Mendener Stadtverwaltung verärgert Badegäste

Am 07. Dezember 2019 steht ein Badegast an der Kasse des Mendener Hallenbades. Die Warteschlange ist beträchtlich lang, denn es ist ein besonderer Termin. Auch Werner (sein Name ist geändert, denn er möchte unerkannt bleiben) hat sich diesen Termin fest notiert, denn heute ist die Rabattaktion für vergünstigte Eintrittskarten für das Mendener Schwimmbad. Werner ist schwerbehindert und arbeitslos, da müsse er schon mit jedem einzelnen Cent rechnen, sagt er. Daher kauft er an diesem Tag auch gleich zwei 12er-Karten ein, denn damit kann er im nächsten Jahr oft und günstig schwimmen gehen.
Werner nutzt ausschließlich die letzte Schwimmbadstunde, um seine Bahnen zu ziehen. Eine Stunde reiche ihm, meint er, denn für seine Gesundheit ist das konsequente Schwimmen sehr wichtig, und es hilft auch gegen seine Depression. Außerdem ist dieser Kurzbesuch in der letzten Stunde selbst mit 12er-Karte nochmal günstiger, weil pro Feld zwei Eintritte gelöst werden können. Werner konnte mit einer solchen Karte also vierundzwanzig kurze Schwimmbadbesuche lösen.
Er „konnte“ – Vergangenheit!
Als Werner mit seiner neuen 12er-Karte den ersten Kurzbesuch lösen will, erfährt er beiläufig, dass diese langjährig geübte Praxis mit sofortiger Wirkung gestrichen wurde. Für Werner bedeutet das schlicht eine Preisverdoppelung.
Werner fragt, warum ihm das nicht beim Kartenverkauf gesagt wurde, dann hätte er doch die rabattierte Jahreskarte gekauft, das wäre für ihn immer noch besser, als die preisverdoppelten 12er-Karten. Die Antworten sind ausweichend, manchen Käufern wurde es gesagt, andere hätten eben Pech gehabt.
Werner ruft die Stadtverwaltung an, zuständig ist Frau G. und ihr Teamleiter Herr R. Werner möchte die 12er-Karten, die er unter falschen Voraussetzungen gekauft hat zurückgeben und sich die Jahreskarte kaufen. Frau G. klärt für ihn, dass er die Karten zurückgeben könne, jedoch nur eine normale Jahreskarte, ohne Sonderrabatt, kaufen könne, denn die Rabattaktion sei ja schließlich vorbei. Werner ist unzufrieden, denn wie viele andere Kunden hatte er ja auch an dem besagten Samstag in der Schlange gestanden, um günstige Eintrittskarten zu erwerben - ob man das nicht berücksichtigen könne und ihm die rabattierte Jahreskarte verkaufe, fragt er weiter.
Nein, das ginge nicht, sagt Frau G.
Werner will den Teamleiter Herrn R. sprechen, doch der ist krank, im Urlaub oder sonstwie nicht erreichbar.
Schließlich ruft Herr R. ihn kurz vor Weihnachten doch noch zurück. Werner erläutert erneut die Situation, stellt heraus, dass es viele Betroffene gibt (was er mittlerweile herausgefunden hatte) und hofft auf eine pragmatische Entscheidung. Es geht um einundzwanzig Euro, die er sparen könnte. Für ihn viel Geld, für die Stadt Menden, die ständig die Fußgängerzone für viel Geld verschlimmbessert, wohl eher eine Kleinigkeit.
Herr R. kündigt eine weitere Prüfung und sodann seinen Rückruf an.
Doch Herr R. ruft nicht persönlich zurück, stattdessen delegiert er die unangenehme Botschaft (keine rabattierte Karte, basta) an die freundlichen Damen von der Schwimmbadkasse.
Die waren wirklich nett, und es tat ihnen aufrichtig leid, wie das lief, sagt Werner. Er findet es unfair von der Führungskraft, dass er den Kassendamen die Überbringung der schlechten Nachrichten überlässt. Feigheit vor dem Kunden?
Auch den Chef von Herrn R, den Herr M. hatte Werner zwischenzeitlich noch kontaktiert. Ohne besonderes Ergebnis, denn Herr M. hat die Angelegenheit einfach wieder nach unten delegiert. Keine beherzte Chefentscheidung, keine Kulanz auch auf dieser Ebene.
Werner spielte noch mit dem Gedanken, den Bürgermeister selber anzurufen, vielleicht würde der Verständnis haben und eine mutige Entscheidung (mutig? Einundzwanzig Euro!) zu Gunsten eines Bürgers fällen, der eigentlich alles richtig gemacht hatte.
Doch Werner verwarf den Gedanken, er hatte die Nase voll von den vielen ergebnislosen Gesprächen mit sogenannten Entscheidungsträgern, und er gab schließlich resigniert auf.
Werner behält nun seine 12er-Karten. Er wird in diesem Jahr eben einige Schwimmbadbesuche weniger machen können. Er findet es unfair, dass er keine Rabattkarte kaufen darf, denn er war ja an dem Rabattsamstag vor Ort und die fehlende Information war bestimmt nicht sein Fehler.
Vielleicht ist Werner durch diese Vorgänge auch ein wenig politikverdrossener geworden. Verwaltungsverdrossener in jedem Fall.

Autor:

Wolfgang Grudda aus Menden (Sauerland)

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