"Wir haben doch schon seit 120 Jahren Elektromobilität!": Ein Gespräch mit dem ehemaligen Chef der städtischen Vehrkehrsbetriebe Werner Foerster-Baldenius

Werner Foerster-Baldenius (Foto: Emons)
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„Alle reden heute von Elektromobilität. Dabei haben wir sie doch schon seit 120 Jahren“, sagt der ehemalige Chef der Mülheimer Verkehrsbetriebe Werner Foerster-Baldenius mit Blick auf Mülheims Straßenbahnen. Bis zu seiner Pensionierung (2001) hat der Bauingenieur die öffentliche Personennahverkehrslandschaft mitgestaltet.

1936 geboren, in Bremen aufgewachsen und an der Technischen Hochschule Braunschweig ausgebildet, kam er 1966 nach Mülheim.
„Damals fuhr die Straßenbahn noch durch die Schloßstraße und man träumte von der auto-gerechten Stadt, in der die Straßenbahn unter der Erde und die Autos oben auf der Straßen fahren sollten“, erinnert sich Foerster-Baldenius.
Wie heute gab es in Mülheim damals vier Straßenbahnlinien. Von denen wurde aber die Linie 11, die von der Innenstadt bis zum Saarner Klostermarkt fuhr, 1968 stillgelegt. „Schon damals wurde darüber diskutiert, ob man den öffentlichen Personennahverkehr nur noch mit Bussen organisieren und auf die Straßenbahn verzichten sollte“, erinnert sich Foerster-Baldenius. Gleichzeitig gab es damals aber auch die Planung die Linie 8 im Fünf-Minuten-Takt von der Innenstadt über die Haltestelle Waldschlößchen mit dem Neubaugebiet auf der Saarner Kuppe zu verbinden. Dort ging man mittelfristig von 20.000 Einwohnern aus.

Als von Sparzwang noch keine Rede war

Anders, als dieser Plan, wurden in den 70er Jahren die U-Bahn-Pläne mit einer Stadtbahnverbindung nach Essen realisiert. „Das Land hat uns damals alle 16 Stadtbahnwagen zu 100 Prozent bezahlt“, berichtet der Zeitzeuge aus einer Epoche, in der es das Wort Sparzwang noch nicht gab. „Heute würde man schon aus finanziellen Gründen wohl keine U- und Straßenbahn-Tunnel mehr bauen“, glaubt Foerster-Baldenius. Auch wenn der Ruhrtunnel noch 1998 in Betrieb genommen worden sei, so Foerster-Baldenius, seien die ursprünglich damit verbundenen Netzpläne nicht in vollem Umfang realisiert worden.
„Auch damals haben wir schon mit den Verkehrsbetrieben der Nachbarstädte zusammengearbeitet und unsere neuen Busse aus Kostengründen direkt beim Hersteller abgeholt,“ schaut der ehemalige Chef der städtischen Verkehrsbetriebe in die Vergangenheit.

Vom städtischen Amt zur regionalen Verkehrsgesellschaft

Die Hauptunterschiede zur Gegenwart sieht Förster-Baldenius darin, „dass die Städte bis zur Gründung des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr in den 1980er Jahren eine eigene Tarifhoheit hatten und die städtischen Verkehrsbetriebe eigenständig Nahverkehrs-Konzepte entwickeln konnten.“ Erst durch die Novellierung des Personenbeförderungsgesetzes, Mitte der 1990er Jahre, sei den Stadträten die Rolle des Aufgabenträgers und des Auftraggebers in Sachen ÖPNV übergeben worden. Außerdem wurden die Verkehrsbetriebe zu seiner aktiven Zeit als städtische Ämter und nicht als städtische Tochtergesellschaften geführt, so dass auch von sechsstelligen Jahresgehältern für Geschäftsführer keine Rede war.

Ein Verkehrsmittel mit Zukunft

Wie sieht der bekennende Straßenbahnfreund Foerster-Baldenius die Zukunft der Straßenbahnen? „Wenn man sie hat, sollte man sie bewahren. Umweltbewusste Großstädte, wie zum Beispiel Freiburg im Breisgau, haben ihr Straßenbahnnetz nicht um sonst in den vergangenen 20 Jahren massiv ausgebaut. Im Vergleich zu Gelenkbussen sind Straßenbahnen auch bei schwierigen Wetterlagen ein sicheres und bequemes öffentliches Verkehrsmittel“, unterstreicht der ehemalige Chef der Verkehrsbetriebe. Und was sagt er zu dem jährlichen Zuschuss-Bedarf von 30 Millionen Euro, der den Haushalt der Stadt belastet? „Diese Summe steht in keinem Verhältnis zu den unvergleichlich höheren Folgekosten des immer dichter werdenden Autoverkehrs, wenn Sie an den Straßenbau, die Umwelt und unsere Gesundheit denken“, stellt Werner Foerster Baldenius fest. Thomas Emons

Autor:

Thomas Emons aus Mülheim an der Ruhr

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