Märkische Unternehmen stellen in der Krise neue Produkte her
Heimische Industrie in der Corona-Krise innovativ
In Krankenhäusern fehlen Beatmungsgeräte und Schutzausrüstung im Kampf gegen Corona. Medizinische Produktionsunternehmen können sich hingegen vor Aufträgen kaum retten. Dies ist Anlass für einige Mitgliedsunternehmen des Märkischen Arbeitgeberverbandes (MAV), ihre Produktion zu ergänzen und nun auch Schutz- und Medizin-Equipment herzustellen.
„Die heimische Industrie zeigt sich in der Corona-Krise innovativ, umsetzungsschnell und lösungsorientiert“, kommentiert MAV-Geschäftsführer Özgür Gökce den großen Einsatz der Betriebe und nennt drei Beispiele.
Hygienehaken
Heimische Unternehmen werden in der Corona-Krise in der Tat erfinderisch. So auch die Böhm Plast-Technology GmbH aus Neuenrade. Sie ging im September 2019 aus der 1949 gegründeten Klaes Kunststoffe GmbH hervor. Das inhabergeführte Familienunternehmen verarbeitet jährlich 400 Tonnen Duroplast und 300 Tonnen verschiedenste Thermoplaste, insb. technische Kunststoffe, in unterschiedlichen Fertigungsverfahren. Hier gab es eine ganz besondere Idee, um der Verbreitung des Coronavirus entgegenzuwirken: den Hygienehaken.
Er eignet sich zum kontaktlosen Öffnen und Schließen von Türklinken. Aufgrund des gewählten 6-Kant-Designs passt er sich allen runden und eckigen Türklinken an. Das Berühren von Klinken im öffentlichen Raum kann damit vermieden werden. „Durch den elastischen Kunststoff ist es zudem möglich, den Haken an der Stange eines handelsüblichen Einkaufswagens zu fixieren“, sagt Geschäftsführer Dennis Böhm. „Mit dem Hygienehaken kann man Lichtschalter oder die Haltewunschtaste in den öffentlichen Verkehrsmitteln ohne Handkontakt betätigen. Auch das Öffnen und Schließen von Toilettendeckeln gelingt ohne Berühren.“
Hygieneschutzwände und Spukschutz
Die Paul Müller GmbH aus Balve-Garbeck, die normalerweise Transport- und Verpackungslösungen für die Automobilindustrie entwickelt, hat im Kampf gegen das Coronavirus ihr Produkt-Angebot erweitert. Gemeinsam mit der Firma Optimal aus Menden entwickelte das Unternehmen Hygiene-Schutzwände für Krankenhäuser, die aber auch in anderen Bereichen einsetzbar sind. Der Prototyp der mobilen Trennwand ist ein etwa 1,80 Meter hoher und 1,60 Meter breiter, transportabler Rahmen, der mit Folien bespannt werden kann. Er soll zwar hauptsächlich zwischen Krankenbetten positioniert werden, kann aber auch in Büros, Gastronomien, Betrieben oder Verwaltungen die Verbreitung des Coronavirus verhindern.
Ein weiteres Produkt, das Paul Müller zum Schutz vor Übertragung des Corona-Virus entwickelt hat, ist ein „Spuckschutz“ für Mitarbeiter, die in noch geöffneten Betrieben arbeiten. Der Schutz kann so in Bäckereien, Metzgereien, dem Lebensmittelhandel aber auch in Arztpraxen, Banken und allen weiteren Betrieben mit Publikumsverkehr eingesetzt werden. „Wir wollen als Unternehmen einen Beitrag zum Schutz der Menschen gegen Corona leisten. Schutzbarrieren sind dabei eine wichtige Einsatzmöglichkeit“, ist Geschäftsführer Tobias Müller überzeugt.
Beatmungsschläuche
Der Automobilindustrie liegen laut VDA verstärkt Anfragen vor, ob Unternehmen der Branche einen Beitrag zur Produktion von medizinischen Geräten und Atemmasken leisten können. Auch das Ennepetaler Unternehmen BIW Isolierstoffe liefert einen signifikanten Anteil seiner Produkte in die Automobilindustrie, erhält nun aber verstärkt Produktionsaufträge für den medizinischen Bereich. In der Corona-Krise fertigt BIW nun in erster Linie wiederverwendbare Schläuche für die Medizintechnik, insbesondere für dringend benötigte Beatmungsgeräte. Dies geschieht sogar auf Anordnung der Bundesregierung, denn europaweit gibt es nur sehr wenige Lieferanten für die medizinischen Schläuche.
„Ohne unsere Produktion könnte die Herstellung der Beatmungsgeräte, die die Bundesregierung in Auftrag gegeben hat, sogar scheitern“, berichtet Geschäftsführer Ralf Stoffels. Die Produktion bei BIW musste größtenteils umgestellt werden, um die zwischen 300.000 und 400.000 Meter Silikonschläuche produzieren zu können. Diese Menge wird sonst in einem Zeitraum von zehn Jahren nicht abgerufen. Einzig gilt es nun, finanzielle Hürden gemeinsam mit dem Bund zu überwinden, denn aufgrund der Krise bestehen viele Lieferanten auf Vorkasse.
Autor:Angelika Fuhsy aus Menden (Sauerland) |
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