Mendenerin ist froh, anderen Menschen helfen zu können: Sie näht Schutzmasken
Die Nadel glüht

Über solche Rückmeldungen freut sich das Mendener Paar - Geld aber wollen sie keines. Es soll wieder gespendet werden. | Foto: K. Rath-Afting
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  • Über solche Rückmeldungen freut sich das Mendener Paar - Geld aber wollen sie keines. Es soll wieder gespendet werden.
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Mitten in einem kleinen Dorf am Rand des Sauerlandes befindet sich zur Zeit ein gefragter Hotspot für selbst genähte Schutzmasken. In Schwitten, einem Mendener Stadtteil, hat Liesel Frohwein gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten Rainer Weber seit Mitte März annähernd 1700 Masken fertig gestellt.

Und es wird weiter genäht. "Wir haben angefangen als klar wurde, das Virus kommt auch nach Deutschland und breitet sich weiter aus", so Liesel Frohwein. Erst waren sie von sich aus auf Krankenhäuser und Pflegeheime zugegangen und hatten sogar auch dankend Absagen erhalten - es seien genügend Schutzmasken vorrätig. Mittlerweile haben die beiden rüstigen Rentner die Feuerwehr Menden, den VKM, die Malteser, Taxiunternehmen, die Deutsche Bundespost und heimische Fußballvereine auf ihrer Abnehmerliste stehen. Anfragen kommen mittlerweile auch aus Fröndenberg und Sümmern. Gerade Schulen fragten nun, da diese geöffnet würden, verstärkt an, so Frohwein.

Vier Größen werden gefertigt

"Wir nähen mittlerweile in vier Größen", beschreibt sie ihre Arbeit. "Die Wangenknochen bei den Männern sitzen weiter auseinander, für Frauen gibt es eine Größe, Jugendliche und Kinder sind ebenfalls in zwei Größen vertreten." Sogar Kleinkinder könnten eine Maske tragen - da helfe der Vorführeffekt der Eltern. "Was Mami im Gesicht trägt, will ich auch haben" gibt Frohwein ihre Beobachtungen wieder. Oder vielmehr das Gehörte. Da sie zur Risikogruppe gehören, ist es mit den Beobachtungen nicht ganz so einfach vom heimischen Wohnzimmer aus. Nachbars Kinder helfen beim Einkauf und Bestellungen für Schutzmasken werden per Telefon oder Internet geregelt. Die Ware verpackt und im Treppenhaus, "dem Auslieferungslager" lacht sie, bereit gestellt. Klingelt der Abnehmer zum vereinbarten Termin tritt dieser von der Tür zurück und die verpackte Ware wird draußen vor der Tür abgelegt von wo ihn dann der dankbare Kunde wiederum entgegen nimmt. Apropos dankbar: "Da hat uns doch jemand eine Karte mit einem Geldschein in den Briefkasten geworfen! Wir nehmen aber dafür kein Geld. Das und alle Sachen, die uns rein gereicht werden als Dankeschön, möchten wir gerne wieder mit anderen teilen." Da ist Liesel Frohwein ganz resolut: "Das wird wieder gespendet wenn der ganze Spuk hier vorbei ist!" Aber so selbst gemalte Herzchen mit lieben Worten drauf und diese ganzen Gesten - die tun dem Paar sichtlich gut. "Bei uns kommt jedenfalls keine Langeweile auf". Ihre gute 50 Jahre alte Nähmaschine hat sie bereits verschlissen. "Die Neue hat so viel Schnickschnack, den brauch ich gar nicht - aber ich brauchte eine Nähmaschine." Und dann zeigt sie auf die Vorräte, die seit dem letzten Interview noch angewachsen sind und sich nun an den Wänden im Wohnzimmer stapeln.

"Das gute alte Leinen"

Ganze Aussteuerkisten seien dabei. "Meine 50-Jahre alten Leinentücher sind auch schon vernäht worden. Was sollte ich damit? Und die halten was aus!" Schließlich müsse der Mundschutz regelmäßig bei mindestens 90 Grad gewaschen werden mit Vollwaschmittel. "So wie früher, einfach Wasser aufkochen, Waschmittel rein und ein paar Mal die Tücher durchziehen und trocknen lassen! " Das sei besser als Mikrowelle oder Backofen, ist sie sich sicher. Die beiden sind, was Gummis angeht auch schon richtige Experten. Die "Goldzack" ist zu hart für zarte Kinderohren und feine runde Gummis ideal für Hörgeräteträger. Einige Gummis seien weniger elastisch als andere und Rainer Weber schimpft dann über die festen, die man schlecht knoten kann. Er ist für die Zu-Arbeiten zuständig. Liesel Frohwein wirft die Nähmaschine an und legt los. Ihr Partner schiebt im Akkord die Drähte in die halb fertig gestellten Masken (die er vorher auch schon dutzendweise zugeschnitten hat) und sie legt sie nacheinander unter die Nadel. In der Küche liegt ein ganzer Stapel Masken für Kinder und Jugendliche. Auch für die Mendener Kindergärten. Die Bürgerbeauftragte von Menden sei ihr Ansprechpartner, so Frohwein. "Ich komme ja gar nicht mehr zum Nähen, wenn es hier ständig klingelt".

Bestellungen nur über das Ordnungsamt

Also werden Anfragen nun beim Ordnungsamt gesammelt (Ansprechpartner Heike Berkes, Bürgerbeauftragte der Stadt Menden, menden.de/einkaufshilfen). Und wenn dort eine gewisse Anzahl an Bestellungen eingegangen ist, von Menschen, die keine mehr in den Geschäften bekommen können oder sich keine leisten können oder die selber das Haus nicht verlassen dürfen, dann wird bei Frohweins bestellt und gefertigt. "Wir sind sonst viel gereist in Deutschland. Das Geld haben wir jetzt halt in Gummis und Nähgarn investiert." Alleine 600 Meter Gummi seien schon gekauft und 12.000 Meter Garn vernäht worden. Und was noch wichtig sei, so Frohwein, ihre Masken seien kein Sondermüll wie die anderen gekauften grünen oder weißen Masken. Über die Welle der Hilfsbereitschaft freuen sich die beiden besonders. Eine alte Dame habe ein kleines Knäuel Gummi gebracht, mehr hätte sie nicht aber sie wolle doch helfen. "Das ist so berührend, das gibt uns sehr viel zurück!" Und sie möchten auch etwas zurück geben: Da sehr viele sagen würden, sie könnten nicht nähen, hätte sie mit den ersten, die Stoffe vorbei gebracht haben, Hilfe in einem "Nähkursus nach Corona" in Verbindung mit einer Tasse Kaffee vereinbart. Dann wird sicher auch wieder viel gesprochen, über diese vergangenen Corona-Zeiten.

Autor:

Karolin Rath-Afting aus Menden (Sauerland)

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