Alles, nur kein Gänsebraten bei Familie Roy
Weihnacht steht vor der Tür! Und mit dem Fest auch all die liebgewonnen - oder auch verhassten - Traditionen und Bräuche, die wir seit unserer Kindheit kennen. Doch wie feiert ein Nordamerikaner fernab der Heimat Weihnachten in Deutschland? Sind ihm die deutschen Weihnachtsbräuche völlig fremd oder doch auch ein Teil seiner Kultur?
Eishockeyspieler Jimmy Roy stürmt seit 2006 für die Iserlohn Roosters am Seilersee. Die erste deutsche Weihnacht verbrachte er damals gemeinsam mit Ehefrau Laura und Töchterchen Brooklyn (7 ) in der Waldstadt. Mittlerweile ist die Familie mit den Zwillingen Summer und Savanna (3,5) noch um zwei weitere Mitglieder reicher und freut sich auf das gemeinsame Fest. „Weihnacht hier in Deutschland ist toll! Richtig familiär“, schwärmt der Kanadier. Vor allem die Weihnachtsmärkte haben es Familie Roy angetan. „Der Duft nach gebrannten Mandeln, mit Freunden einen Glühwein trinken, ... so etwas gibt es in Kanada nicht“, sagt Jimmy Roy.
Welche Tradition dem 35-Jährigen jedoch wohlbekannt ist, ist der Weihnachtsbaum. „Oh ja, da hat meine Mutter immer einen großen Aufwand betrieben“, grinst Roy. Der Baum wurde prachtvoll geschmückt. Schon Tage vor Weihnachten wurden zudem Unmengen von Plätzchen gebacken. „Obwohl ich aufgrund des Eishockeys schon mein ganzes Leben ständig unterwegs bin, zu Weihnachten war ich immer zuhause.“
Anders als in Deutschland durfte am Heiligabend jedoch nur ein Geschenk geöffnet werden. „Die restlichen Geschenke mussten bis zum ersten Weihnachtstag warten“, erinnert sich der Roosters-Spieler. Aufgetischt wurden im Hause Roy am Heiligabend traditionell Meeresfrüchte.
Jimmys Frau Laura, mit der er seit acht Jahren verheiratet ist, stammt aus Kalifornien. Dort gehört der Truthahn zum Weihnachtsschmaus dazu. „Das haben wir auch bei den letzten Weihnachtsfesten in Deutschland so gehalten“, sagt Laura. Dieses Jahr soll allerdings mehr Gemüse auf der Weihnachtstafel stehen. „Den Fleischgenuss wollen wir nämlich reduzieren“, erklärt Jimmy.
Das Schmücken des Weihnachtsbaumes wird in diesem Jahr auch vorgezogen. „Wir haben Freunde zu Besuch und werden dann mit allen Kindern zusammen den Baum schmücken. Sonst werden die Kinder eigentlich mit einem fertig geschmückten Baum überrascht“, so Laura Roy. Dies war auch in ihren Kindertagen so. „Meine Großmutter hat polnische Wurzeln. Vielleicht ist dies ja eine auch polnische Tradition“, meint die Amerikanerin.
Und wer bringt die Geschenke? Ganz klar, der Weihnachtsmann - oder Santa Claus, wie er in Nordamerika heißt. Mehr deutsch hingegen ist, dass die Geschenke dann auch allesamt am Heiligabend ausgepackt werden dürfen. „Man passt sich ja schon an, je länger man hier lebt. Wir kannten vorher auch nicht den Nikolaustag. Doch wie will man einem Kind erklären, dass alle Freunde ihren Stiefel mit Süßigkeiten gefüllt bekommen, nur es selbst nicht“, sagt Jimmy Roy. „Außerdem ist das eine schöne Tradition, die auch bei den Kindern unserer Verwandten in Nordamerika auf Begeisterung stößt.“
Bei aller Sympathie für deutsche Weihnachtsbräuche gibt es aber auch etwas, mit dem sich Roys nicht unbedingt anfreunden können: „Gänsebraten!“, lacht Laura. „Das gab es bei uns nie. Ich werde diese Tradition wohl auch nie übernehmen.“
Gänsebraten wird es auch beim Neu-Iserlohner Jeff Giuliano und seiner Frau Courtney nicht geben. Das Paar, das seit eineinhalb Jahren verheiratet ist und eine fünf Monate alte Tochter hat, stammt ursprünglich aus New Hampshire an der Ostküste der Vereinigten Staaten. „Dort steht zu Weihnachten eigentlich immer ein Schinkenbraten auf dem Tisch“, so Jeff Giuliano.
Im letzten Jahr war Giuliano erst kurz vor Weihnachten nach Iserlohn gewechselt. „Da haben wir im kleinen Kreis mit Freunden aus Schwenningen gefeiert“, erzählt Courtney. In diesem Jahr wird alles ein wenig größer gefeiert. „Wir haben endlich wieder einen großen Baum. Gerade für unsere Tochter Ella wollen wir Weihnachten ganz traditionell begehen. Aber auch selbst vermissen wir gerade zu den Feiertagen unsere Familien in den USA“, so die Amerikanerin. Deshalb wird nun auch im Kreise der erweiterten Eishockey-Familie gefeiert. „Wir werden wohl mit Insanas und Ryans gemeinsam feiern. Das ist auch für die Kinder viel schöner.“
Bis auf das mehr oder wenig ausgeprägte Heimweh zu Weihnachten gefällt es den Giulianos aber sehr gut in Deutschland. „Die Weihnachtsmärkte sind toll“, bestätigen Jeff und Courtney, was bereits Jimmy Roy an der deutschen Weihnacht so hervorgehoben hat. „In diesem Jahr darf ich dann auch zum ersten Mal den Glühwein probieren“, lacht Courtney. Denn im letzten Jahr trug sie ja noch Töchterchen Ella unter dem Herzen.
So bewahrt man sich fernab der Heimat zwar eigene Bräuche, bleibt aber immer offen für Neues - und bleibt vor allem flexibel: Anfang Januar geht es für Courtney und Ella nach Florida. „Dort leben Ellas Großeltern und es gibt nochmal eine Bescherung.“ Fotos: Raffi Derian
Autor:Melanie Giese aus Recklinghausen |
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