Gerichte stärken Auskunftsrechte: IFG gilt auch für Bundesrechnungshof und keine Sonderklausel mehr für Regierungshandeln.

"Mit zwei wichtigen Grundsatzentscheidungen haben die Gerichte kürzlich die Informationsfreiheit gestärkt: Sie stellten klar, dass auch der Bundesrechnungshof unter das IFG fällt und dass Regierungsstellen gleichfalls vom Auskunfts- und Einsichtsrecht erfasst sind.

Das Oberverwaltungsgericht Münster hat im Oktober entschieden, dass auch der Bundesrechnungshof Einsicht in seine Prüfungsunterlagen gewähren muss. Im konkreten Fall ging es um den Antrag eines Journalisten, der Kopien der Prüfunterlagen haben wollte, die der Bundesrechnungshof zu verschiedenen Stiftungen angefertigt hatte, an die Gelder aus dem Entwicklungsministerium geflossen waren. Zunächst hatte der Rechnungshof dieses Ansinnen mit dem Argument abgelehnt, er sei keine Behörde und falle daher nicht unter das allgemeine Akteneinsichtsrecht nach dem IFG. Das OVG gab nun dem Journalisten recht, dass das IFG anzuwenden sei. Auch einen Ausschlussgrund wegen negativer Auswirkungen auf die Kontrolltätigkeit des Bundesrechnungshofes sahen die Richter nicht. Eine Revision beim Bundesverwaltungsgericht ist allerdings möglich (Aktenzeichen 8 A 2593/10).

Im zweiten Streitfall liegt bereits eine Klarstellung des obersten Gerichts vor: Das Bundesverwaltungsgericht hat Anfang November entschieden, dass IFG-Anträge nicht mit der pauschalen Begründung abgelehnt werden dürfen, dass die gewünschten Unterlagen "das Regierungshandeln" betreffen. In der Vergangenheit hatten sich zahlreiche Ministerien bei IFG-Anträgen auf die sogenannte "exekutive Eigenverantwortung" der Regierung berufen und Informationen aus dem engeren Regierungsapparat pauschal für intern erklärt. Diese Praxis hatten Journalistenverbände wie netzwerk recherche oder auch der Bundesbeauftragte für die Informationsfreiheit, Peter Schaar, wiederholt als Versuch kritisiert, das IFG im Kern auszuhöhlen. Die Leipziger Richter haben jetzt festgehalten, dass das IFG grundsätzlich die gesamte Tätigkeit einzelner Ressorts abdeckt, sodass eine Unterscheidung zwischen Regierungs- und Verwaltungshandeln für die Gesetzesauslegung nicht relevant sei.

Das BVG hatte über zwei Anträge zu entscheiden: Zum einen ging es um Einsicht in Unterlagen des Bundesjustizministeriums zur Reformbedürftigkeit des Kindschaftsrechts, zum anderen um Stellungnahmen des Justizministeriums in zwei Petitionsverfahren gegenüber dem Bundestag. Mit dieser Entscheidung ist endlich der Versuch der Ministerien gescheitert, weite Teile der Exekutive vom Auskunftsanspruch auszuklammern. Ein Standard-Ablehnungsgrund für IFG-Anträge dürfte damit in Zukunft entfallen. (Aktenzeichen BVerwG 7 C 3.11 und BVerwG 7 C 4.11)."

Quelle:
Newsletter Netzwerk Recherche .
ISSN 1611-8871 .
Ausgabe 86 vom 29.11.2011 .

Autor:

Ulrich Wockelmann aus Iserlohn

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