Zwanzig Jahre Ordnungspartnerschaft
Der Respekt fehlt zunehmend
Präsenz auf der Straße zeigt Wirkung Peter Weber und Thomas Deeters haben ihre Schuhe gut geschnürt. Die beiden städtischen Ordnungshüter haben einen längeren Weg vor sich. Es geht, vor allem über Straßenpflaster, kreuz und quer durch die Innenstadt. Im Blick haben sie bei ihrer Runde die Sicherheit und Sauberkeit. Und das seit zwanzig Jahren. Denn genauso lange besteht die Ordnungspartnerschaft zwischen Stadtverwaltung und Polizei.
„Thomas ist fünf Minuten ,dienstälter‘ als ich“, erzählt Peter Weber. „Als ich damals um kurz nach sieben ins Büro kam, saß er schon an seinem Schreibtisch.“ Das Wetter ist sonnig. Gut gelaunt machen sich die zwei Mitarbeiter des Ordnungsdienstes auf den Weg. Vom Rathausplatz geht es erst einmal ums Eck – durch den dunklen Torbogen und vorbei an den öffentlichen Toiletten. „Da muss unbedingt wieder das Absperrtor vor“, deutet Peter Weber auf den Treppenabgang vor den Fenstern des Bürgerbüros. Am Ende der vielen Stufen sammeln sich weggeworfene Verpackungen. Der eine oder andere, der nachts oder frühmorgens hier entlang kommt, nutzt den Abgang zudem für eine Pinkelpause. „Das sind nicht die Leute, die sich hier zum Trinken treffen“, weiß der hochgewachsene 57-Jährige. „Die machen auch nicht in den Torbogen, sondern nutzen die öffentlichen Toiletten.“
Einschreiten bei Pöbeleien
Auf den Bänken zwischen Rathaus und Christuskirche hockt und steht wie jeden Tag die Trinkerszene zusammen. Das Radio läuft, aber nicht zu laut. Das Trüppchen ist heute friedlich. Kein Gegröle, kein Gepöbel, das Peter Weber und Thomas Deeters zum Einschreiten oder gar zu einem Platzverweis veranlassen würde. Ruhig verhält sich die Szene auch zwischen BVZ und Technischem Rathaus. Dass „gute Bekannte“ auf den Bänken rings um den Fontana-Brunnen sitzen und still „einen heben“, notiert Peter Weber für die Datenbank. Die Eintragungen geben Aufschluss, ob und wo es den „Aufenthalt von alkoholverzehrenden oder drogenkonsumierenden Personen“ gibt, er sich häuft oder verlagert. „Viele unserer Aspiranten kennen wir mit Namen“, sagt Peter Weber. „Wir ,begleiten‘ sie oft jahrelang, sehen die körperlichen Veränderungen, bekommen mit, wenn es in den Entzug oder ins Gefängnis geht.“ Dabei ist gegen ein Fläschchen in der Öffentlichkeit nichts einzuwenden. „Mit einer Kiste Bier aber sollte man die Straße oder den Platz verlassen“, stellt der 60-jährige Thomas Deeters klar.
An der Ecke von Massenberg- und Kortumstraße treffen die beiden Ordnungskräfte auf ein neues Gesicht. Der schnauzbärtige Mann mittleren Alters hockt auf dem Boden und bittet mit seiner Mütze stumm um Geld. „Einmal den Ausweis bitte“, sagt Thomas Deeters freundlich und fragt: „Wo wohnen, wo schlafen Sie?“ Der Mann in Jeans hat einen Rucksack und eine Isomatte dabei. Er spricht nur gebrochen Deutsch, ist erst seit einem Monat in Bochum. Im Körbchen seines Rollators liegt eine Wasserflasche. Peter Weber erklärt ihm, wo er nächtigen, sich waschen und etwas Essen bekommen kann, während Thomas Deeters den Ausweis prüft.
Stilles Betteln ist erlaubt
Nur wenige Meter weiter kämmt ein alter Mann, der in einem Elektro-Rollstuhl sitzt, einem seiner drei Hündchen das weiße Fell. „Ich und meine Lakritznasen wünschen Ihnen einen schönen Tag“, hat der sauber gekleidete grauhaarige Senior auf ein Schild geschrieben. Auch er sammelt Almosen. „Stilles Betteln ist erlaubt“, erklärt Thomas Deeters.
Illegale fliegende Händler oder unangemeldete Straßenmusiker treffen sie heute in der Fußgängerzone nicht an. Sorge bereitet ihnen das eine oder andere leer stehende Geschäft, sie fürchten den „Broken-Windows-Effekt“: erst schmutzige Scheiben, dann Müll im Eingang, später eingeworfene Schaufenster. Aktuell sei die Innenstadt aber wieder im Aufschwung.
Der Rundgang führt auch durch den Fußgängertunnel an der Hermannshöhe. Hier ist aktuell alles okay: keine Lampe zerstört, kein Kabel herabgerissen, alles sauber – bis auf die Graffiti, doch hier darf die Szene sprayen. Stoßen die Ordnungshüter auf ihren Touren auf Missstände – wie zum Beispiel mutwillige Schäden durch Vandalismus oder illegal abgeladenen Müll –, nutzen sie auf ihren Diensthandys die App für den städtischen Mängelmelder, um diese möglichst schnell beseitigen zu lassen. Heute müssen sie von der App keinen Gebrauch machen.
Auf der Rückseite am Hauptbahnhof treffen Thomas Deeters und Peter Weber fast zeitgleich mit einem Mannschaftswagen der Polizei ein. Man kennt sich, nickt sich zu. Die Drogenszene, die unter Beobachtung steht, hat die Ordnungspartner sofort entdeckt, verstreut sich aber erst, als einer der uniformierten Beamten aussteigt.
Für die städtischen Ordnungshüter gibt es erst in der Verteilerebene unter der Bahnhofshalle mit den Geschäften wieder etwas zu tun: Sie stoßen auf einen Pulk Jugendlicher, zwei der Mädchen rauchen. Thomas Deeters und Peter Weber weisen auf das ausgeschilderte Rauchverbot hin, nehmen die Personalien auf. Später im Büro werden sie die Anzeigen schreiben, die per Post zugestellt und die beiden fünfzehnjährigen Mädchen je 50 Euro kosten werden. Die „halbstarken“ Jungs, auch einige Mädels in der Gruppe spielen sich etwas auf.
Eigene Sicherheit darf nicht zu kurz kommen
Die Männer vom Ordnungsdienst achten auch auf ihre eigene Sicherheit. Um sich gegen Angriffe zu schützen, nehmen sie regelmäßig an einem Sicherheitstraining teil. „Der Respekt fehlt zunehmend“, bedauert Peter Weber, „gerade von jungen Männern.“ Abstand von der Arbeit finden er und sein Kollege in der Freizeit beim Radfahren.
Doch noch ist nicht Dienstschluss, denn vor oder nach der Runde in der Innenstadt führt sie eine durch einen der Bochumer Außenbezirke. Auf zwölf Kilometer zu Fuß kommen Peter Weber und Thomas Deeters so am Tag. Zu ihrer Präsenz auf der Straße sagen beide: „Sie zeigt Wirkung.“ Peter Weber und Thomas Deeters sind in Bochum unterwegs - und haben dabei unter anderem auch die Graffiti-Szene im Blick.
Autor:Sabine Beisken-Hengge aus Essen-Ruhr |
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