78jähriger wegen 1,75 € vor Gericht

Eine kurze Meldung im IKZ, ein etwas längerer Bericht in der Westfalenpost  weckte meine Neugierde.

Die Staatsanwaltschaft beantragte einen Strafbefehl gegen einen 78jährigen Rentner wegen eines vereitelten Ladendiebstahls im Wert von 1,75 € (Frischkäse und Bildzeitung).
„Dass ein Diebstahl bei einem Warenwert von 1,75 Euro überhaupt vor Gericht landet, ist eine Ausnahme.
Amtsrichter Wefers hatte den beantragten Strafbefehl (Strafe per Post) der Staatsanwaltschaft nicht einfach so durchwinken wollen. Ihm war aufgefallen, dass der Mann schon im Januar 2014 wegen eines ähnlichen Diebstahls einen Strafbefehl über 600 Euro begleichen musste. Mit Blick auf das fortgeschrittene Alter des Angeklagten, sagt Wefers: „Wenn jemand wie Sie zum zweiten Mal innerhalb von zwei Jahren auffällt, dann wundert mich das.“ Er habe sich ein persönliches Bild des Angeklagten machen wollen.“

Keine Frage, Diebstahl soll nicht legitimiert werden und das Lesen der Bild-Zeitung unter Strafe zu stellen, darf diskutiert werden. Aber . . .

Treibjagd auf Hühnerdiebe

Wenn Amtsrichter André Wefers „sich ein persönliches Bild des Angeklagten machen wollte“, ist das möglicherweise kein ausreichender Grund ein Verfahren überhaupt zu eröffnen.

Der nicht namentlich genannte Verfasser des Artikels zitiert Amtsrichter Wefers mit den Worten: „Wenn jemand wie Sie zum zweiten Mal innerhalb von zwei Jahren auffällt, dann wundert mich das.“ – Von Januar 2014 bis zum Prozess im September 2017. „Innerhalb von zwei Jahren“? – Die Zeitangaben irritieren mich.

Aber die Verjährungsfristen bei schwerem Diebstahl liegen bei 5 Jahren. Bei einer genannten abgegoltenen Geldstrafe dürfte möglicherweise der vorgelagerte Vorfall in der Strafmaßbemessung gar nicht mehr zum Tragen kommen?

Somit bleiben weitere Bedenken bei der Strafmaßbemessung. Der ertappte Ladendieb hatte also die 1,75 € bezahlt. Der Aldi-Filiale ist somit kein Schaden entstanden. Das gilt allerdings nicht für den Steuerzahler durch solche Bagatell-Prozesse. Bleiben 400,00 € Geldstrafe für 1,75 € sind immerhin das 229fache. Bei der Automobilkonzernen und Energieriesen würde ein solches Strafmaß sehr entlastend für die Staatsverschuldung.

Urteilsanforderung: 78-Jähriger Dieb wegen 1,75 € vor Gericht

Ich habe mir mal erlaubt das Urteil im Volltext anzufordern. Es soll veröffentlicht werden.

Und mit dem Betroffenen würde ich gern persönlich sprechen, sofern er das möchte und Kenntnis von diesem Bericht erhält. Also bitte weitersagen, wer ihn kennt.

Autor:

Ulrich Wockelmann aus Iserlohn

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