Ab Samstag im Prinzregenttheater: Regisseur Jakob Arnold führt die Zuschauer in den verstörenden Kosmos von Georg Büchners „Woyzeck“
„Wir haben“, verrät der junge Regisseur Jakob Arnold, der am Prinzregenttheater Georg Büchners „Woyzeck“ auf die Bühne bringt, „eine Versuchsanordnung mit zwei Spielern geschaffen. Der Ansatz, einen Schauspieler die Titelrolle und eine Schauspielerin alle anderen Figuren übernehmen zu lassen, ist dabei sehr ungewöhnlich.“
Arnold hat an der Folkwang Universität der Künste Regie studiert und unlängst seine Abschlussinszenierung herausgebracht: Elfriede Jelineks „Die Kontrakte des Kaufmanns“. Das Bochumer Theaterpublikum kennt Arnold bereits durch seine Arbeit am Rottstr5-Theater, wo er das Wagnis einging, das antike „Ödipus“-Drama in 45 Minuten auf die Bühne zu bringen. Das Prinzregenttheater setzt mit seiner „Woyzeck“-Interpretation die schöne Tradition fort, im Januar eine Regiearbeit eines Absolventen der Folkwang Schule zu präsentieren.
Zutiefst pessimistische Weltsicht
„Jakob Arnold hat das Stück selbst ausgesucht. Das halten wir immer so“, erklärt Frank Weiß, der die Arbeit an der Prinz-Regent-Straße als Dramaturg ganz entscheidend mitprägt. Und warum ist die Wahl des jungen Regisseurs gerade auf diesen Klassiker gefallen? Die Antwort fällt Arnold nicht schwer: „Büchners Kosmos ist absolut stimmig. Die Weltsicht, mit der er uns konfrontiert, ist zutiefst pessimistisch; es gibt keinen Moment der Entspannung. Zugleich durchzieht das Stück ein eigenartiger Humor: Es geht um die Schnittstelle zwischen Groteske und Boshaftigkeit.“
Arnold sieht den Schwerpunkt seiner Inszenierung auf der Beziehung des Soldaten Franz Woyzeck zu seiner untreuen Freundin Marie. Helge Salnikau, der den Woyzeck spielt und den die Zuschauer auch aus dem PRT-Dauerbrenner „Tschick“ kennen, differenziert: „Das verschiebt sich: Mal geht es um Woyzecks psychische Erkrankung, die immer wieder durch Momente erstaunlicher Hellsichtigkeit durchbrochen wird, dann um den gesellschaftlichen Druck, dem er ausgesetzt ist, und immer wieder um die Beziehung zu Marie.“
Erstaunlich aktuell
Sophie Killer, die ihre Schauspielausbildung an der Folkwang Schule vor drei Jahren beendet hat, spielt alle anderen Figuren – neben Marie auch den Doktor und den Marktschreier. „Am Anfang war das schon eine Überforderung, allen Figuren gerecht zu werden. Mittlerweile reizt mich die Darstellung des Doktors besonders“, verrät sie. Das Stück ist durch Büchners Tod im Jahre 1837 Fragment geblieben. Trotz des großen zeitlichen Abstands ist es Zuschauern im 20. und 21. Jahrhundert erstaunlich nah. „Der Arzt, der Menschen skrupellos für seine Zwecke instrumentalisiert, wirkt wie eine Vorwegnahme der Menschenversuche in den nationalsozialistischen Konzentrationslagern“, zeigt Frank Weiß das verstörende Potential des Stücks auf. -Woyzeck stellt sich dem sadistischen Arzt aus finanzieller Not zu Versuchszwecken zur Verfügung – nicht die einzige demütigende Erfahrung, die Büchners Titelfigur ertragen muss. Die Verzweiflung über die Untreue seiner Freundin Marie, mit der er ein uneheliches Kind hat, treibt den psychisch schwer belasteten Mann schließlich zu einer Gewalttat.
„Woyzecks Situation“, sagt der Schauspieler Helge Salnikau, „weist durchaus Parallelen zu Menschen auf, die sich heute zwischen mehreren Jobs verschleißen und denen ihr Privatleben entgleitet. Deshalb muss man Woyzeck aber nicht als Minijobber zeigen.“ - Die bedrückende Aktualität des Stoffes wird auch so deutlich.
Termine
Die „Woyzeck“-Premiere am Samstag, 13. Januar, um 19.30 Uhr im Prinzregenttheater, Prinz-Regent-Straße 50-60, ist bereits ausverkauft.
Karten gibt es noch für die Aufführung am Sonntag, 14. Januar, um 18 Uhr.
weitere Termine: Samstag, 27. Januar, 19.30 Uhr; Sonntag, 28. Januar, 18 Uhr; Samstag, 17. Februar, 19.30 Uhr; Sonntag, 18. Februar, 18 Uhr; Freitag, 23. März, 19.30 Uhr; Samstag, 24. März, 19.30 Uhr.
Das Theater ist unter Tel.: 77 11 17 zu erreichen.
Autor:Nathalie Memmer aus Bochum |
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