Ein Vierteljahrhundert Kinogeschichte

Anke Teuber und Nina Selig verantworten heute ein Programm, das auf kleine, feine Produktionen jenseits von Hollywood setzt | Foto: Foto: Molatta
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Endstation Kino zeigt seit 25 Jahren Filme mit Anspruch - und wird dafür regelmäßig ausgezeichnet

Als 1988 zur Eröffnung des Endstation Kinos Buster Keatons Stummfilm „The General“ über die Leinwand flimmerte, saß niemand Geringeres als Helge Schneider am Klavier und begleitete das Meisterwerk musikalisch. 25 Jahre später, zum Jubiläum, war der Mülheimer leider verhindert - und so griff Joachim Bärenz in die Tasten, als erneut „The General“ in dem Langendreerer Kino zu sehen ist.

Dazwischen liegt ein Vierteljahrhundert Kinogeschichte: Anke Teuber und Nina Selig verantworten heute ein Programm, das auf kleine, feine Produktionen jenseits von Hollywood setzt - und dafür jetzt, pünktlich zum Geburtstag, wieder einmal ausgezeichnet wurde.

Im einstigen Bahnhofs-Wartesaal der ersten Klasse läuft heute erstklassiges Filmprogramm

Als die Filmstiftung NRW am Mittwoch im Kölner Gloria-Theater zum 23. Mal ihre Kino-Programmpreise vergab, da durfte sich das Endstation Kino über einen Spitzenpreis freuen - wieder einmal. Das Programmkino im soziokulturellen Zentrum Bahnhof Langendreer gehört regelmäßig zu den ausgezeichneten Kinos im Lande. Seit 25 Jahren steht es für Kino mit inhaltlichem Anspruch - und betreibt damit eine ständige Gratwanderung zwischen Kunst und Kommerz.

„Diese Auszeichnungen sind enorm wichtig für uns“, betont Nina Selig, gemeinsam mit Anke Teuber verantwortliche Kinomacherin. Denn die Preise der Filmstiftung bringen nicht nur Ruhm und Ehre, sondern handfeste Prämien: 4.000 Euro erhält das Endstation Kino in diesem Jahr für seine Kinder- und Jugendsparte, 13.000 Euro für sein Programm.
Das Geld ist hochwillkommen in einem Kino, das von Beginn an bewusst keine Abspielstation von Hollywood-Blockbustern sein wollte, sondern stattdessen eher Filme aus unbekannten Kino-Ländern ins Programm nimmt - etwa aus Lateinamerika oder dem arabischen Raum. „Wir zeigen diese Filme oft in Originalversionen mit Untertiteln, dazu anspruchsvolle Dokumentarfilme, aber auch Erstaufführungen, Filmreihen und Arthaus-Filme. Dazu kommen Sonderveranstaltungen wie etwa Filmgespräche mit Regisseuren und Darstellern oder das „Blicke“-Festival“, umreißt Nina Selig das Profil des Kinos am Wallbauweg.
„Unser Kino war immer ein Konzeptkino“, ergänzt Rolf Stein, von Beginn an beim Bahnhof Langendreer dabei. „Wir haben damals - zwischen den großen Multilex-Kinos auf der einen und Programmkinos wie dem ‚Cinema‘ im Uni-Center auf der anderen Seite - durchaus eine inhaltliche Lücke gesehen, die wir besetzen wollten.“
Viele Pläne gab es in der Gründungsphase des soziokulturellen Zentrums, wie der Raum - ehemaliger Wartesaal der ersten Klasse - genutzt werden sollten. Von der Kindertagesstätte über eine WG bis zu Werkstätten reichten die Vorstellungen - die Kino-Idee setzte sich durch: „Über das Kommunale Kino hatten wir damals sehr gute Kontakte - und Claudia Dostal und Matthias Dreyer waren diejenigen, die das Endstation Kino und sein Programm damals begründet haben.“

Stühle aus dem
Schauspielhaus

Die rein praktische Realisierung des Kinos erwies sich als schwieriger, als zunächst angenommen: „Dieser Gebäudeteil hat uns allein von seiner Substanz her vor enorme Herausforderungen gestellt“, erinnert sich Rolf Stein. „Um den Wartesaal als Kino nutzen zu können, musste eine Zwischendecke eingezogen werden, darüber liegt unser heutiger Raum 6. Das Ganze musste durch das Ständerwerk im Café erschlossen werden.“ Das war nicht nur schwierig, sondern auch teuer. „Deswegen konnte das Kino auch erst als letzter Teil des Bahnhofs Langendreer seinen Betrieb aufnehmen - und feiert erst jetzt sein 25-jähriges Bestehen.“
Die erste Bestuhlung für das knapp 100 Plätze fassende Kino kam aus dem Schauspielhaus. „Inzwischen haben wir schon die dritte Generation gebrauchter Stühle“, schmunzelt Rolf Stein. Und auch der alte Projektor wurde inzwischen ausgetauscht: Seit 2012 ist ein Digitalprojektor im Einsatz.
Doch nicht nur die Technik hat sich geändert - auch das Publikum: „Wir merken, dass weniger Studierende zu uns kommen - was sicherlich mit veränderten Studienbedinungen und einer veränderten Studentenschaft zusammen hängt“, analysiert Nina Selig. „So kann man an der RUB zum Beispiel keine Film- und Fernsehwissenschaft mehr studieren - die klassischen ‚Film-Nerds‘ fallen damit weg.“ Das Stammpublikum ist mit dem Endstation gealtert - „deshalb ist es wichtig, dass wir uns neues Publikum erschließen“, ist sie überzeugt. Anspruchsvolle Kinder- und Jugendfilme sind ein Weg, neues Publikum zu locken - Filme mit Mehr-Wert ein anderer. „Wir müssen Antworten darauf finden, warum die Leute ins Kino gehen sollen und nicht zuhause eine DVD einschieben oder einen Film im Netz gucken sollen.“ Filmgespräche sind eine Antwort darauf, andere das „Plüschkino“ für Senioren oder neue Formen wie das „Vinyl-Café“. „Ich habe keine Ahnung, wie das Kino in 25 aussehen wird - aber es wird Veränderungen geben, das ist klar. Deswegen müssen wir die soziale Komponente des Kinos betonen.“
Nachdem sie zunächst zehn Jahre lang als Aushilfe im Kino gearbeitet hat, gehört Nina Selig seit Anfang 2012 zum Leitungsduo - gemeinsam mit Anke Teuber, die seit 1998 dabei ist. „Wir ergänzen uns sehr gut. Während Anke der klassische Cineast ist, bringe ich mehr den Bereich des Kulturmanagements ein.“ Gemeinsam stellen sie das monatliche Film-Programm zusammen, informieren sich auf Festivals oder bei Kollegen, sichten Screener zu Neuerscheinungen. Eines aber ist klar: „Man kann nicht alle Filme zeigen, die man gut findet - dann ist das Kino leer.“ Die Programmgestaltung sei daher immer eine Gratwanderung zwischen cineatischem Anspruch und kommerziellem Denken.
Zum Jubiläum gründet sich ein Förderverein für das Endstation Kino - von besonders treuen Fans. Wenn sich Nina Selig zum Geburtstag etwas wünschen dürfte, so ist das vor allem eines. „Weiterhin möglichst viele Gäste.“ Und diese, so hofft sie „sollten offen und bereit sein, Experimente mit zu gehen.“

Anke Teuber und Nina Selig verantworten heute ein Programm, das auf kleine, feine Produktionen jenseits von Hollywood setzt | Foto: Foto: Molatta
Digitaltechnik zog 2012 in den Vorführraum des Endstation Kinos ein: Der neue Projektor wurde nötig, weil neue Filme heute nur noch als digitale Kopie in den Verleih kommen. Dank Hybridtechnik können aber weiterhin die „alten Schätzchen“ des 35mm-, 16mm- und 8mm-Films gezeigt werden. Neben Anke Teuber (l.) und Nina Selig arbeiten acht Aushilfskräfte für das Kino am Wallbaumweg. | Foto: Foto: Molatta
Autor:

Petra Vesper aus Bochum

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