Räumliche Orientierung - oder, wie funktioniert das eigentlich ohne Navi?

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Wie funktioniert eigentlich unsere räumliche Orientierung? Ein System, das bei den einen besser zu funktionieren scheint, als bei anderen, das aber auch sehr abhängig vom Umfeld erscheint. Und was hat eigentlich der Aufbau von Städten und die Form, in der Adressen und Navigationsgeräte zur Verfügung stehen, damit zu tun?

Wächst man in Deutschland oder anderen europäischen Ländern auf, ist man relativ verwöhnt, was Adressen angeht. Normalerweise besteht eine Adresse aus Straße, Hausnummer und Stadt oder Postleitzahl, sodass Verwechslungen quasi unmöglich sind. Gibt man in einer virtuellen Karte die Adresse ein, wird sie einem in der Regel direkt angezeigt, sodass man sie oft ohne große Probleme finden kann. In vielen anderen Ländern funktioniert dieses System etwas anders.

Als ich Anfang 2017 zwei Monate in Ghana verbracht habe, habe ich festgestellt, dass die meisten Straßen keine Namen, die Häuser keine Nummern haben und Straßenkarten eigentlich nur über Koordinaten oder feste Orientierungspunkte wie ein Krankenhaus funktionieren, wenn man sich zu einem Ort führen lassen will. Auch hier in Costa Rica haben nicht alle Straßen Namen und die Häuser keine Nummern. Zwar ist die Innenstadt in der Regel nach dem US-amerikanischen System durchnummeriert und nach Himmelsrichtungen aufgeteilt (Calle 1, Avenida 1 etc.), dies trifft für Straßen weiter außerhalb aber nicht immer zu.

Wie funktioniert also ein System ohne konkrete Bezeichnung der Orte? Orte, Häuser oder andere Ziele werden einfach umschrieben und die Namen der jeweiligen Bezirke oder Stadtteile gewinnen an Bedeutung. So wohne ich in Costa Rica beispielsweise im Kanton „Desamparados“, das jeweils in Unterbezirke aufgeteilt ist. In meinem Unterbezirk wohne ich dann in der Nähe der „Villa Olympica“, einem öffentlichen Sportpark, im grünen Haus mit Garten auf der linken Seite. Diese Beschreibung hilft tatsächlich den meisten, am gewünschten Zielort anzukommen, die meisten haben also einen sehr guten Überblick über markante Punkte wie wichtige Gebäude oder Parks. Hilft also diese Art des Zurechtfindens dabei, seine Umgebung bewusster wahrzunehmen und fördert es vielleicht sogar die Orientierungsfähigkeit?

Definitiv scheinen viele Menschen sich hier etwas einfacher zurechtzufinden, als ich es in meinem Umfeld Deutschland erlebt habe. Bis auf die Menschen natürlich, die, wie auch in Deutschland, eine Form der Abhängigkeit von Navigationsgeräten entwickelt haben. Diese Beobachtungen entsprechen jedoch natürlich einer subjektiven Empfindung und keineswegs empirischen Fakten.

Wissenschaftlich gesichert ist jedoch, dass wir für unsere Orientierung auf viele unserer Sinne zurückgreifen und uns auf diese verlassen: so kommen Seh-, Geruchs- und Gehörsinn aber auch unsere Tiefensensibilität sowie Gleichgewicht und unser Lage-sinn neben weiteren Wahrnehmungen zum Einsatz. Nicht zuletzt werden diese Sinne natürlich von unserem Gedächtnis begleitet, dass alle diese Daten (Eindrücke) gleichzeitig und zusammenhängend abspeichern muss, damit wir über die Zeit eine individuelle, mentale Karte der jeweiligen Orte erstellen, an denen wir uns bewegen.

Kein Wunder also, dass wir unsere Orientierung durch Beeinträchtigung verschiedener Sinne, durch Konsum von Toxinen wie beispielsweise Alkohol, beeinflussen können und auf einmal nicht nur unser beeinträchtigtes Gleichgewicht zu spüren bekommen, sondern manchmal auch nicht mehr allzu genau wissen, an welcher Ecke wir nun zur nächsten Bar abbiegen mussten. Ein anderes bekanntes Phänomen stellen Personen dar, die an Demenz erkrankt sind und nach und nach Schwierigkeiten haben, sich zu orientieren, da wichtige Verbindungen beeinträchtigt werden. Bei diesen Patienten handelt es sich jedoch nicht nur um die Form von Orientierung, von der wir im Alltag als Orientierung ausgehen, sondern ebenfalls ihre Orientierung in Zeit und zu ihrer beziehungsweise anderen Personen, die eng mit dem System der räumlichen Orientierung verbunden zu sein scheinen. Dadurch erlangt die Orientierung ebenfalls einen wichtigen Stellenwert in der klinischen Anamnese des Patienten, da es gute Aussagen zur Funktionsfähigkeiten der Sinne und Hirnfunktionen liefern kann.

Insgesamt stellt die Orientierung jedoch ein so komplexes System verschiedener Akteure und Funktionen dar, dass die Wissenschaft dieses Phänomen bis heute nicht vollständig beschreiben und erklären kann. Besonders die letzten Jahre haben jedoch nach und nach mehr Zusammenhänge aufgedeckt, wie einige beteiligte Hirnregionen.

für mehr Informationen hier eine interessante Studie https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4568229/

für mehr Fotos und Infos aus Costa Rica: www.tropenregenbogen.blogspot.de

Autor:

Pia-Marie Droste aus Menden (Sauerland)

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