Ein Besuch im Klimahaus in Bremerhaven
Ich geh dann mal das Klima retten...Ist noch Zeit?
An einem Sonntag, morgens um halb elf, stehen noch keine Schlangen vor den Eingangstüren im Klimahaus in Bremerhaven. Aber eine Frau steht dort, unsicher ob sie eintreten soll: Es sei dort dunkel und eng drinnen und sie hätte schon im Fahrstuhl Angst. Der Lotse am Eingang beruhigt. "Sie haben jederzeit die Möglichkeit, die Räume zu verlassen und den Weg abzukürzen". Die Sekundenanzeige blinkt derweil nach unten und bei Beenden des Countdowns öffnen sich die Türen. Aus Sicherheitsgründen können Besucher immer nur grüppchenweise in die Ausstellung und mit einigen anderen betreten wir den ersten Raum. Es ist dunkel wie im Kino - es ist ein Kino. Auf einer Leinwand wird uns ein Mann präsentiert, der seinen Koffer packt und uns quasi mitnimmt auf seine Reise durch die Klimazonen der Erde. Und zwar entlang des 8. Längengrades. So erleben wir fünf Kontinente und neun Orte. Wir starten in der Schweiz. Dass das kleine Land ganz speziell ist, wusste ich bereits - so saubere und grüne Wiesen hatte ich vorher noch nirgends gesehen als bei meiner letzten Fahrt dorthin. Aber dass die Kühe auf grünen Wiesen senkrecht an der Wand stehen war mir neu. Jedenfalls ein Hingucker! Hinauf geht es über einen Gletscher bis zum Gipfelkreuz. Dort kann jeder sein Jodel- oder Jauchzerdiplom machen. Auf Bildschirmen berichten Familien über ihre Erfahrungen mit Jauchzen und ihre Rufe und ihr Lachen steckt an. Ein kleiner Aufnahmeraum ist bereits besetzt. Danach will ich es wissen. Voller Inbrunst jauchze ich ins Mikrofon und schicke gleich noch einen befreiten Lacher hinterher. Das konnte man sich dann auch noch anhören. Allerdings bin ich froh, dass er nicht mit Namen gespeichert wurde...
Vom Hochgebirge hinab zwischen Grashalme
Jedenfalls ging es mit einem Grinsen im Gesicht wieder hinab ins "Tal" und mit einer Gondel "reisten" wir via Bildschirm nach Sardinien. Dort bildeten wir inmitten riesiger Gräser den Mikrokosmos und blickten überdimensionalen Gottesanbeterinnen und Ameisen ins Gesicht. Einige reale Insekten und Reptilien wurden allerdings auch in Terrarien ausgestellt wie zum Beispiel Stabhochschrecken und Käfer. An einem interaktiven Terminal kann der Besucher selber die Großwetterlage Europas verändern und so in den angrenzenden Themenräumen Hitze, Regen oder Monsumwinde verursachen. Funktioniert allerdings nicht so wie gewünscht: drehe ich am Regler sehe ich am Monitor, wie es in dem jeweiligen Raum windet - zu sehen an der dort aufgehängten Wäsche. Allerdings ist das Lüftchen wenn ich dort ankomme, schon wieder abgeflaut und andere Besucher sind offensichtlich nicht so forsch und drehen und drücken die vorhandenen Knöpfe so dass es bei meinem Gang durch die Räume weder stürmt noch regnet. Nach dem nächsten dicken Vorhang steht man im Sand. Die zuvor noch getragene Windjacke wird rasch um die Hüfte geschlungen denn die Temperatur steigt rapide an. Im Wüstenboden hocken kleine und große "Archäologen" und graben im Sand des Niger - denn dort befinden wir uns nun - nach den Überresten der Dinosaurier. An den Wänden sind Gucklöcher: schaut man durch sie hindurch taucht man in die Vergangenheit vor Millionen von Jahren bis in die Fast-Gegenwart ein. Gleichzeitig kann man der Geschichte einer Tuareg-Frau lauschen, welche erzählt. Sie berichet über den Wandel der Landschaft und der Tierwelt, den sie innerhalb ihrer Jahrzente erlebt hat. Ein nachgebauter Brunnen zeugt von der mühseligen Arbeit dieser Menschen, um an das kostbare Nass zu gelangen - und es wird immer weniger. Auf einer großen "Wüstenfläche" ist die Trockenheit plastisch und eindrucksvoll dargestellt - ein paar Knochen und ein vertrockneter Baum harren aus - trostlos. Darüber auf einer riesigen Leinwand: das Leben der Tuareg im Film und erzählt von einem Tuareg-Mädchen welches aus ihrem Alltag berichtet. Wir legen uns auf den Rücken - der Film läuft vor unseren Augen über uns ab - es ist heiß und ich denke an die Wasserflasche in meinem Rucksack.
Von der Wüste in den Regenwald
Im krassen Gegensatz dazu stolpern wir fast in den Dschungel - die nächste Station ist der Regenwald im Kamerun. Ein kleiner Irrgarten im Dunkeln, es tröpfelt und die Geräusche aus dem nächtlichen Wald klingen in meinen Ohren ungewöhnlich fremdartig. Aus dem feuchten, mit Efeu behangenen engen Gang schlängeln wir uns wieder ans "Tageslicht" und stehen vor der nächsten Herausforderung: einer Hängebrücke. Ich bin froh, dass zwischen mir auf dem wackligen Brett und dem Wasser unter mir nur etwa 30 cm liegen - und das Wasser ist auch nicht viel tiefer. Erneut steht ein Dorf in den Erzählungen im Vordergrund - auch hier ist Wasser, dieses Mal im Überfluss, das prägende Element der Bewohner. Doch das friedliche Prasseln des Regens wird übertönt von dem Geräusch einer Kettensäge und ein riesiger Baumstumpf zeugt von der fortschreitenden Vernichtung dieses Lebensraumes. Der Sprung zum nächsten Kontinent ist gewaltig, und das liegt nicht nur am Temperaturunterschied: in der Antarktis heißt es Jacke an und Kapuze aufsetzen. In der nachgebauten Neumayer-Station herrschen Minus-Temperaturen. Die Wände sind aus Eis und das einsame Iglu-Zelt lädt auch nicht annähernd zu einer Übernachtung ein. Nachdem wir uns hier von den vorherigen heißen und warmen Temperaturen abgekühlt haben, heißt es auch schon wieder aufwärmen in der Südsee auf Samoa. Ein Blick aus dem Pfahlbau auf die blaue Lagune und man möchte am liebsten gleich die Füße hochlegen. Doch auf den zweiten Blick sind auch hier alarmierende Zeichen zu erkennen, dass dieses Paradies auf Erden in Gefahr ist: die aufgebaute Kirche steht bereits kritisch am Wasserrand und abgerissene Stromleitungen deuten auf stark tobende Stürme hin.
Paradiesische Unterwasserwelten
Wir tauchen ab - sprichwörtlich denn eine Treppe führt unter das Atoll und vermittelt einen kleinen Einblick in die wunderschöne Unterwasserwelt voller Leben und Farbenpracht. Riesige Panoramafenster laden zum Verweilen ein ...doch wir wollen an dem Tag noch die Heimreise antreten. Schweren Herzens werfe ich noch einen Blick auf die blaue Kostbarkeit und stehe dann vor dem schrecklichsten Anblick des gesamten Hauses: ein abtauchender Wal (nur noch seine Fluke ragt senkrecht aus dem Wasser) in einen wogenden Berg aus Plastikmüll. Nein - das habe ich nicht fotografiert, das kann sich wahrscheinlich jeder vorstellen der nur einmal in der Woche daheim an einem Container-Standplatz vorbeikommt und weiß, wie schnell es geht, bis dieser zur Müllkippe verkommt. Wir sind in Alaska angekommen, genauer in der Tundra. Auch die dortigen Ureinwohner berichten über ihr Leben und das Verändern ihres Lebensraumes durch das Verschwinden des Eises. Und darüber, dass sich ihre Lebensumstände dadurch verschlechtern weil sie zum Beispiel weniger Zeit zum Jagen haben (Robben, Wale). Und dann stehen wir auf einmal auf vertrautem Boden - in Deutschland auf einer Hallig. Auch ihnen steht das Wasser quasi schon bis zum Hals. Letzten Endes haben wir Hitze und Trockenheit, Kälte und Nässe durchlaufen. Und stellen fest: In Deutschland, speziell in Bremerhaven, ist alles vertreten. In vier Räumen ist anhand von Wetteraufzeichnungen, Berichten und Fotos dargelegt, wie heiß, kalt, nass oder trocken bereits manche Jahre dort waren. Es sind beeindruckende Zahlen.
Erde steht im Mittelpunkt
Wen es bis dahin schon kräftig in den Fingern gejuckt hat und wer sich die ganze Zeit bereits gefragt hatte: Ja und? Was kann ich machen um das zu stoppen? der bleibt erst einmal im Forschungslabor. Schlauerweise liegt das so ziemlich am Ende der Reise und hier kann jeder experimentieren, welche Auswirkungen sein Handeln auf das Klima hat - hier steht die Erde im Mittelpunkt. Auf dem Weg zum Ausgang sind auch noch erneuerbare Energien vorgestellt wie die Windkraftanlagen (Offshore-Anlagen) im Meer aber auch die noch vorhandenen Energiequellen und deren Abbau werden thematisch aufgearbeitet. Mein Fazit: Sehr empfehlenswert vor allem für Kinder und Jugendliche. Lebensräume anderer Menschen werden sehr nah dargestellt und kommen gut rüber. Das Haus hat einen guten Unterhaltungsfaktor und macht doch nachdenklich. Beklemmend war für mich auf jeden Fall, dass man am Schluss fast mit den Füßen im Wasser steht. Sehr symbolträchtig. Und dass an den Wänden Sätze stehen wie: "Noch ist es Zeit etwas zu ändern!" vertreibt die Beklemmung keineswegs: Immerhin ist das Klimahaus schon einige Jährchen alt und geändert hat sich noch nicht wirklich viel!
Autor:Karolin Rath-Afting aus Menden (Sauerland) |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.