36 Prozent der NRW-Wälder sind krank!
Die NRW-Landesregierung hat heute (Freitag, 14. 11. 2014) den neuen Waldzustandsbericht vorgelegt. Fazit: Die Wälder sind so krank wie noch nie seit dieser Beginn dieser Erhebung, die 1984 gestartet wurde.
In der Pressemitteilung des Umweltministeriums heißt es:
Die extremen Wetterbedingungen in diesem Jahr haben die Wälder in NRW in Mitleidenschaft gezogen. Nach dem aktuellen Waldzustandsbericht 2014 der Landesregierung weisen 36 Prozent der Bäume zwischen Rhein und Weser deutliche Schädigungen auf. Es ist der höchste Wert seit dem Beginn der Erhebungen vor 30 Jahren. Nur noch 23 Prozent der Bäume in NRW weisen keinerlei Kronenverlichtungen auf und gelten daher als gesund.
"Naturerbe
schützen"
„Unsere Wälder sind Alleskönner: Sie sind wichtige Lebensräume für Tiere und Pflanzen und damit Teil des wilden Nordrhein-Westfalens. Sie dienen den Menschen zur Erholung und sind Produktionsstätten für den nachwachsenden Rohstoff Holz“, sagte Umweltminister Johannes Remmel bei der Vorstellung des Waldzustands-berichtes für NRW.
„Wir müssen dieses Naturerbe schützen. Heute bedroht zwar nicht mehr in erster Linie der saure Regen unsere Wälder, wie noch in den 80er und 90er Jahren. Es sind vielmehr die sich abzeichnenden Wetterextreme als Folge des Klimawandels, die den Wald zu schaffen machen.“
Dies zeige sich in diesem Jahr insbesondere am schlechten Abschneiden der Buche, dem Urbaum unseres Landes.
Remmel: „Wir tragen die globale Verantwortung für die Buchenwälder. Rotbuchenwälder wachsen nur in Europa. Und Nordrhein-Westfalen liegt im Zentrum der natürlichen Buchenverbreitung."
Reaktion auf
das Waldsterben
Die Waldzustandserhebung wurde im Jahr 1984 als Reaktion auf das damals diskutierte Waldsterben und die hohen industriellen Belastungen erstmals durchgeführt. Die Ergebnisse der Walduntersuchungen haben sich seitdem stetig verschlechtert.
Während bei der ersten Waldzustandserhebung 1984 noch 59 Prozent der Bäume in NRW ohne Schäden und nur 10 Prozent in der höchsten Schadensklasse waren, liegt der Anteil heute bei nur noch 23 Prozent Bäumen ohne Schäden. 2013 waren es noch 27 Prozent. „Unsere Böden haben ein Langzeitgedächtnis und auch heute finden wir die Spuren der industriellen Belastung der Vergangenheit. Aber es hat sich gezeigt, dass die ambitionierte Umweltpolitik gewirkt hat: Durch moderne Filter in den Industrieanlagen gehen die Luft-Belastungen und damit auch die Belastungen in unseren Böden zurück. Der Wald heute muss neue Herausforderungen meistern, vor allem den Klimawandel“, sagte Remmel.
Der Zustand
der wichtigsten Baumarten
in der Übersicht
Die Buche bildet in immer kürzeren Zeitintervallen und die damit verbundene starke Fruchtbildung führt zu einer schwächeren Ausprägung des Blattwerkes. Die Kronenverlichtung ist in diesem Jahr auf 55 Prozent gestiegen, im Vorjahr waren es nur 29 Prozent. Die Zahl der Buchen ohne Schädigungen fiel von 28 auf nur noch 12 Prozent.
Die Eiche konnte sich leicht erholen, auch wenn der Anteil der Bäume ohne jede Verlichtung geringfügig abgenommen hat (von 17 auf 15 Prozent).
Auch die Kronenverlichtung der Kiefer hat sich leicht verbessert. Kiefern ohne Schädigungen stiegen von 15 auf 16 Prozent. Bäume mit deutlichen Schäden reduzierten sich von 24 auf 23 Prozent.
Der Zustand der Fichte hat sich abermals verschlechtert: Die Anzahl der Fichten ohne Schädigungen ging von 29 auf 27 Prozent zurück. Gleichzeitig stieg der Anteil mit deutlichen Schädigungen von 26 auf 33 Prozent an. Im Laufe der letzten drei Jahre nahm ihre Benadelung schrittweise ab.
"Extreme
Bedingungen"
Das Klima in unseren Breiten sei zwar meist von milden Temperaturen geprägt, „doch der letzte Winter war selbst für unsere Verhältnisse zu warm und zu trocken“, erklärte Lutz Falkenried vom Landesbetrieb Wald und Holz NRW, der als Studienleiter die Erhebungen für den Waldzustandsbericht mit seinen Kolleginnen und Kollegen durchführte. „Die Trockenzeit dauerte diesmal sechs Monate in Folge bis Ende April an. So begann die forstliche Vegetationszeit zweieinhalb Wochen früher - verglichen mit der Frühlingszeit von vor 20 Jahren. Es ist davon auszu-gehen, dass die Fichten bereits im April unter Trockenstress litten“, sagte Falkenried.
„Die Tendenz zeigt: Es gibt ein immer wärmeres und trockeneres Klima in der Haupt-Vegetationszeit. Der Wald muss sich dementsprechend anpassen, dieser Prozess setzt ihn stark unter Stress. Für den Lebenszyklus eines Waldes finden diese Prozesse in relativ kurzen Zeiträumen statt“, ergänzte Andreas Wiebe, Leiter des Landesbetriebes Wald und Holz NRW. Betroffen waren diesmal die Wälder im Rheinland und im Ballungsraum Rhein-Ruhr, wo es infolge starker Orkanböen zu großem Windwurf kam. Nicht zuletzt begünstigte dieses Jahr die außergewöhnlich hohe Luftfeuchtigkeit die Pilzinfektionen auf Blättern und an jungen Trieben von Bäumen.
Info:
Statistik
Wald bedeckt rund ein Viertel der Landesfläche von NRW. Damit stehen jeder Einwohnerin und jedem Einwohner im Schnitt rund 500 m2 Wald zur Verfügung (Bundesdurchschnitt: 1200 m2). Für den Waldzustandsbericht wird jedes Jahr im Juli und August der Kronenzustand von rund 10.000 Einzelbäumen nach einem vorgegebenen Stichprobenverfahren von Fachleuten aus der Forstwirtschaft begutachtet. Unter Einbeziehung von Wetterdaten und der Entwicklung von Schadorganismen werden die Ergebnisse ausgewertet und im Waldzustandsbericht zusammengefasst.
Autor:Hans-Jürgen Köhler aus Menden (Sauerland) |
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