Helfer gingen bis an ihre Grenzen
Welle der Hilfsbereitschaft
Als die Elternvertreter der Mendener Kitas (JAEB) Anfang der Woche beschlossen, wie in vielen anderen Städten auch eine Sammlung für die aus der Ukraine geflüchteten Menschen durchzuführen, ahnten Sie noch nicht, welche Welle der Hilfsbereitschaft da auf sie zurollte. Auf die Frage, wer seine Garage zum Unterstellen der Spenden zur Verfügung stellen wolle, meldete sich Daniel Büttinghaus. Zur Not könne man ja auch etwas in seiner Halle unterbringen.
Doch bereits zum Ende des ersten Tages, an dem die Spender ab 14 Uhr unter anderem Kleidung, Notfall- und Hygieneartikel oder auch Babynahrung und Schlafsäcke abgeben konnten, waren die Helfer vor Ort noch weit nach 18 Uhr damit beschäftigt, den Platz vor der Fabrikhalle (die Garage bzw. das Carport waren schon gar nicht mehr zu sehen) in der Sudetenstraße wieder leer zu bekommen um Platz für den Nachschub zu schaffen. Am zweiten Tag hielt die Spendenflut ab 9 Uhr unvermindert an. Einen Stoßzeufzer gen Himmel stießen die allesamt ehrenamtlichen Helfer, als zum Ende des zweiten Tages hin die Mendener Feuerwehr plötzlich mit der Jugendmannschaft, Zelten und Paletten auftauchte. Denn mittlerweile war klar: Die vorhandene Werkhalle der Bürstenfabrik Martin platzte bereits aus allen Nähten und irgendwo mussten die Waren untergestellt werden. Doch nicht nur Waren wurden gebracht: Ab und an stand auch jemand einfach vor dem Team und frug, ob vielleicht ein LKW gebraucht würde. Im Anblick der Berge an Kartons schallte demjenigen stets ein erleichtertes JA entgegen.
Froh waren die Helfer auch, wenn die Spender die Sachen bereits vorsortiert hatten und zudem in Kartons anlieferten. Allerdings war das die Seltenheit. Deshalb stapelten sich Säcke von Plastiktüten und Einwegtaschen voll mit gemischter Kleidung, Schuhen und Neuwaren aus Drogerien auf dem großen Platz. Kommentar eines Mithelfers: „Die haben unsere beiden Drogerien in Menden leer gekauft!“ Eine grobe Sortierung erfolgte bereits beim Eintreffen der spendenwilligen Mendener Bevölkerung: „Haben Sie Herren-, Damen- oder Kinderkleidung? Kinderkleidung bitte hier links stapeln.“ Alles Gemischte wurde hinter den beiden Frauen verteilt, die den anschwellenden Strom der Spender in die richtigen Bahnen lenken wollte. Wem das Warten zu lange dauerte weil ihm der Karton oder der Sack zu schwer wurde, fand sich bald mitten in der „Sortierzone“ wieder. „Sie haben Schuhe? Dann legen Sie sie bitte dort hinter dem Berg Kinderkleidung ab.“ Ein verzweifelter Blick, waren die Schuhe doch von der Stelle schon gar nicht mehr auszumachen. „Dort hinter dem Kinderwagen führt ein kleiner Pfad durch die Kartonreihen zu den Schuhen,“ versuchte man dann der Dame mit einer Wegbeschreibung zu helfen. Aus den Pfaden zwischen den Kartons und Säcken wurden im Laufe des Tages jedoch gefühlte Canyons. Gegen 18 Uhr ließ der Strom der Spenden-Bringer nach und der Platz vor der Halle gestaltete sich übersichtlicher – bis man sich umdrehte und zum Tor schaute. Der Berg an Waren der sich mittlerweile dort stapelte war mittlerweile größer als der vor der Halle gewesen war. Doch die Helfer packten aus, sortierten, packten wieder neu ein, beschrifteten und wuchteten dann die ganzen Kartons entweder in die letzten freien Ecken der Halle oder unter die neu aufgebauten Zelte der Feuerwehr.
Bereits am dritten Tag: "Stop! Keine Kleidung mehr"
Zum Ende des dritten Tages hieß es dann: „Stop! Wir benötigen keine Kleidung mehr!“ Und da waren bereits drei LKW beladen mit Waren vom Hof gefahren. Was jedoch noch gerne genommen wurde waren haltbare Lebensmittel wie Konserven und Medikamente. Am heutigen letzten Sammeltag waren alle Zelte voll. Immer noch wurden Spenden gebracht. Über WhattsApp und Social Media wurden weitere Helfer organisiert um den Berg an Sachspenden sortiert zu bekommen. Kinderkleidung ging noch, Hygieneartikel und Batterien oder Medikamente. Doch Damen und Herrenkleidung musste entweder zu einer anderen Sammelstelle gebracht oder eben wieder mit nach Hause genommen werden für die nächste Sammlung. Nach diesen vier Tagen sind alle die mitgeholfen haben jedoch nicht nur körperlich an ihre Grenzen gegangen. Auch die Emotionen fanden hier und dort ihren Weg nach draußen wenn man hier das ganze Kinderspielzeug und dort in einem anderen Riesensack vollkommen neue und noch etikettierte kleine Handschuhe, Mützen und Beanies auf ihre neuen Träger warteten. „Offensichtlich wollen die Menschen alle IRGENDETWAS tun um den Menschen in der Ukraine zu helfen. Diese Ohnmacht kann keiner ertragen“, mutmaßte ein Mann, der von seinem Nachbarn auch noch Säcke Kleidung mit dabei hatte. Wer jetzt noch Sachen hat, die hilfreich sein können, die aber momentan nicht mehr angenommen werden, solle sie nicht zu weit weg legen. „Die nächste Sammlung kommt bestimmt und außerdem werden auch Flüchtlingsfamilien in Menden erwartet“ heißt es.
Liste: Wer Flüchtlinge aufnehmen will
Auch hierfür gibt es eine aushängende Liste bzw. Ansprechpartner in der Sudetenstraße. Wer ein Zimmer frei hat oder jemanden aufnehmen möchte, oder wer einen Bus hat und entsprechend Flüchtlinge abholen könnte, kann sich hier oder unter Tel. 0179/4269345 melden. Der Kontakt zu den Lagern in Polen wird dann hergestellt. Aber bleibt denn noch etwas übrig für die, die bei uns in der Stadt untergebracht werden? „Auch für die noch kommenden Flüchtlinge haben wir bereits Sachen wie z. B. Matratzen zurück gelegt“ heißt es von den Organisatoren. Der morgige Samstag wird dazu genutzt, alles auf LKW und Transporter zu verteilen. Dann geht die Fahrt direkt zu den Auffanglagern nach Polen. Wer am Samstag noch beim Sortieren helfen kann, kann sich ab 9 Uhr an der Sudetenstraße 11 melden.
Autor:Karolin Rath-Afting aus Menden (Sauerland) |
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