Veranstaltungsreihe im Bergbau-Museum widmet sich "Frauen im Bergbau"
Aus dem Henkelmann
Der Steinkohlenbergbau ist in Bochum schon lange Geschichte, doch er hat der Stadt seinen Stempel aufgedrückt: Bergarbeitersiedlungen und Straßennamen erinnern daran. Das Deutsche Bergbau-Museum hütet diesen Erinnerungsschatz. Die Veranstaltungsreihe "Erinnerungen aus dem Henkelmann" ermöglicht es Erwachsenen mit Lebenserfahrung, Erlebtes in einen größeren Zusammenhang zu stellen. Die zweite Veranstaltung widmete sich "Frauen im Bergbau".
"Frauen im Bergbau, da denken wir zunächst an die Frau des Bergmanns", erklärt Doris Brandt von der Evangelischen Erwachsenenbildung, die die Reihe gemeinsam mit Dörthe Schmidt vom Deutschen Bergbau-Museum durchführt. Und dieses Bild ist auch nicht falsch. "Oft waren es die Frauen, die am Freitag die Lohntüte entgegennahmen", erinnert sich eine Teilnehmerin der Veranstaltung, "um zu verhindern, dass die Männer das Geld direkt in die Kneipe trugen."
Hier bestätigt sich, was Schmidt schon bei der Vorgängerveranstaltung zum Thema "Was hat Porzellan mit Bergbau zu tun?" erfahren hat: "Es ist leicht, über Bergabau-Themen ins Gespräch zu kommen, weil sie so viele Erinnerungen wachrufen. Dabei geht es durchaus auch einmal ernst zu, es gibt aber auch viel zu lachen." Und das ist gerade in Corona-Zeiten wichtig. "Die Veranstaltung", macht Brandt deutlich, "richtet sich an eine ältere Zielgruppe. Einige Teilnehmer haben seit März keine Veranstaltungen mehr besucht und freuen sich nun umso mehr. Schließlich war unser Angebot 'Frauen im Bergbau' eigentlich schon für Mai geplant."
Viele haben das Bild der Ehefrauen, die die Arbeitskleidung waschen, vor Augen oder denken an Verwaltungsangestellte. In der Kunstsammlung des Bergbau-Museums ergreift Kunsthistorikerin Dörthe Schmidt die Gelegenheit, auf eine weniger bekannte Facette des Themas "Frauen im Bergbau" aufmerksam zu machen.
Geschichte der Bergarbeiterinnen
Bis Mitte des 19. Jahrhunderts war es auch in Europa durchaus üblich, dass Frauen unter Tage arbeiteten. "Mit der Gründung des Kaiserreichs 1870/ 71 wurde das in Deutschland dann verboten", berichtet Dörthe Schmidt, "doch in Belgien wurde noch bis ins frühe 20. Jahrhundert auf weibliche Arbeitskräfte, die oft wendiger als ihre männlichen Kollegen waren, zurückgegriffen." Zur Veranschaulichung verweist sie auf ein Gemälde des belgischen Naturalisten Constantin Meunier, das Bergarbeiterinnen zeigt, die gerade eine Pause einlegen. Die hell gekleideten Frauen geben dem Betrachter allerdings wenig Hinweise auf die harten realen Arbeitsbedingungen.
Wer in den vierziger, fünfziger oder sechziger Jahren im Ruhrgebiet aufgewachsen ist, hat meist noch Eindrücke vom Leben in den Bergarbeitersiedlungen. "Die waren in Frauenhand", wie Doris Brandt weiß. Sie ergänzt: "Da wurde viel gemeinsam unternommen. Viele erinnern sich an Sonntagsausflüge mit Kartoffelsalat und Beerdigungsblechkuchen." Gerade im 19. und frühen 20. Jahrhundert hatte die starke soziale Kontrolle, die mit diesem engen Kontakt verbunden war, allerdings auch ihre Kehrseite. "Wer eine sozialdemokratische Zeitung las", gibt Dörthe Schmidt ein Beispiel, "galt als politisch unzuverlässig und musste unter Umständen damit rechnen, seine Wohnung zu verlieren."
Das Leben unter Tage wird heute häufig als Beispiel herangezogen, dass Solidarität zwischen Angehörigen verschiedener Nationalitäten - neben Deutschen waren auf den Bochumer Zechen auch Türken, Italiener und Polen tätig - durchaus möglich war. Mag dieses Bild auch überzeichnet sein, so enthält es wohl doch einen realen Kern. Doris Brandt gibt ein Beispiel: "Anfang der sechziger Jahre kamen koreanische Bergleute nach Bochum und wurden im damals noch recht dörflich geprägten Linden schnell heimisch und nahmen an den Dorffesten teil."
Bergleute und Krankenschwestern
Der Bogen zum Thema "Frauen im Bergbau" lässt sich auch hier mühelos schlagen, wie Doris Brandt demonstriert: "Einige Jahre später, Ende der sechziger Jahre, kamen dann viele koreanische Krankenschwestern nach Bochum, von denen einige ihre Landsleute, die im Bergbau tätig waren, geheiratet haben."
Zum Thema "Frauen im Bergbau" ließe sich noch vieles sagen: So kümmerten sich "Hausmütter" um junge Bergarbeiter, die in Wohnheimen untergebracht waren, und Künstlerinnen griffen Sujets aus dem Bergbau auf. Kittelschürzen erinnern an die Hausfrauen früherer Jahrzehnte, als das Wäschewaschen noch harte Arbeit war, die sich dem Körper förmlich eingeschrieben hat, wie Doris Brandt erklärt: "Die Frauen hatten kräftige Arme. Die Kinder fuhren im Kollektiv zur Kur oder Stadtranderholung. Zusammenhalt wurde großgeschrieben." Träume von Abitur und Studium gingen für viele junge Erwachsene in den fünfziger und sechziger Jahren nicht in Erfüllung.
Einladung zum Winterzauber
So kommen bei der Veranstaltung im Bergbau-Museum auch immer wieder ernstere Themen zur Sprache, aber am Ende gehen die Teilnehmer angeregt nach Hause. Viele freuen sich bestimmt schon auf die nächste Portion "Erinnerungen aus dem Henkelmann" am 10. November: Dann denken Dörthe Schmidt und Doris Brandt mit ihren Gästen an "Winterzauber in der Zechensiedlung" zurück. Das bewährte Konzept von "Erinnerungen aus dem Henkelmann" wird natürlich auch hier wieder aufgegriffen: Nach einem Rundgang durch ausgewählte Säle des Bergbau-Museums und einem einführenden Vortrag werden bei Kaffee und Kuchen Erinnerungen ausgetauscht. Wer denkt nicht gern an das Barbarafest, Weihnachten, Silvester und beschlagene Scheiben zurück?
Infos
- Die Reihe "Erinnerungen aus dem Henkelmann" im Deutschen Bergbau-Museum, Am Bergbaumu-seum 28, wird am Dienstag, 10. November, um 15 Uhr fortgesetzt.
- Das Thema ist dann "Winterzauber in der Zechensiedlung". Kaffee und Kuchen sind im Eintritt enthalten.
- Eine Anmeldung bei Doris Brandt unter Tel.: 962904 - 662 oder per Mail an: office@eb-bochum.de ist erforderlich.
Autor:Nathalie Memmer aus Bochum |
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