Fragwürdige Quote - Warum Jobcenter die Leiharbeit puschen

Eine Behörde jagt sich selbst.

Am 13.03.2013 berichtete plusminus über das Gespenst der Leiharbeit und die geheimen Förderer im Hintergrund. Das Janus-Gesicht der Chefideologen der Arbeitslosenverwaltung zeigt sich sehr gut am Beispiel der Leiharbeit.

Während die Zeitarbeitsbranche medienwirksam als Erfolgsmodell der Arbeitsmarktpolitik zum Vorteil der Arbeitsuchenden verkauft wird, zeigt der Blick hinter die Kulissen etwas völlig anderes: Leiharbeit als billiges Alibi und Krücke zur Selbstrechtfertigung einer unerfüllbaren Integrationsquote.

„Jetzt aber ist eine Entwicklung eingetreten, die so sicher keiner wollte“, findet auch Arbeitsmarktexperte Dieter Döring: "In dem die Bundesagentur bei der Vermittlung sehr stark in Richtung Leiharbeit, in die Richtung dessen was leicht geht, marschiert, züchtet sie natürlich eine Branche heran. Im Grunde hat die Bundesagentur ein Leiharbeitsbranchenförderprogramm aufgelegt ohne es so zu nennen."

Wie ein internes Papier der Bundesagentur für Arbeit belegt, kritisierte der Hauptpersonalrat der BA die starren Vorgaben interner Zielvorgaben als erhebliche Fehlentwicklung. 1)

Schon sieben Tage Zeitarbeit gelten als erfolgreich vermittelt

„Wir treffen eine Mitarbeiterin der Arbeitsagentur, sie will unerkannt bleiben. Sie zeigt uns: Die so genannte Integrationsquote gibt vor, wie viele Arbeitssuchende pro Monat und Agentur vermittelt werden müssen. "Es gibt Führungskräfte, die mit den Zahlen in der Hand durch die Flure gehen und in die Büros der Mitarbeiter und sagen hier, da fehlt was. Bis Freitag möchte ich von Dir wissen, was du gemacht hast, damit die Quote noch erreicht wird. Es macht für den Arbeitsvermittler keinen Unterschied ob Leiharbeit oder reguläres Beschäftigungsverhältnis. Für die Statistik zählen beide gleich."

„Für den Vermittler ist es leichter seine Quote zu erfüllen, wenn er einen Arbeitslosen mehrfach in Leiharbeit vermittelt, statt in eine unbefristete Stelle. Schon sieben Tage Arbeit gelten als erfolgreich vermittelt. "Ich finde die gegenwärtige Praxis der Bundesagentur eigentlich als skandalös", kommentiert der Arbeitsmarktexperte Döring. "Sie vermittelt sozusagen in tendenziell eher schlechtere Jobs, die leichter zu erreichen sind um günstigere Ziffern zu erreichen und tut das in einer Situation wo ein ansteigender Arbeitsmarkt, eine bessere Lage eigentlich ideale Chancen auch auf perspektivische Vermittlung bei gutem Lohn bietet."

Die Zuständigkeit für die Überwachung der Zeitarbeitsfirmen obliegt der Bundesagentur für Arbeit. Die BA beschäftigt lediglich fünfundfünfzig Kontrolleure für mehr als 20 000 Zeitarbeitsfirmen mit über 900.000 Leiharbeitern

Arbeitsmarktexperte Döring stellt klar: "Es ist absurd jemand zum Kontrolleur zu machen der eine Branche ganz bewusst nutzt als Instrument bessere Ergebnisse bei der Integration zu bekommen. Welche Motive sollten die haben bei der Kontrolle tatsächlich bestimmten Erscheinungsformen entgegen zu wirken. Von denen sie umgekehrt ja profitiert durch Verbesserung ihrer Ziffern."

Arbeitsmarktzahlen aus Europa

Glaubt man den aktuellen Angaben der Europäischen Kommission hält der EU-Arbeitsmarkt derzeit 1,7 Millionen offene Stellen bereit.2) Dem gegenüber stehen allerdings 24 Millionen europäische Erwerbslose.3) Die Behauptung, „wer arbeiten will, der findet auch Arbeit“, ist bereits mathematisch nicht haltbar. Für Deutschland weist die geschönte offizielle Statistik im April 2013 ca. 3,2 Millionen Erwerbslose aus.4)

Im Januar 2013 lag die tatsächliche Zahl der leistungsberechtigten Personen in der Grundsicherung bei mehr als 6 Millionen, davon waren 4,375199 Millionen erwerbsfähige Leistungsberechtigte und 1,682543 Nicht-Erwerbsfähige die Leistungen nach SGB II (ALG 2 und Sozialgeld) beziehen.5)

Prekäre Arbeit, Leiharbeit und Minijobs ersetzen keine Existenzsichernden Arbeitsplätze.

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1) http://www.daserste.de/information/wirtschaft-boerse/plusminus/sendung/hr/2013/fragwuerdige-quote-102.html

2) http://ec.europa.eu/deutschland/press/pr_releases/11440_de.htm

3) http://de.statista.com/statistik/daten/studie/250187/umfrage/arbeitslosenzahl-in-den-eu-laendern/

4) http://de.statista.com/statistik/daten/studie/1319/umfrage/aktuelle-arbeitslosenzahl-in-deutschland-monatsdurchschnittswerte/

5) http://www.iknews.de/2013/01/31/deutschland-arbeitslosenstatistik-im-faktencheck-januar/

Autor:

Ulrich Wockelmann aus Iserlohn

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