Sängerin ist mit neuem Album "Kleine große Liebe" und Tochter Emmylou auf Tour - Konzert in der Jahrhunderthalle
Annett Louisan im Exklusiv-Interview: "Ich habe kein Mutti-Album gemacht"

Annett Louisan kommt am 22. November in die Jahrhunderthalle nach Bochum. Foto: Koestlin
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Mit ihrem neuen Doppelalbum "Kleine große Liebe" im Gepäck ist Annett Louisan nach zweijähriger Pause auf die großen Konzertbühnen zurückgekehrt und kommt am 22. November auch in die Jahrhunderthalle nach Bochum. Im Vorfeld hat sie dem Stadtspiegel Bochum ein Exklusiv-Interview gegeben und spricht über die erste Tour mit Tochter, neue musikalische Wege und ihre Zukunftspläne.

Hallo Annett Louisan, Sie sind am 22. November zum Konzert in der Jahrhunderthalle. Dürfen sich die Pinguine und Robben im Bochumer Tierpark auf prominenten Besuch freuen?
(lacht) Ja, unbedingt. Meine kleine Tochter liebt Zoobesuche. Und ich mag es auch sehr, das sind immer schöne Spaziergänge. Danke für den Tipp, das werde ich mir merken.

Wie ist denn das Tourleben mit Tochter Emmylou im Gepäck?
Wir beschaffen uns tatsächlich für das Tagesprogramm in einer neuen Stadt immer ein paar Informationen. Aber man kann auch mal spontan sein. Es lässt sich quasi an jeder Straßenecke etwas Schönes finden. Es ist alles faszinierend für Emmylou. Jeder Stein wird umgedreht, jedes Blatt wird aufgehoben. Man braucht nur die Ruhe und Geduld, sich auf das Tempo einzulassen. Die Welt nochmal mit ihren Augen zu betrachten, das ist wunderschön.

Ist es für Sie eine Herausforderung, diese Ruhe zwischen den Auftritten zu finden?
Der Schlüssel für mich als Mutter liegt darin, dass ich weiß, dass meine Tochter gut betreut ist, wenn ich auf der Bühne stehe oder mich auf den Auftritt vorbereite. Mein Mann und meine Mutter teilen sich diese Aufgabe. (lacht) Mein Kind ist auch ein Reisebaby. Sie war schon im siebten Monat in meinem Bauch mit auf Tour. Ich sehe das Ganze jetzt auch als kleines Abenteuer für uns. Wir machen es uns da ganz kuschelig.

"Zeit ist ein Luxus geworden"

Hat sich die Geburt Ihrer Tochter auch auf Ihre Arbeit als Künstlerin ausgewirkt?
Mein ganzes Leben hat sich verändert. Ich lerne mich auch noch einmal neu kennen. Und ich habe das Gefühl, es geht auch wieder mehr ums Musizieren. Die Momente, die ich für mich habe, kann ich ganz anders genießen. Zeit ist ein Luxus geworden. Und das Leben insgesamt ist irgendwie intensiver geworden.

So wie jetzt auch wir sprechen in letzter Zeit viele mit Ihnen vor allem über Ihre Mutterrolle. Am Anfang Ihrer Karriere war immer das Lolita-Image ein Thema. Nervt es Sie, oft in eine Schublade gesteckt zu werden?
Auf die Lolita-Sache werde ich zum Glück jetzt nicht mehr häufig angesprochen. Das ist für mich auch irgendwie durch. (lacht) Ich bin jetzt 42 Jahre alt, da wäre das auch eher lustig. Und ich habe seit dem Lied „Das Spiel“ so viele andere Lieder gesungen. Daher ist das für mich ganz weit weg. Das Muttersein hingegen ist auch für mich selbst zurzeit nun mal ein überwältigendes Thema. Ich versuche mich darauf immer wieder einzulassen. (lacht) Obwohl ich ja auch kein Mutti-Album gemacht habe. Mutterliebe ist natürlich ein Aspekt, aber daneben geht es um die Liebe in allen Facetten. Selbstliebe. Liebe, die krank und süchtig macht. Es ist sehr komplex.

Sie haben sich bewusst viel Zeit genommen für Ihr Album. Herausgekommen ist mit „Kleine große Liebe“ gleich ein Doppelalbum.
Es sind zwei homogene Alben. So unterschiedlich sie musikalisch auch sein mögen zwischen Chanson und Popmusik, inhaltlich gehören Sie zusammen. Ich bin froh, dass ich es als Ganzes herausgebracht habe. Kein Lied weniger ist wichtig für das große Ganze. Ich habe es vor allem gemerkt, als ich versucht habe, Lieder für ein Album auszuwählen. Da wurden so viele Kompromisse nötig, bis die Idee zum Doppelalbum da war. Und da wurde es auf einmal auch ganz einfach und hat wahnsinnig viel Spaß gemacht – sich auch mal von meinem Sound zu entfernen, meine Stimme mal anders zu inszenieren. Das nehme ich für die Zukunft auch mit, mich selbst in kein Korsett zu stecken.

"Ich kann nicht so gut oberflächliche Gespräche"

Es ist auch ein sehr persönliches Album geworden, teilweise auch mit biografischen Liedern wie „Meine Kleine“. Fällt es Ihnen manchmal schwer, so viel von sich öffentlich preiszugeben?
Ich kann das tragen, deshalb ist es auch passiert. Aber ich möchte auch, dass bei meinen Liedern jeder seine eigene Geschichte fühlt, nicht nur meine. Jeder ist Kind von jemandem. Den größtmöglichen gemeinsamen Nenner mit meinem Publikum zu finden, das ist für mich etwas sehr Wichtiges. Ich kann nicht so gut oberflächliche Gespräche. Das ist manchmal anstrengend und es klappt auch nicht immer, in die Tiefe zu gehen und sich nah zu kommen. Aber es ist etwas sehr Schönes.

Aber zu viel Annett Louisan sollte man in Lieder wie „Two Shades of Torsten“ oder „Belmondo“ besser nicht hineininterpretieren?
Natürlich! Wenn ich nur mein Leben besinge, dann wäre das auch viel zu langweilig. Die Wahrheit ist in dem Moment auch gar nicht so wichtig, sondern die Wahrhaftigkeit. Es hat etwas mit Lebenserfahrung zu tun. Ich möchte Menschen berühren, da muss ich natürlich auch ein bisschen wahrhaftig bleiben. Aber ich bin ja keine Denunziantin, ich würde auch nie Menschen bloßstellen. Es gibt auch keinen Torsten Schmidt, das ist ein Name wie Max Mustermann. Und „Two Shades o Torsten“ habe ich übrigens mit meinem Mann zusammen geschrieben.

Sie sprechen Lebenserfahrung an. War es entsprechend auch ein innerer Prozess, zu dem zu kommen, was Sie in dem Lied „Die schönsten Wege sind aus Holz“ beschreiben?
Dieses Lied hätte ich mit 26 Jahren noch nicht singen können. Ich finde es toll, jetzt auch mit meiner Musik älter werden zu dürfen. Am Anfang eines Lebens kennt man sich selbst noch nicht so gut. Das ist ein Reifeprozess. Ich freue mich auf die Zukunft und die Themen, die ich tragen kann. Es fühlt sich gerade immer besser an, auch auf der Bühne. Im Popgeschäft alt zu werden, kann schwieriger sein. Aber bei mir ist ja eigentlich auch eine eigene kleine Nische, die ich habe. Auf eine Art ist es zeitlos, was ich mache. Das ist ein großes Privileg.

"Bedürfnis nach Ruhe in einer schnelllebigen Zeit"

Ihre Lieder sind trotz der sprachlichen und musikalischen Leichtigkeit oft sehr ernsthaft im Inhalt. Ist das auch ein Gegenentwurf zum Trend im deutschsprachigen Popbereich, immer mehr austauschbare Songs zu produzieren?
Viele Menschen haben auch das Bedürfnis nach leichten, einfachen Dingen. Wenn das Leben selbst schwierig ist, sehnt sich mancher nach einer heilen Welt. Aber es gibt eben auch die andere Seite. Ich glaube, es gibt auch das Bedürfnis nach Ruhe in einer so schnelllebigen Zeit mit so vielen Informationen und wahllos zusammengestellten Playlists. Und das Bedürfnis, sich auch mal die Zeit zu nehmen, ein Album doch mal ganz durchzuhören. Beide Seiten können bedient werden. Musik ist so unterschiedlich. Auch auf meinem Album gibt es Lieder, die ich zu unterschiedlichen Zeiten gerne höre. „Borderline“ höre ich gerne morgens, „Die schönsten Wege sind aus Holz“ kann ich auch um 23 Uhr abends hören. Das berührt mich ganz anders.

Sie haben gesagt, Sie freuen sich darauf, mit Ihrer Musik älter zu werden. Bedeutet das auch, sich vorstellen zu können, noch viele Jahre auf der Bühne zu stehen?
Ich hoffe, dass ich daran nie den Spaß verliere. Und dass es mir immer so viel gibt wie jetzt. Klar ist, dass meine Tochter jetzt für mich das Allerwichtigste ist. Müsste ich mich entscheiden, würde ich mich immer für sie entscheiden. Aber ich kann mir vorstellen, dass ich auch noch mit 70 Jahren noch gerne auf der Bühne stehe. Es ist so eine Bereicherung, man trifft so viele Menschen. Es ist so toll.

Gibt es andere große oder auch kleine Projekte oder Ziele mit Blick auf Ihre Zukunft?
Na klar! Man muss sich auch immer wieder Ziele suchen. Je älter man wird, desto aktiver muss man sich glücklich machen. Und ich möchte gerne endlich mal meinen Führerschein machen, dieser Wunsch wird doch immer dringlicher in mir. Reisen möchte ich gerne, etwas entdecken. Und etwas machen, von dem ich denke, dass ich es nicht kann. Ich möchte noch ganz viel lernen in meinem Leben.

Infos und Tickets: www.semmel.de und www.schoneberg.de

Autor:

Dietmar Nolte aus Dortmund-West

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