Schicksale von vergessenen Sportlern
Ausstellung in Bochum eröffnet
Was ist mit den jüdischen Sportlern zu Zeiten des Nationalsozialimus passiert? Dem geht eine neue Ausstellung in der Bochumer Innenstadt nach.
„Zwischen Erfolg und Verfolgung – Jüdische Stars im deutschen Sport bis 1933 und danach“, so heißt die Ausstellung, die seit heute, 7. Oktober in der Bochumer Innenstadt zu finden ist. In der gesamten Innenstadt sind insgesamt 18 Skulpturen verteilt, die nicht nur das Gesicht der abgebildeten Person zeigen, sondern auch auf Englisch und Deutsch die Geschichte des Sportlers erzählen. „Uns war wichtig, dass wir die Leute direkt erreichen und nicht nur die Museeumsgänger“, sagt Henry Wahlig, der für das Kultur- und Veranstaltungsprogramm im Deutschen Fußballmuseum zuständig ist.
Informationen zu Sportlern waren nicht einfach zu finden
Dazu kam die Frage auf, wie man die teils schwer zu beschaffenden Informationen zu den vergessenen Sportidolen transportieren kann. Auf der Rückseite des Sportlerporträts sind die Informationen auf 1000 Zeichen beschränkt. „Das kann man schnell im Vorbeigehen lesen“, sagt Wahlig, dem das Projekt gerade in Bochum eine Herzensangelegenheit ist. Mit der Wanderausstellung, die erstmalig in Berlin 2015 gezeigt wurde, soll den betrachtern gezeigt werden, dass es nicht um Glauben und Herkunft geht, sondern um den Sport, der dafür eine gute Möglichkeit ist, das ganze zu übermitteln. Viele der einstigen Sportstars wurden erst gefeiert und dann vertrieben.
Bochumer Porträt wird ebenfalls gezeigt
So auch der Fußballer Erich Gottschalk. „Das Datum der Ausstellungseröffnung ist bewusst gewählt. Am 6. Oktober 1944 wurde die Tochter von Erich Gottschalk, Renée, im Konzentrationslager Auschwitz ermordet. Als einziger aus der Familie überlebte Vater Erich“, sagt Bochums Oberbürgermeister Thomas Eiskirch bei der Eröffnung der Ausstellung. Gottschalk wurde 1938 Meister und auch Schild-Meister, nachdem die Juden wegen ihres Glaubens von den Nazis aus den arischen Sportvereinen ausgeschlossen und Titel aberkannt wurden.
Doch nicht nur Fußballer wurden wegen ihres Glaubens ausgeschlossen. Auch andere Sportler der Vergangenheit und Gegenwart sind abgebildet. „Schwimmerin Sarah Poewe wollte erst gar nicht mitmachen. 'Ich bin Deutsche Sportlerin, keine Jüdische!' sagte sie zu mir, als ich sie wegen der Ausstellung kontaktierte“, erinnert sich Wahlig. Doch auch die Skluptur von Poewe ist dabei, nachdem sie von dem Projekt überzeugt wurde.
Nicht nur Fußballer werden gezeigt
Außerdem werden die überlensgroßen Skulpturen von Fußballnationalspieler Julius Hirsch, der zehnfache Deutsche Leichtathletikmeisterin Lilli Henoch, gezeigt. Diese wurden deportiert und ermordet. Ralph Klein entkam nur knapp der Deportation nach Auschwitz. Nach dem Krieg war er israelischer, später deutscher Basketball-Nationaltrainer. Außerdem werden die Biografien der Fechtolympiasiegerin Helene Mayer, des Schachweltmeisters Emanuel Lasker, des Meisterboxers Erich Seelig, der Deutschen Tennismeisterin Nelly Neppach, der Deutschen Speerwurfmeisterin Martha Jacob, der Leichtathletin Gretel Bergmann, der Turnolympiasieger Alfred und Gustav Felix Flatow, der Europameister im Gewichtheben beziehungsweise im Ringen Julius und Hermann Baruch, des Eishockeyspielers Rudi Ball und des deutschen Fußballnationalspielers Gottfried Fuchs vorgestellt.
„Erinnern ist wichtig, aber es darf kein Mobbing wegen Glaubens oder sexueller Orientierung mehr geben. Hinschauen ist wichtig“, sagt Wahlig abschließend.
Die Ausstellung, die gemeinsam mit der DFB Kulturstiftung und der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, realisiert wurde, ist noch bis zum 9. November in der Huestraße zu sehen. Sie ist Teil der aktuellen Ausstellung "Einige waren Nachbarn: Täterschaft, Mitläufertum und Widerstand" im Stadtarchiv, Wittener Straße 47, Bochum.
Termine zu Führungen:
Für Interessierte bieten das Referat für Sport und Bewegung und das Stadtarchiv – Bochumer Zentrum für Stadtgeschichte kostenlose thematische Führungen durch fachkundige Historiker an. Wegen der beschränkten Teilnehmerzahl ist eine verbindliche Voranmeldung unbedingt erforderlich, entweder per E-Mail an amt52@bochum.de oder telefonisch: 02 34 / 910 18 31.
Treffpunkt ist an der Huestraße 24 / Ecke Dr. Ruer-Platz („Kultur-Uhle“)
Die Führungen finden am Samstag, 17. Oktober, 14 Uhr; Freitag, 23. Oktober, 17 Uhr;
Montag, 26. Oktober, 17 Uhr; Samstag, 7. November, 14 Uhr und Montag, 9. November, 16 Uhr statt.
Autor:Jenny Musall aus Bochum | |
Webseite von Jenny Musall |
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