"Geschwister-Wege"
Beim offenen Montagstreff im Juli begrüßte der Hospizkreis Menden Frau Sandra Schopen und
Frau Chantal Biermann vom Deutschen Kinderhospizverein.
Frau Schopen, seit 13 Jahren dort tätig, ist Ansprechpartnerin für Geschwister.
Sie zeigte zunächst die Gemeinsamkeiten zwischen der Kinder- und Erwachsenenhospizarbeit auf: Ausbildung von Ehrenamtlichen, wovon 90 % Frauen sind, sowie Besuch und Begleitung von Familien. In beiden Bereichen sollten Haupt- und Ehrenamtliche immer individuell begleiten und ein verlässlicher Partner sein.
Es gibt aber auch Unterschiede: So wird in der Kinderhospizarbeit nicht ausschließlich in der finalen Lebensphase begleitet, sondern über Jahre hinweg und auch noch über den Tod hinaus, wenn die Familie es wünscht. Der Kontakt bezieht sich auf die gesamte Familie und teilweise auch auf Schulen. Das Einzugsgebiet der zu Begleitenden ist größer. Es werden Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene begleitet, von denen die Minderheit an Krebs erkrankt ist. Die Mehrheit leidet an Muskel- oder Stoffwechselerkrankungen oder an den Folgen eines Unfalls.
Neben der Unterstützung der erkrankten Kinder und deren Eltern spielen die Geschwister eine wichtige Rolle, zumal gemäß der Geschwisterforschung ihr Einfluss so groß ist, wie der der Eltern. Geschwister stellen ein „soziales Trainingscamp“ dar.
So werden auch Projekte und Workshops vom Kinderhospizverein mit Geschwistern gemeinsam entwickelt und durchgeführt.
Es gibt bundesweit über 20 ambulante Kinder- und Jugendhospizdienste und 14 stationäre Hospize, die einmal jährlich bis zu 4 Wochen in Anspruch genommen werden können. In der finalen Phase gibt es kein zeitliches Limit.
Chantal Biermann ist Geschwister einer lebensverkürzend erkrankten Schwester, die mittlerweile 25 Jahre alt ist, deren geistige Entwicklung aber auf der Stufe eines 3-jährigen Kindes ist.
Chantal ist als jüngstes von 3 Kindern in diese Situation hineingeboren und empfindet sie nicht als belastend, wie es die Gesellschaft oft sieht. Vielmehr ist ihre Schwester jemand, an dem sie wächst und sich entwickelt. Auch ihre Berufswahl -Ausbildung zur heilpädagogischen Pflegekraft- resultiert daraus und und sie nimmt an Befähigungskursen für ehrenamtlich Tätige teil. Natürlich spielen die Einstellung und das Verhalten der Eltern eine wesentliche Rolle. Chantal: „Wir haben gelernt, offen über Sterben, Tod und Trauer zu sprechen. Es ist normal, zwischen 2 Brotschnitten darüber zu sprechen.“
Sie kennt aber auch gesellschaftliche Diskriminierung, wenn sie mit ihrer Schwester, die im Rollstuhl sitzt, unterwegs ist. Die resultiere zu einem Teil auch aus Unsicherheit. „Was man nicht kennt, macht Angst.“ Aussagen wie: „Du weißt, wie kostbar Zeit ist, also nutze sie.“ sind wenig hilfreich, sondern erzeugen Druck. Auch möchte sie nicht als „Schattenkind“ gesehen werden, denn dann träfe die Aussage eines Geschwisters zu: „Wenn ich ein Schattenkind bin, dann steht mein (kranker) Bruder in der Sonne.“
Ihre Schwester wird seit 2008 vom Hospizdienst begleitet, was entlastend für die Eltern und Geschwister war. Dass sie seit etwa 5 Jahren in einer Wohneinrichtung lebt, in der sie von zwei ihr bekannten Ehrenamtlichen begleitet und von der Familie regelmäßig besucht wird, sieht Chantal als normalen Prozess der Ablösung.
Den Schlusspunkt dieses interessanten Abends setzte die von Chantal Biermann zitierte Aussage eines Geschwisters: „Wir wünschen uns kein Mitleid, sondern Anerkennung.“
Autor:Ilona Düppe aus Menden (Sauerland) |
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