Als Bürgerreporter bandenmäßigem Betrug auf der Spur
Wie das Jobcenter MK Gesetz, BSG und Bundesverfassungsgericht ignoriert
Nur ein Beispiel von vielen.
Im September 2013 reichte eine Leistungsberechtigte 60 Bewerbungsnachweise ein und forderte die zugesicherten Pauschalen ein. Bewerbungskosten sind im Regelsatz nicht vorgesehen.
Das Jobcenter Märkischer Kreis verweigerte über Monate die Nachzahlung der vorgeleisteten Bewerbungskosten. Auch ein Anschreiben an die Geschäftsführung im Januar 2014 blieb ohne Reaktion.
Aber erst am 21.01.2015 erfolgte eine Überweisung von 300,00 €.
Ok, vorausgegangen war eine Untätigkeitsklage an das Sozialgericht Dortmund am 19.12.2014.
Klage019
Existenzsichernde Leistungen werden sofort gebraucht
BVerVG, 1 BVR 569/05, 12.05.2005 zum Bedarfsdeckungsgrundsatz
„Die Verfassungsbeschwerde betrifft sozialgerichtliche Eilverfahren wegen der Versagung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende und der Sozialhilfe wegen Zweifeln an der Hilfebedürftigkeit der Beschwerdeführer.
Zum einen rügen die Beschwerdeführer eine Verletzung des Art. 19 Abs. 4 GG gerade durch die Versagung des Eilrechtsschutzes. Zum anderen wäre die Verweisung auf die Hauptsache unzumutbar.
[…]
Der elementare Lebensbedarf eines Menschen kann grundsätzlich nur in dem Augenblick befriedigt werden, in dem er entsteht. Dieses "Gegenwärtigkeitsprinzip" ist als Teil des Bedarfsdeckungsgrundsatzes für die Sozialhilfe allgemein anerkannt.
Dies gilt ganz besonders, wenn es um die Wahrung der Würde des Menschen geht. Eine Verletzung dieser grundgesetzlichen Gewährleistung, auch wenn sie nur möglich erscheint oder nur zeitweilig andauert, haben die Gerichte zu verhindern.“
Verspätete Zahlungen sind von Amtswegen zu verzinsen (§ 44 SGB I)
Die Zinsen sind in der Bearbeitungssoftware der Jobcenter „Allegro“ als "Sonderzahlung ohne Verrechnung" zu erfassen
Dies vorliegende Beispiel hat also Anspruch auf eine Verzinsung in Höhe von 4 % von Oktober 2013 bis Dez 2014. Die Zinsen hätten ohne weiteren Antrag vom Jobcenter ermittelt und mit den Bewerbungskosten ausgezahlt werden müssen.
(Der Screenshot ober ist fehlerhaft, weil die Verzinzungsansprüche um 5 Monate verkürzt eingetragen sind.)
Das sind doch Peanuts
Die von mir ermittelten 16 Zinsansprüche liegen je nach Fall und Klagedauer zwischen 12,00 € und 546,00 €. Das erscheint bei oberflächlicher Betrachtung nicht viel zu sein.
Aber hinter jeder dieser Klagen steckt der Versuch einer rechtsgrundlosen Verweigerung von Existenzminimum durch die „Qualitätssicherung“/ Widerspruchstelle.
Jedes Jahr werden Tausende von Widersprüchen und Klagen provoziert und in nahezu jedem Widerspruchsbescheid ist zu lesen:
„Der Widerspruch ist zulässig, sachlich jedoch nicht begründet.“
„Nach dieser Sach- und Rechtslage musste der Widerspruch erfolglos bleiben.“
- Und da gibt das Sozialgericht ca. 50% der Kläger recht. -Helft uns beim Betrügen . . . !
Als ich im April 2020 meine Recherchen zum Thema begann, wählte ich zunächst 16 Klagen von 10 Klägern aus meinen Beispielklagen aus. Keine der Klagen war verzinst worden. Die auf dem jahrelangen Klageweg erstrittenen Sozialleistungen beliefen sich zusammen auf 17.384,48 € und hätten mit 2.319,32 € verzinst werden müssen. Widerstrebend nachgeleistet wurden bisher aber nur 563,76 €.
Die Auszahlung der Zinsansprüche sollte nach dem Willen des Gesetzgebers zeitgleich mit dem erstrittenen Erstattungsbetrag geschehen.
Das Wissen darum darf vorausgesetzt werden bei der Geschäftsführung, den Mitarbeitern der Widerspruchstelle und auch den Leistungssachbearbeitern.
Die Vertuschungsversuche des Jobcenters haben neue Zins-Klagen ausgelöst. Und mehrere Richter drängten bisher erfolglos auf Klagerücknahme. Wie sollen sie auch gegen das BSG urteilen?
Nach der Rechtsprechung des BSG vom 03.07.2020, Terminsbericht B 8 SO 15/19 R ist für die Zinsberechnung auf den Zeitpunkt des Entstehens der Leistungsansprüche abzustellen, also auf den Zeitpunkt an dem das Geld hatte zur Verfügung stehen müssen.
"Die Klägerin hat einen Anspruch auf Verzinsung der Nachzahlung. Ansprüche auf Geldleistungen sind nach Ablauf eines Kalendermonats nach dem Eintritt ihrer Fälligkeit zu verzinsen. Fällig werden Ansprüche auf Sozialleistungen mit ihrem Entstehen. Sie entstehen, sobald die im Gesetz bestimmten materiell-rechtlichen Anspruchsvoraussetzungen vorliegen.
I). Wann die Verwaltung tätig wird, ist nicht entscheidend“
„Der Beklagte ist für die Entscheidung über den Zinsanspruch zuständig. Die Zuständigkeit richtet sich nach der Hauptleistung, für die der Beklagte örtlich und sachlich zuständig ist. Denn Zinsen sind als unselbständige Nebenleistung akzessorisch zu dieser“
klage120
Autor:Ulrich Wockelmann aus Iserlohn |
2 Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.