Dostojewski lässt sie einfach nicht los - Hans Dreher und Michael Lippold bringen heute „Der Großinquisitor“ auf die Bühne

Als Jugendlicher, bekennt Schauspieler Michael Lippold, habe er alle Romane Fjodor Dostojewskis gelesen. Seither lässt ihn der russische Dichter nicht los. Gemeinsam mit Regisseur Hans Dreher bringt er nun „Der Großinquisitor“ auf die Bühne des Rottstr5-Theaters. Premiere ist am heutigen Samstag um 19.30 Uhr.

Für beide ist es nach dem „Traum eines lächerlichen Menschen“ schon das zweite gemeinsame Dostojewski-Projekt. Den Plan dazu hegen sie schon seit sieben Jahren. Für Dreher zählt eine Lesung aus dem Großinquisitor, die er einst in München sah, zu den wichtigsten Theatererlebnissen.
Die kleine Theaterhöhle unter den Bahngleisen scheint der ideale Ort für dieses Vorhaben, spielt die Handlung doch in einem Kerker. „Der Großinquisitor“ ist ursprünglich jedoch gar kein Text für die Bühne, sondern eine der bekanntesten Erzählungen Dostojewskis. Sie wurde zwar auch einzeln veröffentlicht, ist aber eigentlich das fünfte Kapitel aus dem fünften Buch des Großromans „Die Gebrüder Karamasov“. Es spielt im 16. Jahrhundert in Sevilla, zu Zeiten der Inqusition. Jesus kommt zurück auf die Erde, um zu sehen, wie die Menschen mit der ihnen geschenkten Freiheit umgehen. Er trifft auf den Großinquisitor, der ihn verhaften und in den Kerker sperren lässt. Um Mitternacht besucht dieser ihn, führt ein langes Gespräch mit ihm. Doch Jesus sagt nichts, verweigert jede Antwort. Der Großinquisitor versucht, sein Handeln gegenüber Jesus zu rechtfertigen und ihn von der Richtigkeit seines Tuns zu überzeugen.
Die Kritik am Katholizismus, die Dostojewski mit seiner Erzählung formulierte, ist offensichtlich. Doch Regisseur Dreher will in seiner Deutung die Frage nach dem Umgang mit Freiheit nicht nur auf die Kirche bezogen wissen, sondern auch auf neuzeitliche, pseudoreligiöse Ersatzgemeinschaften, wie etwa soziale Netzwerke.
Trotz der literarischen Vorlage wird der Abend - so viel darf bereits verraten werden - keineswegs eine Lesung, sondern ein echter Theaterabend. Denn Lippold spielt nicht nur die Rolle des Großinquisitors, sondern schlüpft abwechselnd auch in die Rollen von Jesus und eines diabolischen Entertainers. Gereizt werden sollen alle Sinne der Zuschauer - sogar ihr Geruchssinn...
Für Dreher und Lippold schließt sich mit diesem neuen Projekt ein Kreis - der „Großinquisitor“ ist für sie so etwas wie der „böse Bruder“ des „lächerlichen Menschen“.
Nach der Premiere am heutigen Samstag steht eine weitere Aufführung am Donnerstag, 28. Juli, auf dem Spielplan. Reservierungen unter karten@rottstr5-theater.de.

Autor:

Petra Vesper aus Bochum

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