Heart’s Fear/Hartz IV – Geschichten von Armut und Ausgrenzung

Am 02.07.2018 veröffentlichte die jungewelt einen sehr lesenswerten Artikel von Bettina Kenter-Götte, einer 67jährigen, Schauspielerin und Autorin, die als Alleinerziehende vorübergehend auf »ergänzendes ALG II« angewiesen war. Im Frühjahr veröffentlichte sie ihre Erfahrungen in dem Buch »Heart’s Fear/Hartz IV –
Geschichten von Armut und Ausgrenzung«.

Sie leitet Ihren Beitrag mit den folgenden Zeilen ein:
„Würden Sie es gutheißen, wenn einem Mörder das Essen entzogen würde? Nein? Und doch wird diese Strafe in unserem Land rund 80.000 Mal im Monat verhängt, gegen unbescholtene Bürgerinnen und Bürger. Warum? Da hat jemand (angeblich!) einen »Antrag« zu früh abgegeben oder zu spät oder unvollständig, hat eine Frist nicht eingehalten (die noch gar nicht abgelaufen war), hat eine »Eingliederungsvereinbarung« nicht unterschrieben (die zu unterschreiben niemand verpflichtet ist), hat eine »Maßnahme« abgelehnt (weil sie sinnlos war), hat keinen Hortplatz gefunden (weil es keinen gab), kam zu spät zu einem Termin (weil die S-Bahn zu spät kam) … All diese Fälle sind dokumentiert.“
Auf Null gekürzt - Wie würden Sie das überleben? Von einer mittelalterlichenStrafe namens »Hartz-IV-Vollsanktion«

Der Artikel spiegelt sehr gut die Lebenswirklichkeit Betroffener wieder, die ich auch aus meiner Arbeit kenne.

Geradezu erbärmlich lebensfremd war dagegen ein Redebeitrag von Kai Whittaker MdB CDU/CSU bei der Debatte zur Abschaffung von Sanktionen bei Hartz IV und Sozialhilfe vom 28.06.2018. Dem aufmerksamen Beobachter kann dabei nicht entgehen, dass in dem Vortrag „keine Gesichter, keine Menschen vorkamen“. Statt dessen irreführende Statistiken und das Spielen mit Prozenten, unter Vertuschung solider Ausgangsdaten, als ob eine Erhöhung von 2,3 % auf statistisch manipuliertem Existensminimum (8,00 €/Monat) mit 6stelligen Jahreseinkommen aussagekräftig wäre. Whittaker unterschlägt frech die Preissteigerungen auf die Grundversorgung.

Nicht Volkszorn, eher Verzweiflung

Bei solchen Volks_tretern und ihrer Politik gegen breite Teile der Bevölkerung sind die Reaktionen bei den Betroffenen schlichtweg vorhersehbar. Allerdings finden Wut und Verzweiflung eher verbale Ausdrucksformen.
„Ich bremse auch für Jobcenter-Mitarbeiter.“ – „Erste Hilfe für Jobcenter-Mitarbeiter? – Na, da fehlen doch bestimmt noch irgendwelche Nachweise . . . !“

An der Debatte zur Abschaffung von Sanktionen bei Hartz IV und Sozialhilfe beteiligen sich folgende Redner:
00:35 Dagmar Schmidt (SPD)
06:20 Jörg Schneider (AfD)
13:43 Kat Whittaker (CDU/CSU)
21:00 Pascal Kober (FDP)
25:02 Katja Kipping (Die Linke)
30:19 Sven Lehmann (B'90/Grüne)
35:52 Matthias Bartke (SPD)
41:01 Till Mannsmann (FDP)
45:03 Matthias Zimmer (CDU/CSU)
50:55 Frauke Petry (fraktionslos)
54:35 Martin Rosemann (SPD)
59:18 Peter Aumer (CSU)

Die Beiträge von Kai Whittaker (CDU/CSU) und Pascal Kober (FDP) zeigen eindrucksvoll, dass sie keine wirklich Kenntnis von den Nöten der betroffenen Bürger haben. Sie zeigen sich als Theoretiker, oder besser Schwätzer, nicht aber als Bürgervertreter.

Eine geeignete Integrationshilfe für Whittaker und Kober könnte eine Zwangseinweisung in eine Jobcentermaßnahme für 6 Monate sein.


Behörden-Terror

„Der Terror (lat. terror „Schrecken“)ist die systematische und oftmals willkürlich erscheinende Verbreitung von Angst und Schrecken durch ausgeübte oder angedrohte Gewalt, um Menschen gefügig zu machen. Laut Resolution 1566 des UN-Sicherheitsrates sind „terroristische Handlungen solche, die mit Tötungs- oder schwerer Körperverletzungsabsicht oder zur Geiselnahme und mit dem Zweck begangen werden, einen Zustand des Schreckens hervorzurufen, eine Bevölkerung einzuschüchtern oder etwa eine Regierung zu nötigen, und dabei von den relevanten Terrorismusabkommen erfasst werden“.[1]
Das Ausüben von Terror zur Erreichung politischer, wirtschaftlicher oder religiöser Ziele nennt man Terrorismus.“

Die Sanktionspraxis die kritiklos in Jobcentern umgesetzt wird, bestätigt einmal mehr das berühmte Milgram Experiment.

Auf meiner Seite dokumentiere ich bisher 32 rechtswidrige Sanktionen, davon 10 Vollsanktionen, allein im Märkischen Kreis müssten das mehrere Hundert sein.
Bitte helft mit und stellt mir erfolgreiche Urteil oder wenigstens die Aktenzeichen zur Verfügung. Anonymisierte Urteile muss das Jobcenter herausgeben. Dann kann man den Dummschwätzern Fakten entgegenstellen.
Die Mitarbeiter in der Widerspruchstelle wissen davon und schweigen. Milgram.

Autor:

Ulrich Wockelmann aus Iserlohn

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