Bundesverwaltungsgerichts-Urteil: Wie sind die Konsequenzen für Kommunen der Region?

In Sachen „Mörikestraße“ hat das Bundesverwaltungsgericht Leipzig für viele überraschend gegen die Stadt Menden entschieden.
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  • hochgeladen von Hans-Jürgen Köhler

Die Stadt Menden darf nicht - 40 Jahre nach den ersten eingezogenen Gebühren - noch einmal Erschließungskosten für den Ausbau der Mörikestraße verlangen.
Das ist, kurz und knapp gesagt, das Ergebnis der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht Leipzig.

Ein wichtiger Aspekt war dabei die Tatsache, dass die Kosten vor allem deshalb so viel höher ausgefallen sind, als ursprünglich veranschlagt, weil in dem seitdem verstrichenen langen Zeitraum, die Kostensteigerung (Inflation) enorm war.
Jetzt stellt sich die Frage: Welche konkreten Konsequezen hat dieses Urteil für die Städte der Region? Der Stadtspiegel fragte nach - nicht nur in Menden selbst, sondern auch in Fröndenberg, Balve und Wickede.

Stadt Menden
antwortet:
1,5 Millionen Euro
weniger Einnahmen?

Von der Mendener Verwaltung wollten wir wissen:
? Hat die Stadt Menden das Urteil in dieser Form erwartet?
! Seit 1990 gibt es ein strikt formuliertes Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, das den Kommunen klare Vorgaben machte. Das Urteil ließ keinen Ermessensspielraum für Korrekturen aus Gründen der Einzelfallgerechtigkeit. Die Stadt war an das Urteil gebunden und musste seine Vorgaben einhalten, obwohl die Stadt immer Sympathie und Verständnis für die Anwohner hatte.
Dass das Bundesverwaltungsgericht nun genau die Einwände akzeptiert, die 1990 nicht durchzuschlagen vermochten, begrüßt dieStadtverwaltung. Die neue Rechtsprechung ist flexibler und wohl auch gerechter als die sehr strikte Rechtsprechung von 1990 (...).
? Waren für diesen Fall Rücklagen im Haushalt gebildet worden?
! Nein. Rückstellungen werden für ergebniswirksame (konsumtive) Geschäftsvorfälle gebildet. Die Erschließungsbeiträge als solches belasten unmittelbar nur die Finanzrechnung.
? Wie viele weitere Fälle betrifft das Urteil in Menden?
! In Menden gibt es 177 nicht ausgebaute Straßen. In 66 Fällen existieren auch Ablöseverträge und damit eine mit der Mörikestraße vergleichbare Rechtslage. Aufgrund der neuen Rechtsprechung würde die Stadt bei hypothetischem Ausbau aller 177 Straßen in 2015 geschätzt 1,5 Millionen Euro nicht einnehmen können.
? Welche Konsequenzen hat das Urteil auf die Haushaltssanierung?
! Zunächst keine, da die Erstattung der Beiträge unmittelbar die Finanzrechnung betrifft. Die Ergebnisrechnung wird einmalig durch die entstandenen Prozesskosten und der gegebenenfalls später fälligen Erstattungszinsen belastet. Die zu erwartende Größenordnung stellt die Umsetzung des Haushaltssanierungsplan nicht in Frage.

BM Mühling:
"Für Balve
kein Thema"

Aus Balve antwortete Bürgermeister Hubertus Mühling: „Ich kann (...) im Ergebnis für Balve festhalten, dass es hier keine solcher Fälle gibt. In Balve wurde jeweils zeitnah abgerechnet und umgesetzt oder bei Vorauszahlungen die nicht umgesetzt wurden entsprechend rückgezahlt. Dies sind aber Fälle aus der ‚älteren‘ Vergangenheit. Da der verhandelte Sachverhalt für die Stadt Balve kein Thema ist, haben wir uns auch nicht weiter mit dem Prozess und seinem Urteil auseinandergesetzt.
Wir üben in der Praxis schon immer das aus, was das Bundesverwaltungsgericht jetzt entschieden hat.“

Fröndenberg
hat mit diesem Urteil
nicht gerechnet

Fröndenbergs Kämmerer Günter Freck hatte mit diesem Urteil nicht gerechnet: „Das BVerwG hat mit dieser Entscheidung seine seit 1990 gefestigte Rechtsprechung zu dieser besonderen Problematik aufgegeben und vertritt damit eine neue und so nicht zu erwartende Rechtsauffassung“. Aber ihm ist kein Sachverhalt bekannt, der eine Rückstellung erforern würde. Und auch die geänderte Rechtsprechung käme in der Ruhrstadt nicht zum tragen.

Wickede
erhebt nur einmal
Gebühren

Ähnlich antwortete Wickedes Bürgermeister Martin Michalzik.
„Wickede pflegt nur einmalig Anliegergebühren zu erheben“, so der Rathauschef. „Bei Instandsetzungsarbeiten allerdings können die Anwohner mit in finanzielle Verpflichtungen eingebunden werden.“

Autor:

Hans-Jürgen Köhler aus Menden (Sauerland)

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