburger Thalia Theater und am Schauspielhaus Zürich gearbeitet und 2006 den „Young Directors Award“ der Salzburger Festspiele gewonnen.
In der Spielzeit 2009/2010 inszenierte er an der Bayerischen Staatsoper seine erste Oper und ist seit Beginn der Bochumer Intendanz von Anselm Weber leitender Regisseur am Schauspielhaus. Im Sommer 2011 hat er auf Einladung des Goethe Instituts Goethes „Urfaust“ am Myeongdong Theater in Seoul/Korea in Szene gesetzt. Er inszeniert außerdem am Wiener Burgtheater, am Deutschen Theater Berlin und an der Oper Frankfurt.
Spielplan:
Premiere: 8. Januar, um 19 Uhr im Schauspielhaus.
12. Januar um 19.30 Uhr.
29. Januar um 17 Uhr im Schauspielhaus.
Weitere Informationen unter Tel.: 3333-5555.
Autor:Ernst-Ulrich Roth aus Bochum |
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