„Sterbefasten“: bewusste Entscheidung für ein selbstbestimmtes Ende
Beim offenen Montagstreff des Hospizkreises Menden am 01. Oktober 2018 stellten Uta Lahme und Dorothee Martin, beide in der Hospizarbeit tätig, das Thema „Sterbefasten“ anhand des gleichnamigen Buches von Christiane zur Nieden vor.
Die Autorin beschreibt darin die Situation ihrer 88-jährigen Mutter, die noch in ihrer eigenen Wohnung lebt, deren körperliche Gebrechen aber zunehmen und immer mehr zur persönlichen Unselbständigkeit führen und schließlich zu dem Entschluss, bewusst auf Essen und Trinken zu verzichten.
Vorgetragene Passagen aus dem Buch verdeutlichen, dass die Familie sich zunächst um Argumente für das Weiterleben bemüht, was aber von der Mutter abgelehnt wird, sodass sie sich schließlich auf die Entscheidung der Mutter einstellt und diese mitträgt. Die hier vorliegenden idealen Bedingungen (Erfahrungen der Tochter in der Pflege und Sterbebegleitung, Tätigkeit des Schwiegersohns als Palliativmediziner) führen zu einem harmonisch verlaufenden Sterbeprozess, der am 13. Tag mit dem Tod der Mutter endet.
Wie wichtig Begleitung und Unterstützung beim Sterbefasten sind, zeigen U. Lahme und D. Martin an einem weiteren Beispiel auf: Hier handelt es sich um einen 88 Jahre alten Mann, dessen Frau nach 66 Jahren Ehe stirbt. Er geht ins Pflegeheim, fühlt sich dort aber nicht wohl und entschließt sich zum Sterbefasten. Alle Beteiligten gehen mit der Situation sehr wankelmütig um. Die Tochter führt ihr normales Leben weiter, eine Pastorin gibt ihm sogar noch ein Glas Wasser zu trinken.
Diese inkonsequente Haltung beim Sterbefasten führt zu einem 40 Tage dauernden Sterbeprozess. Erst als ab dem 35. Tag eine Pflegerin den Mann rund um die Uhr betreut, entspannt sich seine Situation.
In der anschließenden Diskussion der zahlreich erschienenen Gäste kristallisieren sich unterschiedliche Standpunkte heraus. Auf die Frage, wo beim Sterbefasten die Grenze zur Beihilfe zum Suizid liegt, wird auf das Selbstbestimmungsrecht des Menschen verwiesen. Der Mensch erlaubt sich, in seinem Leben viel zu bestimmen. Er plant z.B., wann und wie er Kinder bekommt. Ist es dann nicht auch legitim zu bestimmen, wann er sterben will? Wie weit geht der Freiheitsgedanke diesbezüglich in unserer Gesellschaft?
Im medizinischen Bereich ist eine veränderte Einstellung zur Selbstbestimmung des Menschen sichtbar: Früher bestimmte der Arzt, dass eine Magensonde gelegt wird, heute kann der Patient dies selbstbestimmt entscheiden.
Auch wenn viele Ärzte nicht geneigt sind, selbstbestimmtes Sterben zu begleiten (oberste Verpflichtung des Arztes ist es, Leben zu erhalten), gehen einige bereits offener mit der Thematik um. Dr. Hans Christoph zur Nieden (Ehemann der Autorin) führt in dem genanten Buch aus: „Einen sterbefastenden Menschen in seinem Umfeld zu betreuen bis der Tod eintritt, ist meiner Meinung nach eine hausärztliche Aufgabe und auf jeden Fall eine, die sich der Arzt zumuten darf.“
Abschließend wurde noch darauf hingewiesen, dass der Entschluss eines schwer kranken Menschen zu sterbefasten für Außenstehende leichter zu verstehen ist als der eines altersschwachen Menschen.
Autor:Ilona Düppe aus Menden (Sauerland) |
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