Bücherkompass: Cornelius Maschmann - Zur Not kann die Kiste auch segeln
Flugkapitän Maschmann lädt ein zum kostenlosen Mitflug durch jahrzentelanges Fliegerleben, hautnah und direkt im Cockpit. Das sind Anekdoten und Anekdötchen, lustiges und tragisches, kurioses und dramatisches...und vor allem: Ganz viel persönliches aus dem reichhaltigen Erfahrungsschatz von Kapitän Maschmann. Ob Tiger im Frachtraum randalieren, ein halbnackter Indianer mitfliegen will oder "Die Hausperle" aus der Provinz einen abenteuerlichen Kurztripp nach Bangkok erlebt, Beinahkatastrophen wie eine Fehlfunktion am Fahrwerk oder der Fluggasttreppenfahrer, der seine Treppe im Triebwerk parkt, dramatisches wie der Fluggast mit Magendurchbruch und Tragil wie die Frau, die auf dem Flughafen in Bangkok ihren Mann verliert... All die kleinen und großen, erzählenswerten Begebenheiten aus mehr als 30 Jahren Linienflug finden hier Platz. Daneben gibt es auch viel Privates, wie das Scheitern seiner ersten Ehe durch den Beruf und seine neue Liebe und Ehe mit der Chefstewardess, interessantes, fachliches wie der Ausbildungsstress vom Co-Piloten zum Kapitän und Ärger mit überkorrekten Einreisebeamten.
OK, oft wirken die Geschichten überzeichnet und übertrieben, aber gerade das macht sie viel glaubwürdiger (Aus der Distanz des Lesers wirkt nun mal vieles weitaus banaler als aus der Sicht des Erlebenden. Kennt ihr doch auch, wenn ihr den Daheimgebliebenen von euren "Urlaubsabenteuern" berichtet.)und Maschmann läßt ein wenig oft den Larry raushängen, Joe Cool sein großer Bruder. doch auch das macht seine Selbstdarstellung menschlicher und irgendwie liebenswerter (Man erkennt sich selbst als Erzähler vergangener "Abenteuer", wie der Abend, als man nach 35 Bier noch Square-Dance auf dem Tisch gemacht hat ohne runterzufallen).
Das Buch ist kurzweilige, amüssante Unterhaltung, mehr nicht, will aber auch gar nichts anderes sein. In appetittliche Lesehäppchen unterteilt, erzählt es mehr oder minder chronologisch Episoden, keine durchgehende Geschichte und so kann man es durchaus mal ein Weilchen weglegen und ist doch sofort wieder drin.
Allerdings merkt man schon am Schreibstil, das Maschmann kein erfahrener Schriftsteller ist. Anfangs verliert er sich völlig in der ausgiebigen Darstellung überflüssiger Details (...stellte ich meine Tasche links neben den Sitz, klappte sie mit der linken Hand auf und entnahm mit der rechten Hand Unterlage X, die zwischen Unterlage Y und Z steckte... so etwa). Das ist etwas nervig und ziemlich gewöhnungsbedürftig, hat aber nebenher den Vorteil, das man eine Menge Fachwissen über den Flugbetrieb erhält (Der Besserwisser läßt grüßen). So braucht man Anfangs schon Geduld und einige Kapitelchen, um in den Lesefluß zu finden. Doch Maschmann als erfahrener Flugkapitän wächst mit seinen Aufgaben und so wird sein Schreibstil schnell flüssiger, lebendiger und lesbarer.
Insgesamt gehört das Buch wohl in die Kategorie der idesllen Urlaubs- bzw. Klolektüre und bietet jede Menge grundsolide Unterhaltung ohne weiteren Tiefgang oder Erinnerungswert, dafür mit reichlich Schmunzlern.
Wer also leichte, humorvolle Lektüre für zwischendurch mag, kommt hier voll auf seine Kosten.
In Schulnoten gibt es eine klare Zwei (Minus, wg. der stilistischen Holprigkeiten im ersten Teil)
Cornelius Maschmann
Zur Not kann die Kiste auch segeln
Piper Verlag GmbH, München 2013
ISBN 978-3-492-30347-7
331 Seiten 8,99€
Autor:Thorsten Ottofrickenstein aus Menden (Sauerland) |
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