Auf dem Arbeitsmarkt ankommen
Willkommenslotse Udo Linnenbrink bringt Handwerksbetriebe und Geflüchtete zusammen
Die Flüchtlingskrise 2015/2016 hat Deutschland vor große Herausforderungen gestellt. Um der Flut der arbeitswilligen Menschen Herr zu werden und diese möglichst schnell und effektiv dem deutschen Arbeitsmarkt zuzuführen, unterstützen seit Frühjahr 2016 so genannte "Willkommenslotsen" Unternehmen bei der Besetzung von offenen Ausbildungs- und Arbeitsstellen mit Geflüchteten. 2022 waren bundesweit rund 75 Willkommenslotsen im Einsatz.
Einer von ihnen ist Udo Linnenbrink, der seit 2018 für die Handwerkskammer Südwestfalen eine Schnittstelle zwischen Geflüchteten und Handwerksbetrieben bildet. Er ist Ansprechpartner für alle Fragen rund um Arbeit und Ausbildung und berät auch zu aktuellen Entwicklungen in der Flüchtlingspolitik.
"Im Laufe der Zeit hat sich für die Handwerkskammer Südwestfalen das Projekt vom 'Willkommen' zum 'Kümmern' weiter entwickelt", erzählt Linnenbrink, der viel Erfahrung aus den Bereichen Unternehmenskommunikation und Teambuilding mitbringt. "Der ursprüngliche Gedanke, die berufliche Integration von Geflüchteten zu erleichtern, ist geblieben und wird zunehmend mit Leben gefüllt. Ohne die Akzeptanz und aktive Mitarbeit der bestehenden Belegschaft geht es nicht. Und ohne Motivation und Ausdauer der Geflüchteten ebenso wenig. Diesen Prozess begleite und moderiere ich – zunehmend als 'Kümmerer'." Linnenbrinks Aufgabengebiet ist vielfältig, er geht beispielsweise für die Betriebe gezielt auf Suche nach geeigneten Bewerbern, berät sie zu rechtlichen Fragen, gibt den Geflüchteten Tipps zur erfolgreichen Bewerbung und vermittelt Sprachangebote oder Fördermöglichkeiten.
"Die Menschen wollen sich gerne integrieren und arbeiten, sie wissen allerdings nicht, wie das System funktioniert", erläutert Linnenbrink. "Hier unterstütze ich, so dass ein gemeinsamer Weg gefunden werden kann." Geflüchtete Menschen bringen ganz unterschiedliche Qualifikationen mit. Ein Teil verfügt über akademische Abschlüsse, ein anderer ist zur Fachkraft ausgebildet. Einige geflüchtete Menschen haben gar keine Ausbildung. Trotzdem haben viele in ihren Heimatländern berufliche Kenntnisse und Erfahrungen erworben, die für Handwerksbetriebe in der Region interessant sein können. "Dann fangen die Geflüchteten zunächst einmal als qualifizierte Mitarbeiter an und man schaut, wie die Zusammenarbeit funktioniert."
Als Netzwerkpartner unverzichtbar sind im Prozess nicht nur Betriebe, sondern auch Schulen, Berufskollegs, karitative Einrichtungen oder ehrenamtliche Verbände. "Eine Ausbildung im Handwerk bietet optimale Integrationsmöglichkeiten, da es sich in der Region meist um kleinere bis mittlere Betriebe handelt, in denen flache Hierarchien herrschen. Hier lernt man den Chef und die Arbeitskollegen in ungezwungener Atmosphäre kennen und hat so die Möglichkeit, sich auch privat zu vernetzen." Denn dass auch im sozialen Umfeld soviel Deutsch wie möglich gesprochen werde, sei für das Erlernen der deutschen Sprache unerlässlich. "Die Teilnahme an Sprachkursen und die sichere Beherrschung des Sprachniveaus B1 ist dabei eine solide Grundlage, auf der aufgebaut werden kann. Die Berufssprache hält darüber hinaus noch ganz andere Herausforderungen bereit. Auf diese gilt es die Menschen vorzubereiten."
Udo Linnenbrink hat keinen klassischen Bürojob, im Gegenteil: Fast täglich ist er im gesamten Kammerbezirk unterwegs, der den Hochsauerlandkreis, den Märkischen Kreis, den Kreis Olpe und den Kreis Siegen-Wittgenstein umfasst. Er berät, pflegt Kontakte zu Schulen und Betrieben, Job- und Arbeitsagenturen, Bildungsträgern und Wohlfahrtsverbänden und begleitet Integrationsprozesse aktiv. Sein größter Lohn ist es, wenn er sieht, dass sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber ein gemeinsames Miteinander entwickelt haben. Viele Betriebe sind froh, über die Unterstützung der Handwerkskammer. Und gerade auch die Integration von Frauen in den Arbeitsmarkt ist dabei immer wieder ein Thema.
"In Siegen gibt es beispielsweise eine Gruppe geflüchteter Frauen. Es ist wunderbar zu sehen, wie sie Entfaltungsmöglichkeiten und Freiheiten in der neuen Heimat entdecken, die ihnen die Gelegenheit geben, sich zu verwirklichen und Berufe wie etwa Friseurin oder Schneiderin zu erlernen. In ihren Heimatländern war das oft nicht möglich." Eine 42-jährige Frau aus der Mongolei, die als Aushilfe in einer Bäckerei arbeitet, bekommt so nun die Möglichkeit, eine Ausbildung zur Konditorin zu machen, um ihren Arbeitgeber aktiver unterstützen zu können.
Ein Thema, das wohl alle Geflüchtete beschäftigt, ist die Dauer ihres Aufenthaltes in Deutschland. Anfang des Jahres ist nun das Chancen-Aufenthaltsrecht in Kraft getreten. Damit sollen Menschen, die gut in Deutschland integriert sind, unter bestimmten Voraussetzungen auch gute Chancen zum Bleiben erhalten.
"Langjährig Geduldete mussten bisher alle acht Wochen ihre Duldung verlängern", berichtet Udo Linnenbrink. "Nun erhalten sie eine 18-monatige Aufenthaltserlaubnis und haben so die Möglichkeit, die notwendigen Voraussetzungen für ein dauerhaftes Bleiberecht in Deutschland zu erfüllen. Diese eineinhalb Jahre sollen dazu dienen, Passpapiere zu besorgen und eine Arbeit aufzunehmen, um den Lebensunterhalt sichern zu können."
Zum Chancen-Aufenthaltsgesetz und damit verbundenen Perspektiven bietet Udo Linnenbrink regelmäßig einen telefonischen Beratungstag an. Die nächsten Termine sind am Montag, 13. und 20. Februar, jeweils zwischen 10 und 15 Uhr. Erreichbar ist der Willkommenslotse unter Tel. 02931/877-372 und per Mail: udo.linnenbrink@hwk-swf.de.
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) unterstützt Unternehmen im Rahmen des Programms "Passgenaue Besetzung" mit dem bundesweiten Projekt "Willkommenslotsen" bei der betrieblichen Integration von Geflüchteten in Ausbildung und Arbeit. Die Handwerkskammer Südwestfalen trägt die Verantwortung gegenüber geflüchteten Menschen maßgeblich mit und unterstützt Mitgliedsunternehmen durch den Willkommenslotsen.
Autor:Janina aus dem Siepen aus Hattingen |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.