Staatlich verordnete Obdachlosigkeit
Unter dem Titel „Immer mehr Menschen in prekärer Lage - Das neue Gesicht der Wohnungslosenhilfe“ berichtete der IKZ am 18.11.2011 ein weiteres Mal über die Arbeit der engagierten Sozialarbeiter Heidrun Schulz und Ulf Wegmann. Nach Einschätzung der Sozialarbeiter hat gerade die Einführung von Hartz IV einen nicht unerheblichen Teil an der enormen Steigerung der Fallzahlen.
Heidrun Schulz: „Mit der 2005 vorgenommenen Aufteilung in erwerbsfähige und nicht erwerbsfähige Menschen hat man eine Ausgrenzung erreicht, die eben die nicht Erwerbsfähigen überfordert und belastet. Es gibt mittlerweile zahlreiche Studien, die eindeutig belegen, dass diese Form der Arbeitslosigkeit beiden Betroffenen zu völliger Desillusionierung und Aussichtslosigkeit führt, an diesem Zustand jemals wieder etwas ändern zu können."
Ulf Wegmann ergänzt:
„Wir wissen, dass es der größte Teil unserer Besucher mit allen Mitteln versucht, Arbeit zu finden und dann oft Opfer von Ausbeutung wird. Teils schuften die Leute, von denen einige gesundheitlich schwer angeschlagen sind, ohne Bezahlung, weil man ihnen einen festen Job versprochen hat - ohne dass dieses Versprechen eingelöst wird."
Im Rückblick auf die Entwicklung des Arbeitsmarktes der letzten Jahrzehnte argumentiert er:
„Viele junge Menschen sind mit der Erfahrung der dauerhaften Arbeitslosigkeit ihrer Eltern aufgewachsen." Parallel hierzu sei ganz generell die Bindung zwischen Unternehmen und Angestellten geschwunden. Wegmann: „Eine dauerhafte und sichere Beschäftigung mit einem Lohn, von dem man leben kann - das ist heute für viele Menschen nicht mehr die Regel." Und in der Tat sei es wohl verständlich, dass ein Mensch, der im Drei-Schicht-System für 1100 Euro arbeitet, in eine Sinnkrise stürzen kann, weil er für den Unterhalt seiner Familie zusätzlich noch auf staatliche Leistungen angewiesen ist.“
In der Öffentlichkeit wenig bekannt ist die unheimliche Verknüpfung von „Zwangsarbeit unter Sanktionsandrohung“ in den ansässigen Zeitarbeitsfirmen und dem Jobcenter Märkischer Kreis. Auf der einen Seite treiben die Jobcentermitarbeiter immer mehr Menschen der prekären Arbeit in der Zeitarbeit zu, auf der Schattenseite, können die Rückmeldungen der Billiglohnvermittler an die JC-Mitarbeiter Existenzgefährdende Sanktionen auslösen. Besonders gefährdet ist hierbei die Altersgruppe der unter 25jährigen. Sanktionen gegen null sind hier fast eher die Regel als die Ausnahme: Behördenmitarbeiter als Vorbereiter von Obdachlosigkeit . . .
Bei Heidrun Schulz klingt das so: „Es kann doch nicht sein, dass Sanktionen gegenüber den Empfängern von Arbeitslosengeld II so weit gehen können, dass ihre Unterkunftskosten bis auf null gekürzt werden. Hier läuft etwas fürchterlich schief, das müsste auch allen bewusst sein, die die Gesetze verabschiedet haben."
Auf der Internetplattform www.beispielklagen.de sind mehrere 100%-Sanktionen akribisch recherchiert und sorgfältig dokumentiert.
Alle Sanktionen wurden als rechtswidrig ausgeurteilt. Alle Sanktionen mussten aufgehoben werden.
Eine Entschuldigung der Mitarbeiter für das begangene Unrecht hat keiner der Betroffenen gehört.
Autor:Ulrich Wockelmann aus Iserlohn |
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