Trauriger Abschied des „Knast-Papas“

Peter Nuttebaum in "seinem" Knast in Drüpplingsen | Foto: Sandra Finster
  • Peter Nuttebaum in "seinem" Knast in Drüpplingsen
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Sandra Finster hat sich mit dem scheidenden JVA-Mitarbeiter Peter Nuttebaum unterhalten. Hier ist ihr Beitrag.

Zum Teil ungewöhnliche Wege hat Peter Nuttebaum eingeschlagen, um jungen Strafgefangenen in Drüpplingsen die „guten Alternativen“ näher zu bringen.
„Mir liegt es am Herzen, jungen Leuten zu helfen und sie zu ermutigen, auf ihr Gewissen zu hören, um das Richtige zu tun“, sagt Peter Nuttebaum, Koordinator Lernwerkstatt JVA Iserlohn. Seit 40 Jahren ist er schon an der JVA und bald heißt es Abschied nehmen - Peter Nuttebaum geht in den Ruhestand. Sein Dienstjubiläum beging der weit über die Grenzen berühmt gewordene „Paradiesvogel“ am 1. November 2011.

Maffay und Grönemeyer im JVA-Knast

Um seinen Schützlingen gute Vorbilder zu geben, knüpfte Nuttebaum unzählige berühmte Kontakte. Peter Maffay, die Prinzen, Lucilectric, Ivan Rebroff, Bläck Fööss, Jürgen von der Lippe, Grönemeyer, Heino - das sind nur einige Prominente, die der Hemeraner mit den Gefangenen zusammengebracht hat. „Das begann Anfang der 80er Jahre, durch Kontakte zum WDR ging ich mit meinen Jungs in die Sendung ,WWF-Club‘. “ Dass das erst der Anfang sein sollte, ahnte der gelernte Einzelhandelskaufmann bis dahin noch nicht. Ein Kontakt führte zum anderen, es entstand ein großes Prominentennetzwerk zur JVA: „Die Ratschläge von Maffay und anderen Stars nehmen sich die jungen Männer einfach besser an“, so Nuttebaum. Beim „WWF-Club“ war Nuttebaum mit seinen Jungs über hundert Mal zu Gast, hinter der Bühne traf er dann andere Stars, die auch an einer Zusammenarbeit Interesse zeigten und helfen wollten. Mit Maffay verbindet ihn bis heute eine gute Freundschaft. Die Gefangenen konnten einiges dank Knastpapa Nuttebaum lernen: „Hinter der Bühne konnten sie mal erleben, was für ein großer Aufwand hinter so einer Sendung oder einem Konzert steckt.“ Der Vollzugsbeamte und die jungen Strafgefangenen waren unter anderem in den Sendungen „RTL Samstag Nacht“, „Hast du Worte?“, „Rudis Urlaubsshow“, „Die Mike Krüger Show“, „Geh aufs Ganze!“, „Karl Dall-Show“, „Hallo Heino“ und „Schmidteinander“ zu Gast. Es gab auch viele Führungen beim WDR.

Höflichkeit auch im Knast

„Ich möchte den jungen Männern auch einfache Dinge mitgeben, wie Höflichkeit und gutes Benehmen, das brauchen sie draußen. Besonders, wenn sie sich bewerben.“ Jeder Insasse der JVA, der mit Peter Nuttebaum redet, nimmt deshalb seine Mütze ab und steckt nicht die Hände in die Hosentaschen. Aber die jungen Männer haben nicht nur tiefen Respekt vor dem engagierten Helfer mit Herzblut. „Herr Nuttebaum kann wirklich etwas bewegen. Er ist nicht einfach nur neutral und freundlich zu uns, wir können mit Problemen, Wünschen und einfach nur zum Reden zu ihm kommen und ihm voll vertrauen. Er ist wie unser Knastpapa“, so ein Insasse über den 62-Jährigen. „Das Recht auf Menschlichkeit darf auch hinter Mauern nicht verloren gehen“, betont Nuttebaum, „Wir wollen die Jungs wieder in die Gesellschaft integrieren und sie nicht zurückkommen sehen.“ In der JVA sind zurzeit rund 240 Insassen, sie sind zwischen 14 bis 17, in manchen Fällen sogar bis 24 Jahre alt. Viele machen eine Ausbildung oder ihren Schulabschluss.
Das schönste Erlebnis für Nuttebaum war die letzte Weihnachtsfeier, auf der sich die Gefangenen und Anstaltsleiter Karl-Heinz Bredlow bei Peter Nuttebaum für seine gelungene Arbeit bedankten. „Als sie ,Niemals geht man ganz‘ für mich sangen, kamen mir die Tränen!“ Die Weihnachtsfeier der JVA ist eine legendäre Tradition geworden. Prominente Musikgäste spielen jedes Mal zu diesem Anlass und Schüler der Felsenmeerschule aus Hemer kommen zu Besuch. Die Bildungseinrichtung ist eine Förderschule für körperliche und motorische Entwicklung. Auch der mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnete „Nikolaus“ Emil Rumianek ist mit von der Partie für den guten Zweck. Er sammelt auf Nikolausfeiern Spenden zur Integration behinderter Kinder und Jugendlicher.Die Strafgefangenen der JVA spenden bei Rumianek immer mit rührender Hingabe für die Hemeraner Schule, obwohl sie selber kaum finanzielle Mittel zur Verfügung haben.
Dies sind nur einige Beispiele der unvergesslichen Arbeit des Vollzugsbeamten, wie auch das Türkei-Projekt, ein Austauschprogramm, was sich zu einem großen Medienereignis entwickelt hatte und sogar im Fernsehen ausgestrahlt wurde. Die jugendlichen Insassen der JVA reisten drei Mal zusammen mit Schülern der Hauptschule Parkstraße (Hemer) in die Türkei und besuchten dort unter dem Motto „Fremde erleben –Freunde gewinnen“ das Lisesi Gymnasium in Edremit. Im Gegenzug kamen die türkischen Schüler dann auch einmal nach Hemer. „Das war ein einmaliges Erlebnis für unsere Jungs“, erzählt der Knastpapa, der nun in den wohlverdienten Ruhestand gehen wird. „Zukünftig werde ich mich meinem Privatleben widmen.“ Eines ist sicher: dass alle ihn ganz schrecklich vermissen werden.

Autor:

Rainer Tüttelmann aus Iserlohn

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