„Alles Lüge!“
Pfarrer Frank Fiedler zu Verschwörungsmythen

Pfarrer Frank Fiedler weist auf die Gefahr von Verschwörungserzählungen hin. | Foto: Dr. Malgorzata Hartwich
  • Pfarrer Frank Fiedler weist auf die Gefahr von Verschwörungserzählungen hin.
  • Foto: Dr. Malgorzata Hartwich
  • hochgeladen von Dr. Malgorzata Hartwich

Verschwörungsmythen greifen gerade in Krisenzeiten vermehrt um sich. Nicht nur im Netz begegnen sie uns. Viele Menschen suchen sich die Informationen, die sie in ihrer Meinung unterstützen. Davor warnt Pfarrer Frank Fiedler von der Evangelischen Kirchengemeinde Menden in seiner Predigt zum nächsten Wochenende:

"Verschwörungsmythen verbreiten sich nicht nur im Netz ähnlich rasant aus wie das Corona-Virus und sind schon lange kein Randphänomen mehr. Corona sei eine Erfindung der Pharmaindustrie! Menschen, die daran erkranken, müssen so für ihre Sünden büßen! Das Virus wurde in chinesischen Geheimlaboren gezüchtet! Da wird eine Impflobby beschworen und behauptet, Microsoft-Gründer Bill Gates sei für die Pandemie verantwortlich. Einige Verschwörungsideologen mutmaßten zudem, es hätte bei der COVID-19 Pandemie keine Todesopfer gegeben und bei den Angehörigen und ehemals Erkrankten, die in der Presse zu sehen waren, handele es sich um bezahlte Schauspieler.
Eine solche Haltung kann gefährliche Konsequenzen haben. Wer meint, dass das Virus nicht gefährlicher sei als eine Erkältung, hält sich nicht an empfohlene Maßnahmen. So gefährdet man nicht nur sich selbst, sondern wird auch zum Risiko für andere.

Im Hebräerbrief (13,9) lesen wir einen schönen und guten Rat:

Lasst euch nicht durch mancherlei und fremde Lehren umtreiben, denn es ist ein köstlich Ding, dass das Herz fest werde, welches geschieht durch Gnade.

„Mancherlei und fremde Lehre“, das gab es schon immer: Als die Schwarze Pest während des Mittelalters wütete, wurde Juden vorgeworfen, sie würden Brunnen vergiften. Das befeuerte schreckliche Pogrome in ganz Europa. Während der NS-Zeit waren die „Protokolle der Weisen von Zion“, - eine Hetzschrift, in der behauptet wird, es gäbe eine jüdische Weltverschwörung, - Teil des Schulunterrichts. Der Mythos einer jüdischen Weltverschwörung war politisch gewollt und wurde massiv verbreitet.
Solche Verschwörungserzählungen haben manches gemeinsam:
- Sie sprechen gern von einer allgemeinen Bedrohung. Es geht nicht um etwas Privates, sondern um eine allgemeine Gefahr.
- Den Personen, die in den Verschwörungsmythen vorkommen, wird grundsätzlich Niedertracht unterstellt -, denken wir an die Zehntausende und Hunderttausende, die in Europa als Hexen (und Hexer) verfolgt und getötet wurden.
- Schließlich wird von den Menschen oder Organisationen behauptet, sie hätten die Macht, ihr niederträchtiges Ansinnen auch durchzuführen.
Verschwörungserzählungen sind eine Strategie, mit einer Situation umzugehen, in der Menschen das Gefühl haben, keine Kontrolle zu haben. Die Verschwörungserzählung strukturiert die Welt. Es gibt in dieser Logik „die bösen Verschwörer“ und die, die scheinbar die Wahrheit sehen. Dadurch wird die Welt begreifbarer. Wenn Menschen in Unsicherheit leben, sind sie empfänglicher für Verschwörungsmythen.
Dabei wird der christliche Glaube an die Herrschaft Gottes umgedreht: Geglaubt wird nun, dass die ganze Welt von einer bösen Macht regiert würde. Verschwörungsgläubige glauben an die Weltherrschaft des Bösen, und sie deuten sich damit ihre ganze Welt: Sie seien sind die Erwachten, sie seien diejenigen, die den Durchblick haben, während alle anderen getäuscht würden. Am Ende denkt man dann: „Ich bin der Gute und die anderen sind die Bösen.“
Schaffen wir es, in einer komplizierten Welt auf solch „mancherlei und fremde Lehre“, auf solch einfache Wahrheiten zu verzichten?
Wenn unser Herz sich nirgends festmachen kann, ist es hin- und hergerissen. Ein bedrohlicher Zustand. Doch wir dürfen unser Herz immer wieder von Jesus Christus festigen lassen. Bei ihm werden unsere Herzensangelegenheiten so behandelt, dass eindeutig die guten und heilsamen Mächte regieren. Bei ihm regiert die Gnade, und ich kann mit mir selbst und anderen gnädig sein."
 
Ihr Frank Fiedler
Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinde Menden

Autor:

Lokalkompass Menden aus Menden (Sauerland)

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

3 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.