Das Wunder der Baniza

Das Wunder der Banitza


Aus meinem Zyklus "Bulgarische Anekdoten"

„Wenn morgen früh noch Zeit ist, gehen wir ins ’Hantche´ Baniza essen“ kündigte Angel an.
„ Rumjana Lazarova macht dort die beste Baniza in ganz Bulgarien“ fügte Bai Mitej hinzu.
Man müsse das Schauspiel, wie sie das Blätterteiggebäck bereite einfach sehen.
„Baniza ist ein traditionelles Gebäck, welches in unserem Land seit ewigen Zeiten auch und besonders zum Frühstück verzehrt wird. Eigentlich stammt es von den Türken, die es mitbrachten. Aber inzwischen weiß niemand mehr so genau, wie es hierher gekommen ist. Wir haben doch in den fünfhundert Jahren viel von ihnen übernommen. Gutes und weniger Gutes.
Die Baniza ist wohl eine der sehr guten Sachen.“

Das Wunder der Baniza

Mit entblößten Armen stand sie in der kleinen Küche des Gasthauses. Vor ihr lag ein Teigklumpen von schätzungsweise 2 Kilo.
Jetzt beugte sich Rumjana über den Teig und teilte ein wenig davon ab.
Nachdem sie sich wieder aufgerichtet hatte begann ein Schauspiel, das nur schwer zu beschreiben ist:
Der Teig flog in ihren Händen geschwind hinüber und herüber. Eilends zog sie das zuerst handtellergroße Stück auseinander. Die Finger der Frau glitten lebhaft hin und her. Dabei dehnte sich der Teig und wurde größer und größer. Sie ließ ihn tanzen, schleuderte ihn über die Handrücken nach oben und ließ das Stück wieder fallen. Leise knisternd drehte und wendete es sich und hatte bald in der Ausdehnung die Unterarme der Frau bedeckt. Nach ausgiebigem Tanz ließ sie dann das Teigblatt auf den Tisch fallen. Es war gleichmäßig dünn und mittlerweile etwa 40 – 50 cm im Durchmesser. Kaum war es fallen gelassen und mit Mehl bestäubt, hatte sie schon das nächste Stück abgetrennt und die Prozedur ging aufs neue an.
Im Nu hatte die Köchin etwa 5 - 6 derartige Teigchichten hergestellt und fein säuberlich am Tischrand aufgeschichtet.
Nun ging es an die Füllung des Blätterteiggebäcks:
Aus einer Schüssel gab sie eine Mischung - wohl Weißkäse, Eier und Gewürze auf das erste Blatt. Kurzerhand war das zweite Teigblatt aufgelegt danach das dritte und so fort. Ab und an wurde mit Öl begossen. Die Ränder wurden gut angedrückt und obenauf gab es noch eine dünne Schicht aus geschlagenem Ei.
Hurtig in den Ofen geschoben erwarteten wir einen kulinarischen Hochgenuss...

Kulinarischer Hochgenuss

Das war es auch.
Die Baniza kam noch warm auf den Tisch. Die Gastgeberin riss etwa handgroße Stücke davon und jeder nahm sich einen Teil. Dabei stand ein Schüsselchen mit Honig von welchem sich die Gäste ausgiebig bedienten. Mir wurde ein extra großes Dreieck vorgelegt. Skeptisch schielte ich zu den Anderen. Ich hatte ja die Herstellung verfolgt und konnte kaum glauben, dass das recht würzige Gebäck mit Honig verzehrt werden sollte. Dennoch probierte ich.
Unbeschreiblich köstlich – mehr fällt mir dazu nicht ein. Ein unerwarteter Genuss - zwar kalorienreich aber einfach vortrefflich.
Türkischer Kaffee mit violettem Schaum obenauf, penetrant gesüßt, fiel mir auf.
Tee, der mich im Duft sehr an Linden erinnerte, Airan, und Schüsseln mit Joghurt wurden serviert. Warmes Brot und... und...und.
Wenn das Sünde ist, will ich gerne öfter sündigen...

Autor:

Edgar Stötzer aus Bochum

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