Knappe Mehrheit für Etat
Noch setzt der Kämmerer das Ziel, bis 2020 die Neuverschuldung der Stadt zurückzufahren. Der Weg dahin ist aber holprig. So muss die Stadt auch in diesem Jahr 76,7 Millionen Euro neue Schulden aufnehmen, um überhaupt die laufenden Ausgaben bezahlen zu können. Die Kassenkredite steigen auf eine Höhe von insgesamt 914.000 Euro.
Und das, betont Wolfgang Michels, Fraktionschef der CDU, ist nur der Plan - die Abrechnung Ende des Jahres liegt meist höher. In seiner Etatrede macht er deutlich: Man lebe auf Kosten von Kindern und Enkel. Die Kreditlast sei bereits so hoch, dass bei steigenden Zinsen ein Ausgleich des Haushaltes unmöglich werde. Aus diesem Grund hatte die CDU die Abstimmung über den Haushalt auch freigestellt.
Vier CDU-Ratsmitglieder nutzten das und stimmten aus Gewissensgründen nicht für den Etat. Der Rest stimmte zu, weil die SPD einen Ergänzungsantrag mitträgt. Der sieht Einsparmaßnahmen bei der Mülheimer Verkehrsgesellschaft bis 2021 in Höhe von sechs Millionen Euro vor, aber auch die Einführung eines Gewerbesteuerprüfdienstes, der die Abgaben der Firmen prüfen soll, bis zur Erhöhung der Grundsteuer B um weitere 50 Punkte sowie die Erhöhung der Vergnügungssteuer.
Priorität auf Bildung
SPD-Fraktionschef Dieter Wiechering setzt die Priorität mehr bei der Bildung als der Kultur. Man habe seine „Hausaufgaben“ gemacht, mit dem Etat könnten Investitionen wie in Schulen, Friedrich-Wennmann-Bad und Kunstmuseum gemacht werden. Bei der VHS dürfe man sich keine Ausflüge in die Vergangenheit erlauben, sondern brauche eine moderne Bildungsstätte.
Die Grünen lehnten erneut den Haushalt ab. Fraktionschef Tim Giesbert klagt über „exklusive Gespräche zwischen CDU und SPD“, aber betont, dass die Grünen sich durchaus beteiligen wollen. Aber man stände nicht bereit, für Einnahmegrundlagen des Haushaltes zu sorgen, damit die Große Koalition die Gelder ohne die Grünen verplane. Ganz nach Manier der großen Parteien folgte ein kurzfristiger Ergänzungsantrag der Grünen mit Einsparvorschlägen, über die einzeln abgestimmt wurde.
Auch die MBI lehnt den Haushalt ab. Fraktionssprecher Lothar Reinhard prangert das „Etat-Desaster“ an und nennt das Haushalts-Sicherungskonzept des Kämmerers perspektivlos. Zum einen müsse der Soli-Ost abgeschafft und die Kommunalfinanzierung reformiert werden. Mülheim selber müsste Prestigeprojekte beenden oder begrenzen, die RWE-Aktien verkaufen, städtische Töchter in den Kernhaushalt zurückführen und Bereiche mit Nachbarstädten verschmelzen.
FDP lehnt Steuererhöhungen ab
Die FDP wiederum stimmte dem Etat nicht zu, weil sie keine Steuererhöhungen will. „Der Mittelstand wird durch die vorsorgliche Ausgabenpolitik an die Überlebensgrenze geführt. Familien mit zwei Kindern, Eigenheim, Kindergarten, Schule oder Uni, pflegebedürftigen Eltern werden durch Satzungen, Beiträge und Gebühren abgeschröpft bis zur Schmerzgrenze“, betont Fraktionschef Peter Beitz.
Jochen Hartmann von der AfD-Fraktion beklagte wie die Grünen die „Hinterzimmerpolitik“ mit Küngeleien wie in den 80er Jahren. Die Fraktion will die konsequente Umstellung von Bahn auf Bus und begrüßte daher den CDU-Vorstoß in diese Richtung. Die Forderung nach einer zehnprozentigen Kürzung in allen Bereichen fand aber keine Zustimmung, da, so Kämmerer Uwe Bonan, vieles Pflichtaufgaben seien, die man nicht mal eben um zehn Prozent kürzen könne. Auch die hohe Anzahl an Gutachten kritisierte Hartmann.
Cevat Bicici von „Wir Aus Mülheim“ sprach sich in seiner Etatrede für ein Zins- und Schuldenmoratorium für die Kommunen aus, Hasan Tuncer vom Bündnis für Bildung wies auf die Wichtigkeit der Integrationsarbeit hin. Einigkeit herrschte bei allen Fraktionen, dass Bund und Länder mehr von den finanziellen Lasten tragen müssten, die sie den Kommunen auferlegen.
Autor:Regina Tempel aus Mülheim an der Ruhr |
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