„Qualitätsarbeit“ im Jobcenter MK

Am 19.02.2015 fand vor dem Amtsgericht Iserlohn eine Verhandlung in Sachen JobCenter Märkischer Kreis statt. Im Saal 105 C sollte über eine Ordnungswidrigkeit entschieden werden.

Einem Kunden war unterstellt worden, er würde in einer Bedarfsgemeinschaft leben und hätte Auskünfte verweigert. Daraufhin hatte das Jobcenter der Frau mit der er angeblich zusammen leben würde, die Leistungen komplett gestrichen.
Nach einem Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz und anwaltlicher Vertretung bekam die Frau dann Recht zugesprochen. Der Nachweis, dass keine Bedarfsgemeinschaft vorlag überzeugte das Gericht und die Leistungen mussten nachgezahlt werden.

Monate später wurde dem jungen Mann von der Abteilung Ordnungswidrigkeiten des Jobcenter MK (OWi-Stelle) ein OWi-Bescheid zugestellt, mit der Aufforderung, dass er 528,50 Euro zu zahlen hätte. Zur Begründung wurde vorgetragen, er sei seiner Auskunftspflicht nicht nachgekommen und habe somit einen Verstoß gegen § 60 Abs. 4 Satz1 zweitem Buches Sozialgesetz begangen.

Rechtsanwalt Lars Schulte-Bräucker hatte bereits das ER-Verfahren für die Frau geführt und gewonnen. Jetzt setzte er den vorsitzenden Richter über die Sachverhalte in Kenntnis. Ohne einen sachkundigen Anwalt, hätte das Jobcenter Märkischer Kreis möglicherweise wieder einmal eine unrechtmäßige Forderung und Vermögensschädigung ausgelöst. Lars Schulte-Bräucker machte den vorsitzenden Richter darauf aufmerksam, dass die Jobcenter-Mitarbeiter nur wenige Seiten aus der Akte vorgelegt hatte, gerade genug um den Richter zu täuschen. Ohne vollständige Akteneinsicht sind viele Fälle nicht angemessen zu bearbeiten.

Das Gericht beschloss daraufhin das Verfahren einzustellen und die Kosten der Verteidigung der Staatskasse aufzuerlegen. Hier stellt sich mal wieder die Frage, wie weit sind die Abteilungen miteinander verbunden, wenn offensichtlich beim Jobcenter die linke Hand nicht weiß, was die Rechte macht. Da werden einfach Behauptungen aufgestellt und ein Mensch vorverurteilt. Die Kosten verursacht das Jobcenter, die Steuerzahler haben dies zu tragen. Was ist das nur für eine Intuition, die immer wieder durch Rechtsbruch, illegale Sanktionen und Willkür auffällig wird, wo Menschen die doch einfach nur Hilfe suchen, behandelt werden als seien sie das Letzte.

Autor:

Klaus Brieger aus Iserlohn

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7 Kommentare

Ulrich Wockelmann aus Iserlohn
am 01.03.2015 um 08:46

In Fachkreisen hat bereits vor Jahren der Begriff der "Jobcenter-Phobie" Einzug gehalten. Mit Angst vor Terminen beim Jobcenter, Angst davor Post vom Jobcenter zu öffnen, werden wir regelmäßig konfrontiert.

Nun muss niemand Angst davor haben "gefördert" zu werden. Hilfestellung, Unterstützung und Ermutigung sind Begriffe, die wohl kaum jemand beim Jobcenter erwartet.
Im besten Fall sind die Termine aus Betroffenen-Sicht nutzlos, manchmal ausgesprochen lästig, oft aber auch schädlich für den Geldbeutel.

Fairerweise muss ich einräumen, dass aber zahlenmäßig nur etwa 9-10% der
beim Jobcenter registrierten Bedarfsgemeinschaften (Okt 2014: 16.444 ) unsere Gesprächsangebote aufgesucht haben.

Möglicherweise sind 90% der Betroffenen mit der Arbeit des Jobcenters zufrieden?
Oder sie kennen unsere Arbeit nich nicht?

Unstrittig ist, dass eine große Zahl von Armen in Deutschland, wenigstens 1,2 Millionen Menschen, andere Quellen nennen weitaus höhere Zahlen, Ansprüche auf Sozialleistungen haben, diese aus Scham oder Angst vor Schikanen und Demütigungen nicht in Anspruch nehmen. Das ist vielleicht, wie wenn ein Ertrinkender darauf verzichtet, den Rettungsring vom Jobcenter anzunehmen und lieber noch eich Stückchen auf seinem Treibgut ausharrt.

Körperverletzung ist das vielleicht nicht, aber möglicherweise unterlassene Hilfeleistung?

Ulrich Wockelmann aus Iserlohn
am 01.03.2015 um 08:47

Es wäre schön, wenn endlich einmal Psychologen und Therapeuten zu den praktischen Auswirkungen von Hartz IV Stellung beziehen würden.

Diese Fachleute betreuen bereit seit Jahren etliche Kunden und Jobcenter-Mitarbeiter in den gleichen Praxen.

Klaus Brieger aus Iserlohn
am 04.03.2015 um 20:44

Ein interessanter Ansatz.