Hospizkreis Menden beschäftigte sich mit hospizlicher Versorgung und assistiertem Suizid

Pastor Overkämping

Gesellschaftliche Veränderung hat gesetzliche Regelung zur Folge

Als Referent des vergangenen öffentlichen Montagstreffs konnte Pastor Overkämping aus Datteln gewonnen werden. Er ist emeritierter kath. Pfarrer im Ruhestand und Vorsitzender des Landesverbandes Hospiz NRW.
Dem Referenten war es wichtig die gesellschaftlichen Veränderungen seit Mitte des 20. Jh. aufzuzeigen wie Säkularisierung und Individualisierung, die unsere derzeitige öffentliche Diskussion und gesetzliche Regelung über Maßnahmen am Lebensende erst erforderlich machen, Maßnahmen wie hospizliche Versorgung, Palliativmedizin, Sterbehilfe. Neben den Begriffen aktive, passive, indirekte Sterbehilfe und palliative Sedierung ging es an diesem Abend in der Hauptsache um den assistierten Suizid. Wenn ich alles selbst in die Hand nehmen kann und regeln möchte, Beziehung und Begegnung fehlt, niemandem zur Last fallen will, dann ist der Gedanke nicht weit entfernt, mein Lebensende selbst bestimmen zu wollen. Eine Zuhörerin drückte Verständnis für diese Entscheidung aus, wenn trotz Palliativbehandlung die Schmerzen bleiben. Eine Frage, die sich stellt: Habe ich das Recht andere dazu zu verpflichten mir beim Suizid behilflich zu sein? Beihilfe zum Selbstmord am Lebensende ist übrigens in Deutschland nicht verboten, da Selbstmord straffrei ist; denn er setzt die eigenverantwortliche Willensentscheidung des Sterbewilligen voraus.
Zur gesellschaftlichen Veränderung äußerte sich der Referent folgendermaßen: Früher galt die Familie als Netzwerk. Sie versorgte den Angehörigen am Lebensende. Die Gemeinschaft und Gott haben heute keine Lobby mehr. Alles wird verweltlicht. Nur das Individuum zählt. Diese Individualisierung hat zur Folge: Alles wird zur Aufgabe gemacht. Alles was ich selbst nicht mehr leisten kann, bearbeitet das Netzwerk Dienstleister. Auch der kranke Mensch wird zur Aufgabe, die man delegieren kann. Wird er von bezahlten Fachkräften versorgt, wollen diese mit Gewinn arbeiten. Rationierung der Gesundheitsleistungen ist die Folge. Der kranke Mensch kommt erst an zweiter Stelle.
Für den sterbenden Menschen jedoch sind drei Dinge wichtig: Er möchte keine Schmerzen haben, nicht allein sein und möglichst zu Hause sterben. Mit dem Ziel den Menschen am Lebensende ein menschenwürdiges Sterben zu ermöglichen, ist schon in der zweiten Hälfte des 20. Jh.s die Hospizbewegung entstanden. Diese Bürgerbewegung war eigentlich eine Trotzbewegung gegen die aktive Sterbehilfe, die Hackethal mit der „Dt. Gesellschaft für humanes Sterben“ in seiner Sterbeklinik auf Frauenchiemsee anbot.
Zum Ende der Veranstaltung machte der Referent noch einmal die Ziele der Hospizbewegung deutlich: Sie setzt sich dafür ein, dass jeder Mensch das Recht haben muss dort zu sterben wo er lebt und leben möchte bei gleichen hospizlichen Versorgungsbedingungen. Die spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV) sollte deshalb auch in Altenheimen und Gefängnissen zur Verfügung stehen. In der Reproduktionsmedizin, am Anfang des Lebens, werden so viele Entscheidungen verlangt, die Beratungsgespräche voraussetzen. Warum gibt es keine Beratungsstellen für Menschen, die aus dem Leben gehen wollen? Ein weit gestecktes Ziel hospizlichen Denkens ist der Wechsel vom Netzwerk Dienstleistung zum Netzwerk Menschlichkeit. Sterben soll wieder salonfähig werden.

Autor:

Anni Grüne aus Menden (Sauerland)

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