JVA wächst - Drüpplingsen schrumpft!

Eine mit 300 bis 350 Interessierten prall gefüllte Schützenhalle zeugte von dem großen Interesse der Bewohner an den Entwicklungen rund um die JVA. Foto: Schulte
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  • Eine mit 300 bis 350 Interessierten prall gefüllte Schützenhalle zeugte von dem großen Interesse der Bewohner an den Entwicklungen rund um die JVA. Foto: Schulte
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44 Wohnungen müssen für Haftanstalt-Erweiterung weichen - Kündigungen werden verschickt

2019 wird Drüpplingsen definitiv schrumpfen. "Die Neubau- und Erweiterungspläne der Justizanstalt umfassen auch den Abriss der dortigen 44 Mitarbeiterwohnungen", so Thomas Grote zu Beginn der Bürger-Informationsveranstaltung in der Schützenhalle, "das bedeutet, dass 14 Prozent der Drüpplingser Einwohner Mitte des nächsten Jahres keine Wohnung mehr haben werden."

Von Christoph Schulte

Drüpplingsen. Iserlohns Stadtbaurat zeigte sich durchaus bewusst, dass dies zu einem Problem auch für die Dorfgemeinschaft führen könne. "Es wird nicht gelingen, zeitnah vor Ort, also in Drüpplingsen selbst, genügend Wohnraum zu schaffen, auch wenn wir als Stadt versuchen werden, durchaus noch vorhandene Wohnbauflächen-Reserven zu aktivieren."
Grotes Worte waren am Montagabend nur ein schwacher Trost für die betroffenen Mieter, denen in den nächsten Tagen nach Auskunft des Justizministeriums NRW als Besitzer der Liegenschaften die Kündigungen für den 31. Juni 2019 zugestellt werden. Die Betroffenen beklagten vor allem die mangelhafte Informationspolitik und fehlende Unterstützung bei der Wohnungssuche durch die Stadt Iserlohn und das verantwortliche Justizministerium NRW. Gudrun Schäpers, Leiterin der zuständigen Abteilung Liegenschaften im Ministerium, versuchte die Gemüter zu beruhigen, indem sie allem betroffenen Mietern persönliche Gespräche zum Finden individueller Lösungen anbot.
Weitere Sorgen und Befürchtungen Drüpplingser Anwohner während des teilweise emotionalen, überwiegend aber sachlich verlaufenen Infoabends betrafen u.a. die Beeinträchtigungen während der geplanten fünfjährigen Bauzeit, Lärmbelästigungen durch die Erhöhung der maximalen Belegungszahl von aktuell 280 auf zukünftig 340 Häftlinge sowie Wertminderungen von angrenzenden Privatgrundstücken durch den geplanten Bau einer neuen, circa 5,50 m hohen Mauer, die künftig die JVA umschließen soll.

Nachfolgend die Presseinformation des zuständigen Bau- und Liegenschaftsbetriebes NRW, Niederlassung Dortmund:

"Der Bauherr, der Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW (BLB NRW), stellte am Montag, den 29. Oktober 2018, den zahlreich erschienenen Bürgerinnen und Bürgern zunächst den aktuellen Stand der Planungenzum Neubauprojekt JVA Iserlohn vor. Helmut Heitkamp, Leiter der Dortmunder Niederlassung des Unternehmens, erläuterte anhand von Überblickskarten und Entwürfen den aktuellen Stand des Projekts: „Um die Lärmbelästigung der Anwohner zu reduzieren, werden die Sportanlagen zur den Wohngebieten abgewandten Seite des Geländes verlegt – ähnlich gehen wir z.B. mit den Werkstätten und den Freistundenhöfen um, die deshalb vollständig neu ausgerichtet werden.“ Vieles wird in der Planung durch den gewachsenen Platzbedarf und natürlich die in einer JVA unausweichlichen Sicherheitserwägungen diktiert. Dennoch ist Rücksicht auf die Anwohner aus Sicht Heitkamps von entscheidender Bedeutung: „Natürlich müssen wir Haftplatz schaffen – aber ein Gebäude sollte auch nur so hoch sein, dass die Umwehrungsmauer möglichst viel Sichtschutz für die Nachbarn bieten kann.“
Der Neubau ist notwendig, da die im Jahr 1969 errichtete Anstalt vollständig sanierungsbedürftig ist und die bauliche Situation den Bedürfnissen eines modernen Jugendstrafvollzugs nicht mehr genügt. „Junge Strafgefangene müssen Verantwortung für ihr Leben übernehmen und merken, dass Straftaten keine Lösung sind“, erläutert Jakob Klaas, Leiter der Abteilung Justizvollzug im Ministerium der Justiz, die Ziele eines modernen Jugendstrafvollzugs. „An einer erfolgreichen Behandlung junger Straftäter hat auch die Ausstattung einer Justizvollzugsanstalt ihren Anteil. Jungen Männern und Frauen soll es in Iserlohn ermöglicht werden, in Wohngruppen angemessene soziale Umgangsformen zu erlernen. Mit einer besseren räumlichen Ausstattung wollen wir außerdem noch mehr Akzente bei Förderangeboten setzen.“ Zugleich soll die Kapazität der JVA maßvoll von 280 Haftplätzen auf 340 Haftplätze erhöht werden.
Damit sich die neue JVA Iserlohn in das örtliche Stadtbild einfügt, bedarf es einer niedriggeschossigen  Bauweise. Mit ihr ist ein erhöhter Flächenbedarf verbunden, der in der Öffentlichkeit bereits im Jahr 2015thematisiert worden ist. Ein Neubau darf nur auf dem jetzigen Gelände realisiert werden, eine Erweiterung, etwa auf die anliegenden landwirtschaftlichen Nutzflächen, ist aus rechtlichen Gründen nicht möglich. Eine Folge ist, dass die auf dem landeseigenen Gelände neben der JVA liegenden Dienst- und Mietwohnungen nicht erhalten werden können.
Bauherr und Justiz befinden sich deshalb in enger Abstimmung mit der Stadtverwaltung. “In Bezug auf den Wegfall der Dienstwohnungen wird die Verwaltung prüfen, ob auf den im Flächennutzungsplan dargestellten Wohnbauflächen im Bereich nördlich und westlich der geplanten JVA eine wohnbauliche Nachverdichtung möglich ist“, versicherte Thorsten Grote, Stadtbaurat.
Der eigentliche Bau erfolgt in zwei Abschnitten, da der Betrieb der Anstalt weiterlaufen muss: Voraussichtlichab Mitte 2021 werden zunächst vor allem die neuen Hafthäuser gebaut, sowie weitere Anlagen; hierhin können dann die Häftlinge voraussichtlich Mitte 2023 umziehen. Nach jetzigem Planungsstand werden dann die Gebäude im 2. Bauabschnitt 2025 fertiggestellt. „Das ist ein sportlicher Zeitrahmen für ein Projekt dieser Größenordnung“, versichert Heitkamp: „Aber es ist uns wichtig, die Belastung für die Anwohner durch diese Großbaustelle so gering wie möglich zu halten – und über den gesamten Verlauf zeitnah, transparent und umfassend zu informieren.“ Der BLB NRW steht deshalb auch in den kommenden Jahren als Ansprechpartner für die Bürgerinnen und Bürger in Iserlohn zur Verfügung.

Fragen und Antworten

Warum muss die JVA neu gebaut werden?
Notwendig ist der Neubau, weil der jetzige Zustand der 1969 gebauten JVA nicht mehr den aktuellen Anforderungen genügt und Baumängel aufweist. Die Gebäude und technischen Anlagen weisen Mängel auf, die mit vertretbarem Aufwand nicht beseitigt werden können. Dazu kommt, dass die Anforderungen des neuen Jugendstrafvollzugsgesetzes in der vorhandenen Bausubstanz kaum zu erfüllen sind. Gleichzeitig ist auch im Jugendvollzug eine ausreichende Haftplatzkapazität vorzuhalten, um für die kommenden Jahre gewappnet zu sein. Die Kapazität der neuen JVA Iserlohn soll daher maßvoll auf 340 Haftplätze (statt bisher 280) angehoben werden.

Wird die Lärmbelästigung für die Anwohner steigen, wenn die erneuerte JVA in Betrieb geht?
Nein − die Lärmbelästigung wird für die Anwohner sogar sinken. Im Gegensatz zur bestehenden JVA werden beim Neubau die Sportanlagen zur den Wohngebieten abgewandten Seite des Geländes verlegt – auch die Werkstätten und die Freistundenhöfen werden neu ausgerichtet, um die Anwohner zu entlasten.

Wird der Sichtschutz für die Anwohner verbessert?
Bei den Gebäuden, die in der Nähe der Mauer liegen, werden auf der der Anstaltsmauer zugewandten Seite keine Hafträume der Gefangenen untergebracht. Obwohl 60 Haftplätze mehr geschaffen werden, sollen die Gebäude nur so hoch werden, dass die Umwehrungsmauer möglichst viel Sichtschutz für die Nachbarn bieten kann.

Können die Dienst- und Mietwohnungen erhalten werden?
Diese Möglichkeit wurde bei den Planungen natürlich gründlich geprüft. Leider führen die Rahmenbedingungen zu einem erhöhten Platzbedarf, der zur Folge hat, dass die jetzigen Dienst- und Mietwohnungen nicht erhalten werden können: Die einzuhaltenden sicherheitsrelevanten Abstände der Gebäude zu der Anstaltsmauer und die dringendbnotwendige Erhöhung der Haftplatzanzahl auf 340 Haftplätze benötigen mehr Raum als in der bestehenden Anlage vorhanden ist. Der Mehrbedarf kann nur auf den landeseigenen Flächen realisiert werden, auf denen sich die Dienst- und Mietwohnungen befinden. Eine andere Erweiterung, etwa auf die anliegenden landwirtschaftlichen Nutzflächen, ist aus rechtlichen Gründen nicht möglich.

Wird es zusätzliche Angebote für die bisherigen Mieter geben?
In Bezug auf den Wegfall der Dienstwohnungen wird die Verwaltung der Stadt Iserlohn prüfen, ob auf den im Flächennutzungsplan dargestellten Wohnbauflächen im Bereich nördlich und westlich der geplanten JVA eine wohnbauliche Nachverdichtung möglich ist.
Die Justiz verfügt in der Region über keine anderen Wohnungen, die angeboten werden können.

Wann sollen die Bauarbeiten beginnen und wie lange dauern sie?
Die eigentlichen Bauarbeiten erfolgen in zwei Abschnitten, da der Betrieb der Anstalt weiterlaufen muss: Voraussichtlich ab Mitte 2021 werden im östlichen und südlichen Bereich neue Gebäude und Hafthäuser errichtet (1. Bauabschnitt). Voraussichtlich Mitte 2023 können die Häftlinge in die neuen Hafthäuser verlegt werden, sodass die Gebäude des 2. Bauabschnitts begonnen werden können. Nach jetzigem Planungsstand werden sie 2025 fertiggestellt.

Wird es zukünftig weitere Informationen geben?
Der Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW (BLB NRW) als Bauherr der Maßnahme wird über den gesamten weiteren Verlauf zeitnah und transparent informieren. Er steht auch in den kommenden Jahren als Ansprechpartner für die Bürgerinnen und Bürger in Iserlohn zur Verfügung.

Eine mit 300 bis 350 Interessierten prall gefüllte Schützenhalle zeugte von dem großen Interesse der Bewohner an den Entwicklungen rund um die JVA. Foto: Schulte
So oder vergleichbar könnte sich die Bebauung der JVA Iserlohn nach dem Neubau darstellen. Quelle: Machbarkeitsstudie zum Projekt
Autor:

Christoph Schulte aus Hemer

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