Vollbeschäftigung - Ein Ziel, daß mit dem Jobcenter Iserlohn unerreichbar ist!

Nach der letzten Arbeitsmarktstatistik beziehen im Märkischen Kreis insgesamt 16.870 Personen Arbeitslosengeld. Davon sind mehr als 11.500 auf Hartz IV – Leistungen angewiesen, weil sie entweder zu wenig Einkommen erzielen oder Langzeitarbeitslose sind. Es gibt übrigens unter den Langzeitarbeitslosen Personen, die gerne arbeiten wollen. Und die mit einer kleinen Weiterqualifizierung ganz einfach in eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit vermittelt werden könnten. Bei der letzten Vorstellung der Arbeitsmarktzahlen wurde der Öffentlichkeit großspurig mitgeteilt, daß es derzeit nur Gewinner auf dem Arbeitsmarkt gibt. Dieses kann so nicht stimmen!

Es gibt beispielsweise einen konkreten Fall in Iserlohn. Es handelt sich um einen Mann, der seinen ursprünglichen Beruf als Immobilienkaufmann vor gut fünf Jahren verlor. Weder die Agentur für Arbeit, noch die ARGE waren seinerzeit in der Lage, ihm irgendwelche Förderungen zu geben. So wurde ihm eine SAP-Schulung seinerzeit abgelehnt, weil es keinen potentiellen Arbeitgeber gab, der diese Ausbildung schriftlich ausdrücklich forderte. Statt dessen wurde er irgendwann zu einem Bewerbungstraining geschickt. In zwei Einzelberatungen wurde ihm geraten, seinen Lebenslauf umzustellen, und in umgekehrter zeitlicher Reihenfolge darzustellen. Danach versuchte der "Kunde" eine Förderung zum Fachwirt finanziert zu bekommen. Für einen Bezieher von ALG 2 völlig unmöglich. Keine Bank war gewillt, ihm einen entsprechenden Kredit zu gewähren. Auch die ARGE lehnte eine Förderung ab, da dieser Beruf nicht in der Bildungszielanalyse genannt ist. Diese Bildungzielanalyse legt u. a. fest, welche Weiterbildungen förderungsfähig sind. Und Jedermann kann sich vorstellen, daß Weiterbildungen zum Fachwirt – schon gar zum Immobilienfachwirt – nicht vorgesehen sind. Die gesamte Maßnahme hätte übrigens nicht mehr als 1.800 Euro gekostet – einschließlich Prüfungsgebühren der IHK.

Stattdessen wurde dem Betroffenen gleichzeitig eine Ausbildung zum Berufskraftfahrer (Bkf) angeboten. Hintergrund war, daß er seit geraumer Zeit bei einer kleinen Spedition als Aushilfe arbeitete. Als die Entscheidung der ARGE gegen die Fortbildung zum Fachwirt gefallen war, hatte die Ausbildung zum Bkf in Hagen bereits begonnen, sodaß eine Teilnahme nicht mehr möglich war. Die Kosten dieser Ausbildung betragen übrigens aktuell ca. 9.000 Euro.

Im letzten Jahr erfolgte dann ein erneuter Anlauf. Der Arbeitgeber des Betroffenen hatte eine unbefristete Stelle für einen Berufskraftfahrer ausgeschrieben. Zwingende Voraussetzung war allerdings die Fahrerlaubnis für große Lkw. Der Spediteur bekam ungefähr 20 qualifizierte Bewerber vorgeschlagen. Von denen erschienen einige erst gar nicht zum Vorstellungsgespräch. Von den restlichen Zehn, die die Arbeit aufnahmen, erschienen alle nach spätestens einer Woche nicht mehr. Also schlug der Chef seine ihm seit langer Zeit bekannte Aushilfe vor. Der Mitarbeiter vom Arbeitgeberservice der Agentur für Arbeit antwortete ihm, daß er da nichts machen kann, da "dieser Mann nicht in seine Zuständigkeit fallen würde. Der Fahrer solle sich an seine Betreuerin bei der ARGE wenden."

Diese Betreuerin ließ in einem Emailwechsel durchblicken, daß eine Förderung des Führerscheines durch die ARGE nicht möglich sei, da alle Ausbildungen dieser Art seit Jahresbeginn gestrichen seien. Aber es gäbe vielleicht die Möglichkeit, über einen Einarbeitungszuschuss für den Arbeitgeber zu reden. Hier erhielt der Spediteur die Aussicht auf Förderung, wenn er den Fahrer ab 1. September einstellen würde. Bei der Berechnung des Zuschusses wurde allerdings mit Zahlen gerechnet, die weder der Realität entsprechen, geschweige denn zu irgend einem Zeitpunkt genannt worden waren. Im Endeffekt hätte der Spediteur nur für drei Monate eine Förderung von insgesamt ca. 1.600 Euro bekommen. Obwohl eine Ausbildung zum Kraftfahrer CE mindestens 2.500 Euro kostet. Weder die Aussprache des Spediteurs mit der Sachgebietsleiterin noch die des Kunden änderte etwas an der Entscheidung. Das Gepräch zwischen dem Kunden und der Sachgebietsleiterin endete nach nicht einmal zehn Minuten. Diese hatte sich auf das Gespräch überhaupt nicht vorbereitet. Der Kunde wurde damit begrüßt, daß angeblich gar kein Termin vereinbart war. Dieses resultierte darin , daß die Betreuerin den Terminvorschlag nicht rückbestätigt hätte. Und nur um diese Antwort zu erhalten, hatte der Kunde an diesem Tag eine Fahrt für seinen Arbeitgeber ausfallen lassen und einen Tag Urlaub geopfert! Von Kundendienst - keine Spur.

Anfang März dann eine weitere Episode in dieser bösen Geschichte. Da auch Aushilfen eine Weiterbildung im Güterverkehr absolvieren müssen, versuchte der Kunde, eine Förderung über das Jobcenter zu erhalten. Wenn diese Schulungen von insgesamt 35 Stunden nicht absolviert werden, dürfen Berufskraftfahrer im Güterverkehr ab 2014 nicht mehr arbeiten. Es handelt sich um fünf Module von je sieben Stunden. Ein Seminar kostet bei einem durch die Agentur für Arbeit anerkannten Bildungsträger in Dortmund 120 Euro. Eine Finanzierung durch den Arbeitgeber konnte nicht stattfinden. Von den geringen Hartz IV- Leistungen des "Kunden" ganz zu schweigen. Der neue Betreuer des Kunden legte sich mächtig ins Zeug und leitete dessen Antrag an eine hausinterne Stelle weiter. Auf Nachfrage – es waren mittlerweile über zwei Wochen vergangen, und das erste Seminar sollte in der Folgewoche stattfinden – bekam der "Kunde" die Antwort, daß die von ihm vorgelegten Unterlagen innerhalb des Hauses verschwunden seien. Er solle doch bitte die Unterlagen nochmal vorlegen. Der Fahrer meldete sich also wieder bei seinem Arbeitgeber ab, um erneut im Internet zu recherchieren und ausgedruckt wieder vorbei zu bringen. Man verabredete sich für den Folgetag um 12 Uhr. Dieser Termin wurde dann morgens um 10 Uhr auf den darauf folgenden Mittwoch verschoben. Bei dem Telefonat sagte der Betreuer allerdings schon, daß seine Sachgebietsleiterin Frau Evert - Kittner abgelehnt hätte. Er führte aus, daß Sie wörtlich gesagt hätte „Das kann ER vergessen!“ Hier wird durch eine Vorgesetzte die hervorragende Leistung eines Mitarbeiters „am Kunden“ ohne Not und durch persönliche Motive beeinflußt, zunichte gemacht. Dass der Betroffene durch diese Entscheidung davon bedroht ist, auch diese geringfügige Arbeit zu verlieren, da er ab 2014 keine Lkw im Güterverkehr mehr fahren darf, interessierte diese Frau in keinster Weise! Abgesehen von der Tatsache, daß die Vermittlungschancen auf dem Arbeitsmarkt als Berufskraftfahrer deutlich höher sind, wenn man die Seminare schon besucht hat.

Wenn das Jobcenter weiterhin solch eine Arbeit abliefert, so werden in Zukunft viele Hartz IV – Empfänger "in die Röhre schauen". Während Leute, die gerade arbeitslos geworden sind, in Weiterqualifizierungen geschickt werden, muß ein Langzeitarbeitsloser oder Aufstocker zusehen, woher er Geld bekommt, um sich zu qualifizieren. Gerade vor dem Hintergrund, daß unserer Wirtschaft die Fachkräfte ausgehen, ist eine Unterstützung durch die Arbeitsmarktverwaltung mehr als dringend. Aktuell gibt es übrigens im nahen Umkreis von Iserlohn fast 200 offene Stellen für Lkw-fahrer. Und die Arbeitsverwaltung ist nicht in der Lage, diesen Bedarf an Fachkräften auch nur ansatzweise zu decken. Dein Wunder bei dieser Vorgehensweise! Die Industrie- und Handelskammern warnten vor wenigen Wochen bereits vor einem Mangel an qualifizierten Kraftfahrern, da auch vom größten Ausbilder von Lkw-fahrern, der Bundeswehr, in naher Zukunft kein Nachwuchs mehr zu erwarten ist. Anstatt Leute kurzfristig zu qualifizieren, um sie wieder sozialversicherungspflichtig zu beschäftigen, werden notwendige Maßnahmen durch die Agentur für Arbeit / Jobcenter einfach nicht durchgeführt. Und dass ein Sachbearbeiter, der in der gehobenen Beamtenlaufbahn ist (das sind bei der Bundeswehr Offiziere), für einen Betrag von 600 Euro für eine Weiterbildungsmaßnahme noch eine Unterschrift von seinem Vorgesetzten benötigt, ist auch ein gravierender Systemfehler. Nirgendwo in der Verwaltung – außer offensichtlich in der Arbeitsverwaltung – muß für solche Beträge eine Bewilligung durch einen Vorgesetzten erfolgen.

Es geht alle Bürger an. Denn als Steuer- und Sozialversicherungszahler haben sie ein Recht darauf zu erfahren, wie ihre Beiträge verschwendet werden. Der Kreiskämmerer würde sich mit Sicherheit auch über Vollbeschäftigung freuen. Dann bräuchte er nämlich seinen Haushalt nicht mit ausufernden Sozialausgaben überfordern. Und auch einem Arbeitslosen würde vielleicht endlich so etwas zurück gegeben wie Selbstwertgefühl. Und dass ihm nicht immer das Gefühl gegeben würde, als Bittsteller und Mensch zweiter oder sogar dritter Klasse behandelt zu werden.

Autor:

Peter Emshoff aus Iserlohn

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