Jobcenter bestrafen wieder mehr Hartz-IV-Empfänger
Oft zu Unrecht. Als Ursachen dafür werden von kompetenten Kritikern eine mangelhafte Gesetzgebung, Jobcenter interne Sanktionsquoten und unzureichend qualifiziertes Personal genannt. Die Vorgaben sanktionsbewährter Auflagen, die rechtliche Bewertung von behauptetem Fehlverhalten und die Vollstreckung von Bußgeldern tief unter das Existenzminimum werden von zumeist rechtsunkundigen und abhängig-beschäftigten Sachbearbeitern vollstreckt. „Ich habe die Gesetze nicht gemacht.“
Klagen plus Widersprüche
In der Medienberichterstattung klingen Sanktionsstatistiken meist nüchtern kalt. Der Spiegel bildet hier einmal die erschütternde Realität zumindest ansatzweise ab: 40% Fehlurteile bei sozialrechtlich überprüften Sanktionen.
„Das Jobcenter hat 2016 wieder mehr Hartz‐IV‐Empfänger bestraft: Rund 135.000 von ihnen wurde das Existenzminimum gekürzt. Oft zu Unrecht ‐ fast vier von zehn Klagen gegen die Sanktionen hatten Erfolg.“
spiegel.de
Die WAZ präzisiert den Jahres-Durchschnittswert der Sanktionen.
„Nach neuen Zahlen der Bundesregierung, die dieser Redaktion vorliegen,
verhängten die Jobcenter 2016 im Durchschnitt monatlich gegen 134.390
Bezieher von Hartz IV Sanktionen – im Jahr zuvor waren es noch 131.520.“
Mehr Hartz-IV-Bezieher von Leistungskürzungen betroffen.“
waz.de
Monatlich vollstrecken Jobcenter also ca. 134.390 Sanktionen gegen Leistungsberechtigte – das sind 1.612.680 Sanktionen im Jahr 2016. Die durchschnittliche Kürzung des Existenzminimums liegt bei ca. 100,00 €.
Aber dies gibt nur einen Teil der Katastrophe wieder. Denn bereits in der ersten Stufe der rechtlichen Prüfung, den sogenannten Widerspruchsverfahren sind bereits circa 33% der Widerspruchsführer erfolgreich. Würden alle Sanktionierten Widerspruch einlegen, wären möglicherweise 33% der Sanktionen oder nach Hochrechnung der Erfolgschancen 532.184 Sanktionen rechtswidrig.
„Die Zahl der von Sanktionen betroffenen Hartz-IV-Bezieher ist im vergangenen Jahr wieder gestiegen. Aber jede dritte Leistungskürzung wurde nach Widerspruch der Betroffenen ganz oder teilweise zurückgenommen.“
nrz.de
Also von 100 Widerspruchsführern sind bereits 33 Sanktionen ganz oder teilweise rechtswidrig. Und von den verbleibenden 66 zurückgewiesenen Widerspruchsführern gewinnen noch einmal 40 % der tatsächlichen Klageführer vor den Sozialgerichten. Bedauerlicherweise lassen sich viele einschüchtern und geben auf.
Zu diesem Schluss kommt auch Inge Hannemann in einem Gespräch mit Susan Bonath in der JungeWelt.
»Zu wenige wehren sich gegen Sanktionen«
Qualitätssicherung im Märkischen Kreis
Im Jahr 2016 waren im Märkischen Kreis monatlich 100 Personen mit Sanktionen belegt. Diese Zahlen hat die Agentur für Arbeit statistisch erfasst.
statistik.arbeitsagentur.de
Aber die Qualitätssicherungsabteilung des Jobcenters Märkischer Kreis, die Widerspruchstelle, liefert unverantwortlich schlechte Ergebnisse, die in keinem Betrieb auf dem freien Markt hingenommen werden könnten.
beispielklagen
von der Leyen und Nahles – kein Interesse an den Schicksalen der Betroffenen
21.01.2017 Das Haus Nahles (vormals von der Leyen) weiß nichts über das Schicksal der Hartz-IV-Totalsanktionierten
7.000 Hartz-IV-Anspruchsberechtigten sind monatlich von einer Totalsanktion betroffen. Das von Andrea Nahles geführte Bundesministerium für Arbeit und Soziales weiß nichts über deren Verbleib nach der Totalsanktion oder über deren Krankenversicherung. Das ergab die Antwort auf meine schriftliche Frage (unten).
https://www.katja-kipping.de/de/article/1191.das-haus-nahles-wei%C3%9F-nichts-%C3%BCber-das-schicksal-der-hartz-iv-totalsanktionierten.html
Das neue deutschland berichtete dazu exklusiv.
„Konsequenzen bei Hartz IV egal“
Die Lösung
Hartz IV muss weg. Alle Sanktionsmöglichkeiten müssen sofort abgeschafft werden.
https://www.katja-kipping.de/kontext/controllers/document.php/312.2/9/b30e83.pdf
Autor:Ulrich Wockelmann aus Iserlohn |
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