KunstFest PASSAGEN
Sonderausstellung "Auf ganzer Linie" im Gut
Als Teil des KunstFest PASSAGEN wird im Kaminsaal am Samstag, 26. August, um 15 Uhr die Sonderausstellung „Auf ganzer Linie“ eröffnet. Zwei Künstlerinnen, Angelika Schäfer (Hilchenbach) und die international tätige Bildhauerin Angelika Summa (Würzburg) konnten für diese ungewöhnliche Ausstellung gewonnen werden. Die Objekte, Collagen und Skulpturen der beiden Künstlerinnen sind aus Nadeln, Draht und anderen Metallen gefertigt. Mit ihren beeindruckenden Werken kann insbesondere auch die inhaltliche Anbindung an die Dauerausstellung zur Industriegeschichte auf Gut Rödinghausen in den Fokus gerückt werden.
An die Eröffnungsveranstaltung schließt sich eine außergewöhnliche Kunstperformance an, bei der die einzigartigen Körperskulpturen - eine eigene Werkfolge der Bildhauerin Angelika Summa - vorgeführt werden. Die außergewöhnliche Darbietung verblüfft mit einer kreativen Verschmelzung von Kunst und Bewegung, die die Grenzen zwischen Form und Körper auf eindrückliche Weise verwischt. Metallskulpturen werden beweglich, indem menschliche Körper und Kunstwerke auf eindrückliche Weise zu „Körperskulpturen“ verschmelzen. Bei diesen „tragbaren“ Skulpturen erzielt der spannungsvolle Kontrast zwischen nackter, empfindlicher, ungeschützter Haut und der Bekleidung aus kalten, harten, scharfkantigen Metallblechen und -geweben, Kabeln und Drähten eine beeindruckende Wirkung.
Die Würzburger Bildhauerin Angelika Summa ist international tätig. Frankreich, Schweden, Mexiko, China und Australien sind nur einige der Länder, in denen sie ihre Werke ausgestellt hat. Zahlreiche ihrer Arbeiten befinden sich in öffentlichem Besitz. Sie schildert ihre künstlerische Arbeit mit folgenden Worten: „Meine Liebe gilt dem Gewirr, dem Geflecht, der Kompliziertheit von Strukturen, die aus prozesshaftem Tun und Denken erwachsen und dem Drang folgen, den Faden nicht zu verlieren. Irrwege sind dabei nicht ausgeschlossen. Aber letztlich ergibt sich die Lösung, sprich die richtige skulpturale Gestalt, zwingend und ist nicht mehr zu verfehlen.“
Das bevorzugte Material von Angelika Summa ist Draht in allen erdenklichen Stärken. Mit den verschiedensten Techniken wie Wickeln, Verknoten, Knüpfen, Häkeln, aber auch Löten und Schweißen, formt sie aus Drähten filigrane Kleinobjekte ebenso wie raumgreifende Skulpturen. Aber auch andere metallene Materialien kommen zum Einsatz: Nägel, Rohre, Bleche, Metallbänder, die sie in traditioneller Handwerkskunst verarbeitet, indem sie die Werkstoffe zu Kunstobjekten wickelt oder verknotet, bevor sie zum Schweißbrenner greift. Immer geht es dabei um das Entwickeln eines plastischen Volumens, das zwar bevorzugt in einer geometrischen Form seinen Anfang nimmt, endlich aber in einem geschlossenen, vielleicht chaotisch wirkenden Ganzen - Widerspenstigkeit wie Biegsamkeit des Materials werden dabei genutzt, ohne jedoch bestimmend zu sein - mündet, bei dem sich Anfang und Ende nicht mehr ausmachen lassen.
Es entstehen stets eigenwillige Gebilde, 'mal labil und anschmiegsam, 'mal unnahbar, aggressiv und nicht selten ironisch. Für ihre innovativen Wege in Arbeitsweise und Formschöpfung wurde die Bildhauerin mit zahlreichen Preisen und Auszeichnungen bedacht, unter anderem mit dem Kulturpreis der Stadt Würzburg, dem PEMA-Kunstpreis Bayreuth und 2017 mit dem Deutschen Verzinkerpreis in der Kategorie Metallgestaltung.
Die bekannte Künstlerin Angelika Schäfer ließ sich in ihrer künstlerischen Entwicklung von der heimischen Nadelproduktion inspirieren. Ab 1991 definierte die ausgebildete Bildweberin die Anwendung der Nadel in ihren Werken neu und wandte sich vom reinen Kunsthandwerk ab. Die Nadel ist nicht mehr Gebrauchsgut, sondern wird zum künstlerischen Material. Es wird massenweise eingesetzt, entsprechend der industriellen Produktion und Anwendung. Der Einsatz der Nadel soll keinerlei dekorativen Mustern folgen. Statt wie bisher im Arbeitsprozess einer bestimmten Funktion zu folgen, bleiben die Nadeln nun als sichtbare – materialisierte – Linien bestehen.
Damit setzt Angelika M. Schäfer den bekannten Funktionszusammenhang zwischen Nadel und Tuch in ein neues Verhältnis. Schuf sie früher bildhafte Gewebe, so erhalten Nadeln nun Raum, Bilder zu malen: Ungegenständliches, Zeichenhaftes, wiederkehrende Reihungen aus Fäden, Nadeln und Lochspuren. Dies alles erinnert an die strukturelle Ordnung des textilen Gewebes, manchmal an Wörter, Texte und Textbilder.
Durch Veränderung der Perspektive zeichnen Nadeln Schatten und erwecken den Eindruck von
Strichzeichnungen, malen andere Bilder einer neuen Dimension, füllen das ganze Bild, gehen darüber hinaus. Angelika M. Schäfer beschreibt ihre künstlerische Intention wie folgt: „Die Affinität zum Faden wurzelt in meiner ursprünglichen beruflichen Tätigkeit als ausgebildete Bildweberin. Seit einigen Jahren verknüpfe ich Nadel und Faden miteinander und untersuche diese vertrauten, höchst simplen Materialien auf ungewohnte verborgene Potenziale und Perspektiven hin. Neues wird entdeckt und Neues entsteht in diesem eigenen Objekt- und Bildkosmos aus Strukturen, Linien, Rillen, Spitzen, Knoten und Kanten.“
Die Ausstellung ist über die PASSAGEN hinaus bis zum 22. Oktober zugänglich.
Autor:Andrea Rosenthal aus Mülheim an der Ruhr |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.