Durch viele Augen besser sehen?

Manchmal frage ich mich, wie die Welt aus der Perspektive einer Fliege aussieht. Durch ihre Facetten-Augen, den Occuli Compositi, haben die Insekten zwar eine eingeschränkte Auflösung, sehen also nicht so klar wie wir, haben aber dafür ein wesentlich größeres Blickfeld und können auch Bewegungen viel schneller wahrnehmen. Ich könnte also vielleicht sogar die einzelnen Flügelschläge eines Kolibris erkennen.

In vielen Sprachen gibt es das Sprichwort, dass man "durch viele Augen besser sieht", also durch verschiedene Perspektiven in seinem Urteil bereichert wird. Dies möchte natürlich nicht sagen, dass die Anzahl der Augen der entscheidende Faktor ist, sondern die Kombination verschiedener Augen mit verschiedenen, denkbefähigten Wesen. Und woher kommt nun dieses Sprichwort? Können wir unseren eigenen Augen etwa nicht trauen?

Was sehen wir wirklich durch unsere Augen? Sie bilden das ab, was wir oft als die Realität akzeptieren. Und sicher ist das, was unser Sehorgan isoliert produziert, ein recht zuverlässiges Abbild, eine Art Foto der Realität. Was passiert aber danach? Der Sehprozess ist schließlich etwas, bei dem wir nicht strikt zwischen Bildaufnahme und Bildverarbeitung unterscheiden können, wie es bei manuellen Kameras möglich war. Die Verarbeitung der neutralen Bildinformation durch unser Gehirn ist ein direkt angeschlossener, untrennbarer Prozess.

Und was passiert während der Verarbeitung? Ein erster signifikanter Verarbeitungsschritt ist die Filterung der Information. Damit wir nicht völlig von der Flut an Sinnes- und Bildreizen überfordert werden, grenzt unsere Wahrnehmung (unser Thalamus) also zunächst viele Informationen aus, die nicht im Fokus unserer Aufmerksamkeit stehen und nicht bedrohlich erscheinen. Die Informationen, die uns erreichen werden beeinflusst von Emotionen und Erfahrungen, wie einige (evolutions-) psychologische Experimente gezeigt haben (Studie1, Studie2). Es sind noch immer nicht alle Prozesse abschließend geklärt und erforscht, trotzdem wird deutlich, dass uns nicht alles erreicht, was als Lichtwelle in unsere Augen fällt und das, was uns erreicht auf dem Weg modelliert wird.

Sollten wir uns also vielleicht öfters fragen, was wir grade wirklich sehen? Und was in uns, welche Emotion, welche Erfahrung das Bild, das wir grade empfangen, vielleicht positiv oder negativ einfärbt und verändert?

Autor:

Pia-Marie Droste aus Menden (Sauerland)

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