Menden: Humor in der Sterbebegleitung
Ein Clown im Hospiz

Christoph Gilsbach bei der Humor-Visite im Hospiz Friedensberg in Lauchhamm. Archivfoto: Steffen Giersch
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Der Zauberer und Pantomime Christoph Gilsbach war zu Gast beim Hospizkreis Menden. Seit vielen Jahren behandelt er die Fragen des gesellschaftlichen und individuellen Umgangs mit dem Tod. Und auch als Klinik-Clown am Universitätsklinikum Münster wird er mit diesem Thema konfrontiert. Eine schwere Aufgabe für einen Clown, oder?

Der Zauberer und Pantomime Christoph Gilsbach war zu Gast beim Hospizkreis Menden.
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Christoph Gilsbach: "Humor ist eine Lebenseinstellung, die den Tod als einen Teil des Lebens anerkennt und mit dieser Anerkennung kann ich dem Tod in Würde begegnen."
Stadtspiegel: Humor in der Sterbebegleitung – Wie geht das?
Christoph Gilsbach: "Humor in der Sterbebegleitung heißt nicht, den Anspruch an einen ständigen Lachmodus zu haben, sondern eine andere Perspektive einzunehmen. Damit können Türen für Fantasie, Freude und Schönheit geöffnet werden. Denn auch diese Aspekte gehören zum Sterben."
Stadtspiegel: Warum ist der Tod in unserer Kultur immer noch ein Tabu-Thema?
Christoph Gilsbach: "Wenn ich Kinder betrachte, wird mir klar, dass dieses Tabu ein gesellschaftlich anerzogenes Tabu ist. Viele Erwachsene haben aufgrund ihres Leistungsanspruchs keinen Platz mehr für Fragen über den Tod. Es geht mehr darum, alles zu überstehen und zu besiegen."

"Ich möchte Mut machen und es ist mein Beitrag, diesen Planeten zu einem menschlicheren Ort zu machen." Christoph Gilsbach bei einer Humor-Visite im Hospiz Friedensberg in Lauchhamm. Archivfoto: Steffen Giersch
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"Wenn wir dieses Tabuthema Tod brechen wollen, sollten wir den Kindern auf eine natürliche Weise ihre Fragen über den Tod beantworten. Auch ich als Erwachsener sollte mich mit meiner eigenen Vergänglichkeit vertraut machen. Es gibt so viele sprachlose Erwachsene: Wissenschaftler, Ärzte, Lehrer… Und dabei ist das Angebot, sich zu informieren, sehr groß. Neben meinen Workshops, die ich nun schon seit über 30 Jahren gebe, ist gerade die Hospizbewegung eine wunderbare Möglichkeit für Schulen und Erwachsene, sich dem Thema Tod, Abschied und Neuanfang in Würde zu nähern."
Stadtspiegel: Haben Sie Angst vor dem Tod?
Christoph Gilsbach: "Nein, nicht mehr. Durch die Beschäftigung mit diesem Themenspektrum konnte ich viele falsche Vorstellungen vom Tod verwandeln und bin nun eher neugierig auf den letzten Gang; auf den Weg in eine neue Dimension. Für diesen Perspektivwechsel bin ich besonders Kindern dankbar, die wissen, dass sie bald gehen und in mit einer hohen sozialen Kompetenz an diejenigen denken, die zurückbleiben."
Stadtspiegel: Wenn Kinder sterben...
Christoph Gilsbach: "Sterbende Kinder beeindrucken mich in ihrem Denken und mit ihrer Kraft. Sie sind noch so mit allem verbunden. Mit ihrer Neugierde und auch mit ihrer positiv naiven und doch wissenden, vertrauenden Art, die mir Mut macht, mein Leben möglichst sinnvoll zu gestalten und dann meinem Übergang in eine neue Dimension vertrauensvoll zu entdecken. Kinder haben mir die Gewissheit geschenkt, dass der Tod nicht das Ende ist, sondern lediglich ein Übergang in eine andere Dimension. Über diesen Perspektivwechsel bin ich diesen Kindern sehr dankbar."
Ein Beispiel dazu aus dem Buch von Sabine Rachel "Ich wohne bald im Zeitlosraum", Patmos Verlag. Micha, 7 Jahre alt: „Ich bin ja nicht weg, Mama. Ich wohn´ bloß bald im Zeitlosraum. Da kannst du mich besuchen; immer wenn du willst und ich dich auch.
Und wenn wir uns treffen, reden wir nicht mehr, wir haben ja keinen Mund mehr. Wir wissen einfach so, was wir uns sagen wollen. Im Zeitlosraum kannst du immer überall sein, als wenn du Luft wärst. Da ist es sehr schön."
Stadtspiegel: Wollen Sie Mut machen?
Christoph Gilsbach: "Ich möchte Mut machen und es ist mein Beitrag, diesen Planeten zu einem menschlicheren Ort zu machen. Nur wer gut und bewusst lebt, hat die Möglichkeit gut und bewusst zu sterben."

Humor-Visite im Hospiz Friedensberg in Lauchhamm. Archivfoto: Steffen Giersch
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Stadtspiegel: Wie kommt man zu diesem ungewöhnlichen Beruf?
Christoph Gilsbach: "Ich bin studierter Pantomime und hatte seinerzeit über das Kulturreferat des Uni-Klinikums Münster die Möglichkeit, in ein wunderbares Team der Klinik-Clowns einzusteigen, wo ich nun seit mehr als 25 Jahren als Professor Spaghetti dabei bin. 1993 wurden, unter Leitung von Christian Heeck, die ersten beiden Klinik-Clowns deutschlandweit ins Leben gerufen."
Stadtspiegel: Wie ist der fröhliche Klinik-Clown "Professor Spaghetti" privat?
Christoph Gilsbach: "Auch ich bin nur ein Mensch: Vater und Opa, der mit allen Dingen des Lebens konfrontiert wird. Meine Lebenshaltung heißt Humor. Ich lache, weine, ich bin still und manchmal auch laut. Ich traue mich, mir selbst treu zu bleiben, anstatt den Erwartungen anderer zu entsprechen. Fröhlichkeit ist für mich ein Ausdruck von Dankbarkeit. Ich bin dankbar, Teil dieses Lebens zu sein und es mitgestalten zu dürfen - auch für meinen Enkel."

Autor:

Anja Jungvogel aus Unna

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