Stadtspiegel-Kolumne von Seite 1: "'Rechte' Plattform?"
Vor einer Woche sinnierten wir an dieser Stelle darüber, dass der Begriff "Nafris" - von der Kölner Polizei in der Silvesternacht locker-flockig aus der Taufe gehoben und im "Netz" munter gezwitschert - ein aktueller Anwärter auf den Titel "Unwort des Jahres" sein könnte.
Das war natürlich nur Wortblödelei unsererseits, denn die tatsächlichen Anwärter auf diese Negativ-Auszeichnung standen längst fest.
Statt dieser vieldiskutierten Wortkreation haben wir nun seit heute also "Volksverräter" als "Unwort des Jahres 2016", das von Sprachwissenschaftlern gewählt wurde und das weitere Anwärter, wie "Umvolkung" und "Rapefugee", abgehängt hat.
Nun ja, zumindest dürfte dieser Begriff eher Interesse und Emotionen wecken als "postfaktisch", das andere "Unwort des Jahres 2016", das zuvor schon die Gesellschaft für deutsche Sprache bestimmt hatte. Ein Wort, das als "Unwort" zwar durchaus Sinn macht, aber von kaum jemandem verstanden wird.
Ganz anders dagegen "Volksverräter". Diesen Begriff kann man auch dann, ohne großartig nachzudenken, leicht in den Mund nehmen oder auf Plakate kritzeln, wenn man seinen Sinn (und vermutlich auch noch vieles andere) nicht begriffen hat.
Womit sich - auf den Punkt gebracht - aber auch die Frage stellt, ob es richtig ist, dass ein "Unwort des Jahres" rechten Parolen eine öffentliche Plattform bietet.
Autor:Hans-Jürgen Köhler aus Menden (Sauerland) |
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