Mehr als nur ein schwieriger Besucher
LSG Celle-Bremen: Gewalt gegen Jobcenter-Mitarbeiter begründet ein Hausverbot
„Aggressiv-gewalttätiges Verhalten im Jobcenter kann ein Hausverbot zur Folge haben. Das hat das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen vorläufig bestätigt. Mit der Entscheidung sei die Grenze zwischen schwierigen Besuchern und Störern präzisiert worden, erklärte das Gericht am Montag (Beschl. v. 16.06.2019, Az. L 11 AS 190/19 B ER).“
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Ein Blick in den Beschluss lohnt sich
Ein 56-jähriger Mann suchte am 25.10.2018 den Teamleiter der Leistungsabteilung wegen der Gewährung von Heizkosten auf, nachdem er mit Bescheid vom 19.10.2018 eine geringfügige Nachzahlung in Höhe von 33,60 Euro für 12 Monate erhalten hatte.
Durch das Gespräch mit dem Jobcenter-Mitarbeiter fühlte sich der Mann derart provoziert, dass er in Wut geriet, das Telefon vom Schreibtisch riss und in die Richtung des Teamleiters warf. Danach verrückte er auch noch dessen Schreibtisch.
Der Beschluss des LSG Celle-Bremen erwähnt die Rechtsverletzungen des Jobcenters gegen den Kunden nur beiläufig.
„Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der 1999 geborene Sohn des Antragstellers I. mit diesem eine Bedarfsgemeinschaft bildet und dementsprechend dessen Einkommen bei der Leistungsgewährung zu berücksichtigen ist. Nach Einlassung des Antragstellers bewohnt sein Sohn eine eigene Wohnung in dem im Eigentum des Antragstellers stehenden Mehrfamilienhaus im J. 6 in K. L ....“
„Selbst dann, wenn die Entscheidungen des Antragsgegners rechtswidrig gewesen sein sollten, folge daraus nicht die Berechtigung mit dem Telefon oder dem Schreibtisch des Mitarbeiters auch nur zu hantieren.“
LSG Niedersachsen-Bremen, L 11 AS 190/19 B ER, 16.07.2019
Erst ein Beschluss des Sozialgericht Lüneburg vom 03.12.2018 (S 37 AS 248/18 ER) sprach dem Kläger einen (anteiligen) Nachzahlungsbetrag in Höhe von 775,00 Euro zu. Leider kam der Beschluss wohl 39 Tage zu spät.
Sachbeschädigung und versuchte Körperverletzung
Das Jobcenter stellte daraufhin Strafanzeige. Das Amtsgericht verurteilte den Antragsteller im April 2019 wegen Sachbeschädigung. Eine versuchte Körperverletzung schloss es aus, da dem Antragsteller ein Vorsatz nicht habe nachgewiesen werden können.
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Strafverfolgung von Rechtsverletzungen durch Jobcenter-Mitarbeiter überfällig
Es gibt keine Entschuldigung für Gewalt gegen Jobcenter-Mitarbeiter.
Aber warum gibt es keine Strafverfolgung für Rechtsverletzungen im Jobcenter? Nicht wenige Erwerbslose berichten über Beleidigungen, Psychoterror, Nötigung und Bedrohung durch Jobcenter-Mitarbeiter. Andere werden systematisch um Sozialleistungen betrogen durch falsche Beratung und Täuschung über die aktuelle Rechtsprechung. Geschäftsführungen fordern sogar zur Irreführung auf. Hier ist die Frage nach bandenmäßigem Betrug nicht abwegig.
Der Umstand dass bisher offensichtlich so gut wie keine Strafverfolgung gegen Geschäftsführer und Jobcentermitarbeiter bekannt sind, ist ein schwerwiegendes Indiz für das Versagen des Rechtsstaats.
Autor:Ulrich Wockelmann aus Iserlohn |
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