Aus Alt mach Neu - Upcyclingworkshop des Jungen Schauspielhauses

Fleißig haben die Workshop-Teilnehmer im Vorfeld zuhause Plastik gesammelt - auch Emma (9) hat eine große Tüte voll mitgebracht. In dem Riesenberg sucht sie nach Material für ihr Lampenprojekt. | Foto: Molatta
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  • Fleißig haben die Workshop-Teilnehmer im Vorfeld zuhause Plastik gesammelt - auch Emma (9) hat eine große Tüte voll mitgebracht. In dem Riesenberg sucht sie nach Material für ihr Lampenprojekt.
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Junges Schauspielhaus zeigt beim Upcycling-Workshop, wie man Plastikmüll kreativ nutzt

"Fertig!" - Johannes strahlt und hält seine Deckenlampe Marke Eigenbau hoch. Für das Oberteil hat er leere Joghurt-Becher kunstvoll drapiert und bunte Flaschenverschlüsse übereinander gestapelt. Eine Gewindestange in der Mitte gibt Stabilität. Darunter kleben jede Menge transparenter Plastikflaschen. Gut zwei Stunden hat der Zwölfjährige daran gewerkelt. "Haben wir eine Glühlampe?" Die ist genauso schnell gefunden wie eine freie Steckdose für den ersten Test. Licht aus - Lampe an: "Wow!" Das Urteil der anderen Workshopteilnehmer ist eindeutig. Und auch Johannes' Mutter ist begeistert: "Wir renovieren eh gerade sein Zimmer - das passt also gut."

Zum ersten Mal hat das Junge Schauspielhaus zu einem Upcycling-Workshop für Kinder und Erwachsene eingeladen. "Upcycling", das bedeutet so viel wie aus Abfallprodukten neue, nützliche Dinge zu machen. Und genau das ist auch das Ziel dieses Workshops. Hintergrund ist die aktuelle Produktion "Nalu und das Polymeer" des Jungen Schauspielhauses.
Das Musiktheaterstück spielt in einer nicht allzu fernen Zukunft, in der die Protagonistin Nalu in einer Welt lebt, in der Plastik der einzige Rohstoff ist. Ihre Insel inmitten des Ozeans besteht daraus, alle Häuser sind aus Plastik gebaut und die Inselbewohner ernähren sich sogar davon.
Bühnenbildnerin Esther van de Pas hat für das Stück ein Bühnenbild geschaffen, das tatsächlich komplett aus Kunststoffabfällen besteht: Die Schauspieler tragen gestrickte Pullover aus zerschnittenen Müllsäcken und Westen aus zusammengenähten Tragetaschen. Durchsichtige Acrylkisten, gefüllt mit Plastikmüll, werden von LEDs kunstvoll erleuchtet und die "Insel" schwimmt auf leeren Waschmittelflaschen. Ihr Wissen um den kreativen Umgang mit Abfallmaterialien will sie heute beim Workshop weitergeben.
"Ich arbeite gerne mit Materialien, die andere Leute wegschmeißen", erzählt Esther van de Pas. "Bei 'Däumelinchen' habe ich viel mit Metall genutzt - und bei diesem Stück bot es sich natürlich an, mit Kunststoff zu experimentieren." Für Esther van de Pas nicht die erste Auseinandersetzung mit diesem Material. "Die Waschmittelflaschen habe ich mal für ein anderes Projekt direkt vom Hersteller bekommen, die waren noch übrig", verrät sie. Ihr heimisches Atelier gleicht einer "Schatzkammer". "Ich sammle immer sehr viel", gibt sie lachend zu. Und hat im Vorfeld der "Nalu"-Produktion jede Menge experimentiert: "Wenn man zum Beispiel die Drehverschlüsse von Flaschen im Ofen schmelzt, sehen die hinterher aus wie Blumen - man könnte daraus zum Beispiel richtig schöne Knöpfe machen."
Nicht alle Versuche, gibt sie zu, hätten zu so brauchbaren Ergebnissen geführt - Scheitern gehöre dazu. "Aber es ist niemand zu Schaden gekommen", lacht sie. Jede Menge Anregungen finde man auch im Internet: "Man muss ja nicht immer das Rad neu erfinden wollen." So zeigt sie den Teilnehmern zum Beispiel, wie man ganz einfach aus gebrauchten Plastiktüten lange Bänder schneidet, die man anschließend mit dem Strickrahmen weiter verarbeiten kann. Ebenfalls eine tolle Idee, um Plastiktüten weiterzuverwenden: Einfach schöne Motive ausschneiden und diese auf Baumwolltragebeutel aufbügeln - so entstehen ganz individuelle Einkaufshelfer, die man immer dabeihaben kann. "Ich hätte nie gedacht, dass das funktioniert", staunt Emma. Die Neunjährige hat einen Pinguin und einen Eisbären auf ihrer Tasche arrangiert und bügelt nun fleißig: "Die beiden würden sich ja im echten Leben nie begegnen." Ein Regenbogen gibt ihrer Tasche den letzten Schliff.
Ruth Hengel, Theaterpädagogin des Jungen Schauspielhauses, freut sich über das große Interesse an dem Workshop: "Es war ein Versuch und wir wussten nicht, wie groß die Resonanz sein würde. Wir mussten sogar Wartelisten führen." Im Vorfeld der "Nalu und das Polymeer"-Produktion habe sich das Team des Jungen Schauspielhauses auch selber mit seinem eigenen Kaufverhalten auseinandergesetzt: "Wir haben unsere Plastikabfälle von zuhause mitgebracht und gesammelt - und waren entsetzt, welche Mengen dabei zusammengekommen sind." Im Alltag bewusst Plastik zu vermeiden, das sei gar nicht so einfach: "Manche Dinge gibt es einfach nicht ohne Plastik." Wenn Theater über die Bühne hinaus wirke und Einfluss auf das Leben nehme, das sei doch ein toller Effekt, findet die Theaterpädagogin: "Wir haben für Lehrer, die mit ihren Klassen das Stück ansehen wollen, ganz viel theaterpädagogisches Material rund um das Thema Plastik zusammengestellt, mit vielen Fakten, aber auch mit vielen Anregungen zur Vor- und Nachbereitung, etwa einem Müll-Bingo-Spiel oder Bastelideen." Mit dem Workshop wollen die Theaterpädagogen daher nicht nur Familien, sondern auch Multiplikatoren erreichen. Menschen wie Katja Zimmermann zum Beispiel: Die Lehrerin der Nelson-Mandela-Schule baut gemeinsam mit Sohn Max, 8, an einer Lampe - und will aus diesem Workshop Ideen für Projekte mit ihren Schülern mitnehmen. "Meine Schüler sind schon ganz gespannt, was ich ihnen morgen erzählen werde", lacht sie. "Wir haben vor zwei Wochen gemeinsam das Stück gesehen und uns im Unterricht viel mit dem Thema beschäftigt." Jetzt will sie mit ihren Schülern auch ein Upcycling-Projekt in Angriff nehmen. "Die Lampen sind zu aufwändig, aber die Taschen, das könnte gut funktionieren."
Weitere Informationen zum Jungen Schauspielhaus und seinen Projekten unter www.schauspielhausbochum.de/junges-schauspielhaus.

Autor:

Petra Vesper aus Bochum

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