Iserlohnerin lebt jetzt für ein Jahr in Mexico

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Die Iserlohnerin Josefin Pia Gierse ist 19 Jahre alt und hat im Sommer dieses Jahres ihr Abitur absolviert. Im Juli ist sie dann nach Mexiko-Stadt gereist, um dort ein Jahr zu leben. Hier ihr Bericht:

„Für mich stand eines fest, nachdem Abitur würde ich ins Ausland gehen, und dass möglichst weit weg von Deutschland.
Ich hatte das Glück, dass mich eine Freundin unserer Familie darauf aufmerksam machte, dass über Freunde, die Verwandte in Mexiko- Stadt haben, eine deutsche Betreuung für deren Kinder gesucht wurde. Das Anliegen der mexikanischen Familie ist es, ihren Kindern im täglichen Umgang die deutsche Sprache näher zu bringen. Ohne lange zu zögern schrieb ich eine Bewerbung und bekam kurz darauf eine Zusage der Familie Rhoads Margain.
Ende Juli flog ich dann ab Paris nonstop nach Mexiko- City und von dort mit der Familie weiter nach Mérida, im Yucatan, zu deren Verwandtschaft, um der Familie Ana, Paula, meiner Gastmutter, Nicolas, meinem Gastvater und insbesondere den Kindern Inés, Eugenio und Silvana näher zu kommen. Dort besuchten wir zusammen die Großeltern John und Ellen, die ein Haus in Mérida besitzen. Die Familie war großartig und gab sich die größte Mühe, mir in den zwei Wochen die Maya-Kultur näher zu bringen. Wir besuchten zusammen Maya-Pyramiden, darunter die bekannteste in Uxmal, sogenannte Cenotes, das sind Wasserhöhlen unter der Erde, die einen atemberaubenden Blick boten, da das Wasser rein und klar und azurblau war. Weiterhin kam ich in den Genuss, bei Freunden der Großeltern an einem der schönsten Strände, die ich je gesehen habe, auf dem Golf von Mexiko mit einer Yacht zu fahren und das Panorama auf mich einwirken zu lassen.
Nachdem die zwei Wochen jedoch wie im Fluge vergingen und ich kein bisschen Heimweh hatte, musste ich auf das Leben in einer Großstadt mit etwa 8,8 Millionen Einwohnern vorbereitet werden. In Mexiko-Stadt bestand meine Aufgabe darin, möglichst viel mit den Kindern „auf Deutsch zu spielen“, ihnen etwas Unterricht zu geben und sie zu ihren Aktivitäten zu fahren. Wir verstanden uns auf Anhieb gut.

Das totale Verkehrschaos
Jedoch bereitete mir anfangs das Autofahren etwas Sorge, ich konnte mir nicht vorstellen, in dieser Stadt Auto zu fahren, ohne dabei einen Unfall zu haben. Da anscheinend die wenigen Straßenschilder bei den Verkehrsteilnehmern keine Beachtung finden und es auch so gut wie keine Verkehrsregeln zu geben scheint, versinkt die Stadt in einem Verkehrschaos. Die Mexikaner sagen, wer in Mexiko-Stadt Auto fahren kann, kann es auf der ganzen Welt. Autos, die hier niemals eine TÜV-Plakette bekommen würden und aussehen, als würden sie jeden Moment zusammenfallen, sind keine Seltenheit. Auch noch nach drei Monaten bekomme ich Schweißausbrüche, wenn ich ins Zentrum fahre.
Weiterhin wurde mir beigebracht, wie ich den Bus benutze und welcher wohin fährt, da es hier keine wirklichen Haltestellen gibt und erst recht keinen Fahrplan. Mittlerweile kann ich mich in Mexiko-Stadt frei bewegen und erkunde viele Museen und Sehenswürdigkeiten, ohne auf die Hilfe meiner Gasteltern angewiesen zu sein. Jedoch sollte man nie einen Mexikaner nach dem Weg fragen, da sie es als unhöflich ansehen, zu sagen, dass sie den Weg nicht kennen. Sie denken sie sich etwas aus und lenken dich auf eine falsche Fährte, nur um nicht unhöflich zu sein. Deshalb lieber zweimal nachfragen.
Ich kam nach Mexiko, ohne ein einziges Wort Spanisch sprechen. Deshalb studiere ich an der mexikanischen Universität die Sprache. Ich fahre jeden morgen mit dem Bus zu der größten Universität Lateinamerikas, la Universidad Nacional Autónoma de México. Die bietet in der Fakultät „Cepe“ Centro de Ensenañza Para Extranjeros Spanischkurse für Ausländer an. Ich fing im Basico 1 an und lernte Menschen aus der ganzen Welt kennen. In den Pausen sowie in der Klasse tauschen wir uns gegenseitig über unsere landestypischen Gepflogenheiten, das Essen der jeweiligen Länder, sowie Sitten und Bräuche aus. Meine neuen Freunde kommen aus Japan, China, Korea, Taiwan, Indonesien, Afrika, Lettland, den Vereinigten Staaten von Amerika, Frankreich, Russland, Holland, Ghana, England, Slowakei, Tschechische Republik und natürlich aus Deutschland. Ich nehme auch an einem von der Universität angebotenen Salsa-Kurs teil.
Mit meinen mexikanischen Freunden lerne ich natürlich auch das Nachtleben der jungen Mexikaner kennen, dass dem der deutschen Jugendlichen jedoch sehr ähnlich ist. Nachts auf der Straße bin ich dann jedoch froh, wenn mein Freund Alonso an meiner Seite ist, da ich als Mädchen mit helleren Haaren nicht alleine nachts auf der Straße sein sollte. Die Kriminalität und Armut ist hier sehr groß, da ich falsche Viertel meide, hatte ich bis jetzt Glück, noch nicht persönlich mit der Kriminalität konfrontiert worden zu sein. Mein bester mexikanischer Freund betätigt sich für mich als Stadtführer, der mir alle Sehenswürdigkeiten zeigt, und durch den mein Spanisch zunehmend besser wird. Mittlerweile kann ich mich ohne Probleme auf Spanisch unterhalten und bin nicht mehr hilflos, wenn jemand mich etwas fragt, was ich nicht verstehe.

Scharf, schärfer, Mexiko

Das einzige, was mir hier Sorgen bereitet, ist mein Magen, da die Mexikaner alles mit grüner Zitrone und Chilis essen. Chilis gibt es in verschiedenen Farben und verschiedenen Sorten, alle haben jedoch die Gemeinsamkeit, dass sie scharf sind. Besonders gerne esse ich Tacos von der Straße und probiere die mir neuen exotischen Früchte und alle scharfen Salsasoßen aus. Mittlerweile kann ich mir ein Leben ohne Tortillas gar nicht mehr vorstellen, auch wenn ich sie zu Beginn meiner Ankunft verflucht habe und mir sehnlichst Brot gewünscht habe. Meine mexikanischen Freunde sehen mich nur entgeistert an, wenn ich zum Frühstück nur Brot esse, da in Mexiko viel und gerne gegessen wird und das schon zum Frühstück.
Ich wurde hier in Mexiko mit offenen Armen empfangen und bin froh, so viele neue Menschen kennen gelernt zu haben. Ich bin auch ein wenig stolz auf mich, die vielen Hürden überwunden zu haben, welche mir anfangs sehr hoch vorkamen.
Erstaunt bin ich über die große Nähe zwischen Deutschland und Mexiko, da ich viele Mexikaner kennen gelernt habe, die deutsche Verwandte haben, oder einige Jahre in Deutschland gelebt haben und die deutsche Sprache sprechen können. Unser Land hat in Mexiko ein gutes Ansehen. Außerdem freue ich mich über die Hilfsbereitschaft meiner neuen Freunde, die mir in den Momenten Trost spenden, wenn ich besonders meine besten Freundinnen in Iserlohn vermisse, oder sich um mich kümmern und mich davon abhalten, in einen leeren Bus zu steigen oder ein Taxi von der Straße zu nehmen, was hier gefährlich sein kann.

PS: Kennen Sie auch Personen, die in Iserlohn oder Hemer geboren sind und im Ausland leben? Wir würden uns freuen, wenn Sie Kontakte herstellen können.

Autor:

Rainer Tüttelmann aus Iserlohn

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