In Menden findet erste Podiums-Fragestunde unter dem Zeltdach statt
Wer soll Bürgermeister werden?

Mit Blick auf den zukünftigen Arbeitsplatz konnten die designierten Kandidaten auf der Bühne ihre Standpunkte klar machen. Weitere Veranstaltungen sind vor der Wahl noch geplant. | Foto: K. Rath-Afting
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  • Mit Blick auf den zukünftigen Arbeitsplatz konnten die designierten Kandidaten auf der Bühne ihre Standpunkte klar machen. Weitere Veranstaltungen sind vor der Wahl noch geplant.
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Zur ersten Podiumsdiskussion bei einer Kommunalwahl durften die fünf Bürgermeisterkandidaten Sebastian Arlt (CDU), Andreas Nolte und Roland Schröder (beide parteiunabhängig), Rainer Schwanebeck (AfD) und Stefan Weige (FDP) heute auf einer Bühne unter dem Mendener Zeltdach Fragen Rede und Antwort stehen.

Im Vorfeld konnten Bürger ihre Fragen stellen, die dann unter den Themenblöcken Bildung und Kultur, Stadt- / Innenstadtentwicklung, Wirtschaft / Gewerbegebiet Hämmer / Infrastruktur und Entwicklung der Stadtteile zusammengefasst wurden. Viele Fragen gingen in dieselbe Richtung, weshalb sie im Vorfeld zu einem 10-Punkte Katalog zusammen gefasst wurden. Heiner Schulte vom Vorstand des IMW (Initiativkreis Mendener Wirtschaft) begrüßte die Kandidaten vor den 270 Zuhörern und Andreas Wallentin wies auch noch mal auf die wichtigste Regel hin: "Menden steht im Mittelpunkt" und Peter Teichmann als Moderator dürfe die Redner auch ruhig unterbrechen, wenn diese das Thema Menden nicht berührten. Jeder Kandidat hatte eine Minute Zeit sich kurz vorzustellen und danach drei Minuten, um sein Programm darzulegen.
Sebastian Arlt ist mit 47 Jahren der jüngste Kandidat. Der Dipl. Betriebswirt und Volljurist sieht seine Aufgabe darin, den folgenden Generationen eine Perspektive zu bieten und den guten Lebensstandard weiter zu entwickeln. Speziell für die Wirtschaft möchte er qualitativ gute Arbeitsplätze und für die Wirtschaft neue Flächen schaffen. Vorhandenes Bauland solle gemeinsam mit den Eigentümern mobilisiert und die Infrastruktur gestärkt werden damit die zuletzt gesunkenen Einwohnerzahlen wieder ansteigen.
Andreas Nolte (62) ist in der Stadtverwaltung tätig. Sein Ziel ist eine transparentere Bürgerbeteiligung. Dies will er auch durch Bürgermeistersprechstunden erlangen. Die Stadtverwaltung solle dienstleistungsorientierter werden und somit näher am Bürger. Außerdem pochte er auf ein besseres Zusammenspiel zwischen Politik und Verwaltung. Ein weiteres Ziel ist die Innenstadt weiter zu entwickeln. Dabei sei es aber wohl nicht möglich, jeden Leerstand wieder zu füllen aber an der Wohlfühlatmosphäre dort könne man noch weiter arbeiten.
Roland Schröder (57) sieht seinen Vorteil darin, dass er als ehemaliger Geschäftsführer einer Hamburger Hochschule Erfahrung in der Verwaltung mitbringt und dadurch zudem einen Außenblick auf die Stadt habe, der bei einigen Entscheidungen hilfreich sei. Er möchte die Stadt nach ihrem "5-jährigen Dornröschenschlaf" wecken. Schröder setzt dabei auf Vertrauen, welches in die Verwaltung gestärkt werden müsse. Dafür müsse es über Motivation zu einer größeren Bürgerbeteiligung kommen. Auch möchte er den demografischen Wandel bekämpfen.
Rainer Schwanebeck (68) verspricht bei einer Wahl, dass seine Partei nicht den Rat blockieren wolle. Sein Hauptaugenmerk liegt auf den Arbeitsplätzen und dem Vergaberecht, welches seiner Meinung nach erneuert werden müsse, damit Aufträge regional vergeben werden könnten. Weiterhin spricht er sich für günstigere Mieten aus und setzt auf die Ansiedlung vom "neuen Handwerk" zum Beispiel im Hämmer-Gebiet.
Stefan Weige (58) ist Unternehmensberater und möchte als Bürgermeister, dass die Verwaltung auch von den Bürgern wieder wahr genommen wird. Erreichen will er dies durch eine konsequente Digitalisierung der Verwaltung und einer Wieder-Motivierung der Verwaltungsmitarbeiter. Weige möchte das Hämmer-Gebiet ebenfalls zu einem Vorzeige-Industriegebiet machen und den Leerstand in der Innenstadt möchte er bekämpfen.

1. Frage: Welches ist die persönliche Priorität - Was erklären Sie zur Chefsache?

Weige setzt dabei auf die Umstrukturierung und Digitalisierung der Verwaltung. Auch die Probleme der Innenstadt (Leerstände) sowie der Dauerbrenner Nordwall (-center) und die Vermarktung des Hämmer-Gebietes mit der WSG stehen bei ihm ganz oben auf der Prioritäten-Liste. Das Hämmer-Gebiet und die Ansiedlung von Handwerk ist bei Rainer Schwanebeck Chefsache. Roland Schröder macht die Innenstadt zur Chefsache und möchte zudem, dass die Fördermittel zentral zusammen gelegt werden. Auch Kandidat Nolte hat die Innenstadt zur Chefsache erklärt. Zusätzlich möchte er die Stadtteile stärken und den Hönnetalradweg auf den Weg bringen. Sebastian Arlt sieht ebenfalls das Hämmer-Gebiet als Chefsache wozu aber auch die Reaktivierung von Bauland gehöre. Die Stärkung der Ortsteile gehört auch bei ihm zu seinen Prioritäten.

2. Frage: Soll die WSG ihre Eigenständigkeit behalten und unabhängig bleiben?

Arlt plädiert dafür, sich nicht gegenseitig zu beharken - also "Ja!". Die anderen Kandidaten stimmen dem zu.

3. Frage: Durch die Corona-Krise verringern sich die Steuereinahmen. Schließt der Bürgermeisterkandidat eine Steuererhöhung aus?

Weige könne keine Glaskugel lesen - schließlich brummen manche Branchen und andere brechen gerade ein. Auch Bund und Land spielten eine Rolle. Aber er würde sagen "Ja!" Rainer Schwanebeck ist an der Reihe und beginnt "Ich möchte mich den Worten anschließen..." woraufhin Weige einwirft: "Das möchte ich nicht!". Überhaupt wird der Kandidat der AfD bei jeder seiner Wortmeldungen nicht gerade tot geklatscht - es herrscht nur jedes Mal Stille, wobei die anderen Kandidaten doch nach jeder Wortmeldung zumindest höflichen Applaus erhalten. Unbeirrt setzt Schwanebeck nach, dass, wie hoch die Steuerausfälle auch sein werden, eine Lösungssuche fraktionsübergreifend erfolgen würde wäre er Bürgermeister. Roland Schröder sieht eine Steuererhöhung in der Krise nicht als brauchbar an. Zudem würde auch der Bund unterstützend zur Seite stehen. Auch Nolte schließt eine Steuerhöhung aus, da Bund und Land unterstützen und für Arlt ist diese Frage indiskutabel. Man müsse im Gegenteil die Investitionen stärken und Aufträge vor Ort vergeben.

4. Frage: Das Kulturangebot - dazu zählt auch das Vereinsleben - soll ausgebaut werden. Doch gerade Jugendgruppen zwischen 14-22 Jahre müssten sich selbst "vergnügen". Gibt es für sie auch Angebote?

Weige verweist auf Mendens breites Kulturangebot wovon allerdings auch ein Großteil elitär sei. Es fehle etwas für die breite Masse und vor allem für Kinder und Jugendliche. Schwanebeck möchte die Vereine finanziell unterstützen und dort vor allem Kinder- und Jugendliche. Schröder möchte das vorab mit den Jugendlichen in einer zentralen Anlaufstelle klären und Nolte meint, nur die Jugendtreffs reichten nicht aus. Sebastian Arlt spricht sich für eine Förderung der Sportvereine aus. Das bereits breit bestehende Angebot müsse auf jeden Fall aufrecht erhalten werden.

5. Frage: A46 Weiterbau Ja-Nein?

Hier bezieht Andreas Nolte sofort klar Stellung gegen einen Weiterbau. Die Verkehrswende sei bereits in vollem Gange. Auch Sebastian Arlt sieht in der "A46" den "ältesten Zombie". Er verweist jedoch auf den Ratsbeschluss, wonach ein "Ja" für den Weiterbau nur mit der Tunnellösung erfolgt sei - alle Planungen bisher liefen aber dagegen. Er sei auf jeden Fall dafür, diese Nicht-Tunnel-Planungen mit allen rechtlichen Mitteln auf legalem Wege anzugehen. Auch Kandidat Roland Schröder ist gegen den Weiterbau: "Menden soll Natur- und Tourismuserlebnis werden." Stefan Weige verweist ebenfalls auf den Ratsbeschluss und darauf, dass die Mobilität im Wandel sei. Nur Rainer Schwanebeck ist für den Weiterbau.

6. Frage: Die Innenstadt (wie Ying und Yang lt. Moderator Peter Teichmann) - Top der "Grüne Weg" und die Fuzo - Flop der Nordwall mit dem Dieler-Gebäude - Tut sich was?

Auf den Einlass von Arlt, der private Investor habe die Segel gestrichen und zumindest habe die Stadt den Abbruch des Parkhauses bezahlt bekommen, brachte Teichmann provokativ den Einwand: "In Iserlohn ist das Karstadt-Gebäude das Filetstück und alles sei besser als Leerstand" - wie in Iserlohn auch solle die Stadt doch das Dieler-Gebäude kaufen. Arlt versprach, dass sie Ideen entwickeln würden. Jedoch bräuchten sie einen Investor und bisher habe keiner konkrete Ideen, was dort hinein könne. Der Parkplatz habe sich aber bereits bewährt. Nolte plädierte für einen Discounter im Dieler-Gebäude - Hauptsache es stünde nicht leer. Schröder glaubt nicht an einen neuen Investor. Er sieht das Gebäude in Zukunft gefüllt mit kleinem Einzelhandel eventuell kombiniert mit Gastronomie. Rainer Schwanebeck packt noch die Bücherei mit hinein und Weige wundert sich, dass alle Kandidaten munter über fremdes Eigentum verfügen. Die Parkfläche sei ok, so Weige. Aber seine Aufgabe als Bürgermeister sei es, die Kommunkikation mit dem Investor wieder herzustellen. "Woher weist du denn ob die denn abgebrochen ist?" fragt Sebastian Art. Und beide verweisen auf nicht-öffentliche Sitzungen und dass die Gespräche aus diesen nicht Bestandteil dieser Fragerunde sein dürften. (Der Bürger bleibt also im Unklaren ob der Kontakt zum Investor noch besteht oder nicht).

7. Frage: Wie steht es um die Sauberkeit und vor allen Dingen um die Sicherheit aus? (Vorrangig angeführt wurde das Gebiet um die neu gestaltete Hönneinsel und den Rathausplatz.)

Andreas Nolte glaubt, dass hier mehr Angebote für Jugendliche her müssten. Zudem sollten Jugend- und Ordnungsamt sowie die Polizei an einem Strang ziehen. Schröder legt sein Hauptaugenmerk auf die Prävention und eine sogenannte Sicherheitspartnerschaft. Das Konzept aus den 90er Jahren nach "Law and Order" präferiert er nicht. Schwanebeck setzt auf die personelle Aufstockung und bessere Ausrüstung der Polizei wohingegen Weige kontert, die Polizei sei gut ausgerüstet. Vielmehr müsse die Zusammenarbeit zwischen Ordnungsamt und Polizei intensiviert werden. Auch er sähe das Problem, dass Angebot für Jugendliche fehlen würden aber auch geeignete Flächen (Zuruf aus dem Publikum: "Das Dieler-Gebäude"). Arlt prangert an, dass es vor allen Dingen an Respekt fehlen würde und die Vermüllung nehme auch stark zu. Die Polizei in NRW wäre seit Jahre personell abgebaut worden und erst im nächsten Jahr würde die Zahl langsam wieder steigen. Aber das Ordnungsamt müsse neu strukturiert und neu eingestellt werden. Verstärkt sollten Plätze kontrolliert und überhaupt mehr Präsenz gezeigt werden. Er hält zudem gegen die Meinung, dass nicht genug für die Treffs getan werde: die Jugendtreffs Mitte und Bösperde würden finanziell bereits gefördert.

8. Frage: Kann man den Einzelhandel wieder beleben durch attraktivere Läden?

Schröder glaubt, dass der Bürgermeister da geringen Einfluß darauf hat. Er sieht allerdings ein neues Konzept für den Einzelhandel im Kommen. Auf die Frage an Arlt, ob man Läden in Wohnraum umwandeln könne, meinte er, da müsse man eine private Initiative auslösen. Schröder indes hat sich bereits von der Idee verabschiedet, dass die Mendener Innenstadt hochwertigere Geschäft bekommt. Er sieht dort eher einen Mix aus Erlebnis, Wohnen und Gastronomie. Schwanebeck würde die Umwandlung in Wohnraum vorantreiben und Stefan Weige sieht auch Chancen im Wohnungsbau oder bei Dienstleistern. "Mit kleinen, feinen Angeboten muss in die Stadt gelockt werden. Dazu müsste man auch mal die Vorschriften für die Gestaltungssatzung lockern. Es geht nicht an, dass kein Schirm aufgestellt werden darf, weil dann die nun wirklich große Vincenzkirche nicht mehr gesehen werden könne".

9. Frage: Wird Menden wieder eine "führende" Schulstadt?

Arlt sieht die Schließung/Verlagerung der RSM als großen Fehler. Menden hätte jedoch keinen Einfluß auf die Anzahl der Lehrer. Er würde es begrüßen, wenn im Mendener Süden wieder eine Schule stehen würde. Nolte plädiert dafür, keine Grundschulen mehr zu schließen - auch kleinere Dorfschulen sollten erhalten bleiben. Schröder verweist erneut auf den demografischen Wandel und darauf, dass junge Familien dringend gebraucht würden. Sollte jedoch die Einwohnerzahl weiter schrumpfen und der Anteil der jüngeren Bevölkerung weiter abnehmen, stelle sich die Frage weiterer Schulen erst gar nicht. Weige erinnert an seinen früheren Vorschlag, die Gesamtschule nach Lendringsen zu verlegen. Außerdem seien nicht die Bauten an sich wichtig sondern die Ausstattung der Schulen. Gerade in der Corona-Zeit seien hier viele Defizite aufgedeckt worden.

10. Frage: Der ÖPNV - kann man den verbessern? (Ausbau/Reaktivierung Bahntrasse Menden-Iserlohn)

Weige verweist bei dieser Frage klar auf die Zuständigkeit des Kreises. Die Bürger könnten direkt dorthin ihre Anträge stellen. Schwanebeck möchte den ÖPNV für alle Schüler kostenlos zur Verfügung stellen. Schröder hat den, auch in der Corona-Zeit hervor gerufenen, Wandel in der Mobilität vor Augen: Die Nahmobilität habe sich verändert. Für ihn sei es wichtig, alle Verkehrsteilnehmer miteinander zu verbinden. Dazu zählten auch Radfahrer sowie P+R-Plätze. Nolte sieht die Verbindungen und Linien des ÖPNV gut bestückt und dort keinen Handlungsbedarf. Allerdings sieht auch er noch Potential und Verbesserungen im Radverkehr und in der Kombinierung (Radwege-Konzept). Arlt erinnert noch einmal daran, dass die Strecke nach Iserlohn aus wirtschaftlichen Gründen aufgegeben wurde. Er sieht auch die Nahmobilität vorrangig wobei die Stadtwerke da ganz weit vorne seien.

Zum Schluss durften die Kandidaten den Zuschauern an den Bildschirmen und den Zuhörern unter dem Zeltdach noch einen Appell mit auf den Weg geben. Weige und Nolte rufen zum Gang an die Wahlurne auf, Schwanebeck appelliert für mehr Bürgerentscheide. Schröder wirbt mit seiner "Außensicht auf die Stadt" und dass er parteilos sei um das Vertrauen der Bürger und Arlt sieht seine Aufgabe darin, die Mendener integrativ alle zusammen zu führen.Eine letzte Frage, die allerdings unbeantwortet blieb, warf Moderator Teichmann noch von einer Hüingser Künstlerin in den Raum: Wo bleiben die Bewerbungen der starken Frauen? Eine Frage, die vielleicht in fünf Jahren geklärt werden kann. Die Verantwortlichen des IMW dankten Wilfried Kickermann, der auch das Mendener Zeltdach-Festival organisiert, auf dessen Infrastruktur und Unterstützung der IMW bei der Ausrichtung der Veranstaltung zurückgreifen konnte sowie dem heimischen Event-Unternehmen LAM, das die technische Umsetzung und die Online-Übertragung des Programmes übernahm.

Mit Blick auf den zukünftigen Arbeitsplatz konnten die designierten Kandidaten auf der Bühne ihre Standpunkte klar machen. Weitere Veranstaltungen sind vor der Wahl noch geplant. | Foto: K. Rath-Afting
Das Hygienekonzept stimmte: Handdesinfektion, genügend Abstand zwischen den Stuhlreihen, personalisierte Sitze und Maskenpflicht - auch für die kommenden Veranstaltungen unter dem Zeltdach sorgt es für mehr Sicherheit.  | Foto: K. Rath-Afting
Autor:

Karolin Rath-Afting aus Menden (Sauerland)

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