das Menschenwürdegebot in Coronakrise
Jobcenter muss obdachlosem EU-Bürger Hartz IV zahlen

„Vielen obdachlosen Ausländern stehen in Deutschland keine Sozialleistungen zu. Nun stellt das Sozialgericht Düsseldorf in einem Beschluss fest: In der Coronakrise hat der Staat das Überleben zu sichern.“
spiegel.de

„Es ist für das Gericht gerade in der derzeitigen Extremsituation aufgrund der Pandemiesituation völlig unverständlich, wie die Antragsgegnerin hier Leistungen verweigern kann.“
So formulierte Richterin Linnenkämper in Ihrem Beschluss in dem Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes
SG Düsseldorf, Beschluss vom 14.04.2020 – Az: S 25 AS 1118/20 ER

Das Jobcenter Wuppertal und das Menschenwürdegebot

Ausgangssituation war die anhaltende Leistungsverweigerung durch das Jobcenter Wuppertal gegen einen obdachlosen Mann aus Portugal, der bereits seit vielen Jahren in Deutschland lebt und seit 1994 Rentenversicherungszeiten nachgewiesen hat. Dabei gehe es weniger um die Frage, ob der Mann Anspruch auf Sozialleistungen habe, sondern eher um welche.

In dem Beschluss heißt es:
„Davon unabhängig stellt die Frage, ob § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II mit den Vorgaben des BVerfG an die Gewährleistung des menschenwürdigen Existenzminimums vereinbar ist, eine schwierige Rechtsfrage dar, dies insbesondere in der derzeitigen Situation aufgrund der Pandemielage
wegen Sars-Cov-2, die weltweit existiert.

Die Antragsgegnerin ist explizit vom Gericht dazu aufgefordert worden, dazu Stellung zu nehmen, ob aufgrund der aktuellen besonderen Situation dem Antragsteller nicht einstweilen Leistungen erbracht werden können. Mit keinemWort ist die Antragsgegnerin in ihrer Antragserwiderung darauf eingegangen.
Das Gericht hatte die Antragsgegnerin auch darauf hingewiesen - sollte man ihrer Auffassung folgen - , dass sie ggf. als erstangegangener Träger einstandspflichtig sei und dann ebenfalls Leistungen zu erbringen hätte aufgrund der Vorschriften des SGB XII, aber auch dazu hat die Antragsgegnerin keine Einlassung abgegeben. Es ist für das Gericht gerade in der derzeitigen Extremsituation aufgrund der Pandemiesituation völlig unverständlich, wie die Antragsgegnerin hier Leistungen verweigern kann. Ein ausländischer Obdachloser, der wegen geschlossener Grenzen in Europa derzeit auch nicht in sein Heimatland zurückreisen kann, um ggf. dortSozialleistungen zu beantragen, ist nach Auffassung des Gerichts nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts auch hier von deutschen Behörden ein menschenwürdiges Existenzminimum zu gewähren, dass sein Überleben in dieser Zeit sichert, zumal aufgrund der Einschränkungen des öffentlichen Lebens es derzeit für Obdachlose mehr als schwierig sein dürfte, auf der Straße Leistungen ggf. zu erbetteln.“

Autor:

Ulrich Wockelmann aus Iserlohn

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