Jobcenter verhängen mehr als eine Million Hartz-IV-Sanktionen - Zahlenspiele

Während die Börsianer jubeln, dass jedes vierte Unternehmen im kommenden Jahr Stellenabbau plant, bemüht die Arbeitsagentur ausgerechnet „die gute Lage auf dem deutschen Arbeitsmarkt“ zur Begründung verfassungswidriger Sanktionen.

Dabei klingt es wie Hohn, wenn es aus den Reihen der Bundesagentur heißt:
Eine Sprecherin der Nürnberger BA führte die starke Zunahme auf die "konsequentere und professionellere Arbeit" der Behörde zurück. In den Jobcentern wechsele das Personal weniger häufig als früher.“

1. Sehen wir uns die Statistik an:
statistik.arbeitsagentur.de

Die Bundesagentur vermeldet eine Sanktionsquote von 1.000.000 Sanktionen mit einem Durchschnittsbußgeld in Höhe von 106,00 €. Das macht eine „Einsparung an der Menschlichkeit“ von 106 Millionen Euro.

Allerdings sind davon 667.000 Sanktionen wegen Meldeverstößen. Diese werden mit 10 % der jeweiligen Regelleistung geahndet. Je nach Lebensform und Alter variiert das Bußgeld:

--> Regelsatz Single 374,00 € --> 10% = 37,40 € x 667.000 = 24.945.800,00 €
--> Regelsatz Partner 323,00 € --> 10% = 32,30 € x 667.000 = 21.544.100,00 €
--> Regelsatz 18-25 J. 299,00 € --> 10% = 29,90 € x 667.000 = 19.943.300,00 €
--> Regelsatz 16-18 J. 287,00 € --> 10% = 28,70 € x 667.000 = 19.142.900,00 €

2/3 aller Sanktionen bringen somit höchstens ¼ der Gesamtbußgeldsumme ein. Das verbleibende Drittel, also etwa 333.000 Sanktionen (Personen ?) werden mit ¾ der Gesamtbußgeldsumme überzogen.

Subtrahieren wir also einen fiktiven Mittelwert von 22 Millionen für Meldeverstöße von der Gesamtsumme 106 Millionen, so können wir einen neuen Durchschnitt für die anderen verbleibenden Sanktionen in Höhe von 106 Mill – 22 Mill = 84 Millionen errechnen.

Teilen wir nun die verbleibende Rest-Bußgeldsumme in Höhe von 84 Millionen durch die restlichen 333.000 Sanktionen so errechnet sich bereits ein neuer Durchschnitt von 252,25 € pro Monat und damit eine Bedarfsunterdeckung tief unter das soziokulturelle Existenzminimum.

Ein erbärmliches Armutszeugnis für den Rechtsstaat

2. Widersprüche und Klagen

Eine kleine Anfrage der Partei dieLinke zu den verhängten Sanktionsverfahren bei Hartz IV zeigte, dass in den Jahren 2006-2009 im Durchschnitt 35% aller Widersprüche als rechtswidrig anerkannt wurden. Wer es dann von den zunächst Zurückgewiesenen wagte den Klageweg zu beschreiten, hatte sogar noch zu 53 % Erfolg.
Leider haben aber nur etwa 10% der Sanktionierten Rechtsmittel eingelegt. Es müssten 100% sein.

Wer bei einer solchen Fehlerquote darauf besteht, dass auch weiterhin erst sanktioniert und dann rehabilitiert wird, muss sich die Frage gefallen lassen, ob er tatsächlich auch nur etwas vom Rechtsstaat verstanden hat?

Den in den Medien ungeprüft veröffentlichten Zahlen müsste jeweils eine „bereinigte“ Statistik gegenüber gestellt werden, um der politischen Propaganda das Lügenmaul zu stopfen. Das wäre der Auftrag der Presse.

3. Auswirkungen

Ernst zu nehmende Untersuchungen zu den Auswirkungen von Sanktionen weisen übrigens überwiegend eindeutig schädigende Wirkungen aus.
http://www.beispielklagen.de/klage018.html#Infos

Keine einzige Studie bietet auch nur Ansätze für messbaren Nutzen, Verbesserung der Eingliederungschancen oder Unterstützung durch Sanktionen.

Studien und Untersuchungen zu 100%-Sanktionen werden vorsorglich nicht einmal erwogen. Hier gilt kollektives Nichts-wissen-wollen.

4. Sanktionen vermeiden

--> Eine einfache Regel heißt: Nie eine Eingliederungsvereinbarung unterschreiben und gegen jeden Verwaltungsakt sofort Widerspruch einlegen. Es besteht in Deutschland keine Verpflichtung zum Vertragsabschluss unter Zwang. Die Androhung von Leistungsverweigerung bei Nichtunterzeichnung erfüllt nach Auffassung mehrerer Verfassungsrechtler bereits den Straftatbestand der Nötigung. Ein hoher Prozentsatz von Sanktionen wird mit Verstößen gegen einen Vertrag begründet, den niemand braucht.
--> Fast alle Ein-Euro-Jobs sind rechtswidrig und jeder Missbrauch sollte zur Anzeige gebracht werden. Ein-Euro-Jobs sind nutzlos und für die Integration in den ersten Arbeitsmarkt kontraproduktiv.
--> Verstand ausschalten, Schwachsinn mitspielen, Bürokratie als Spiel verstehen. Die Beratungspraxis zeigt oft, dass ausgerechnet der gesunde Menschenverstand häufig zur Missachtung der bürokratischen Beschäftigungsübungen führt.

Autor:

Ulrich Wockelmann aus Iserlohn

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