Die zweifelhaften Erfolge von Hartz IV – Trainingsmaßnahmen = "Krabbelgruppen für Erwachsene"
Mit der Agenda 2010 kam eine neue Zeit für Märchenerzähler. Die Bundesregierung und die Bundesagentur für Arbeit suchten nach Möglichkeiten so viele Erwerbslose wie möglich aus der Arbeitslosenstatistik zu mogeln. Erfolgreiche Wählertäuschung braucht eben Experten wie von der Leyen, Nahles und Weise.
Der Staat kann keine Arbeitsplätze schaffen
„Der Staat kann keine Arbeitsplätze schaffen“ wusste schon der damalige und neue SPD-Generalsekretär Hubertus Heil in einem Interview mit der faz am 06.01.2006. Aber er erwartete „Kräftige Impulse für die Wirtschaft angesichts guter Konjunkturaussichten“.
Sein Chef, Gerhard Schröder, hatte ohnehin andere Pläne. In der Rede vor dem World Economic Forum in Davos formulierte Bundeskanzler Gerhard Schröder im Januar 2005:
„Wir müssen und wir haben unseren Arbeitsmarkt liberalisiert. Wir haben einen der besten Niedriglohnsektoren aufgebaut, den es in Europa gibt. Ich rate allen, die sich damit beschäftigen, sich mit den Gegebenheiten auseinander zu setzen, und nicht nur mit den Berichten über die Gegebenheiten. Deutschland neigt dazu, sein Licht unter den Scheffel zu stellen, obwohl es das Falscheste ist, was man eigentlich tun kann. Wir haben einen funktionierenden Niedriglohnsektor aufgebaut, und wir haben bei der Unterstützungszahlung Anreize dafür, Arbeit aufzunehmen, sehr stark in den Vordergrund gestellt. Es hat erhebliche Auseinandersetzungen mit starken Interessengruppen in unserer Gesellschaft gegeben. Aber wir haben diese Auseinandersetzungen durchgestanden. Und wir sind sicher, dass das veränderte System am Arbeitsmarkt erfolgreich sein wird. Dieses System zwischen Fördern der Qualifikation und Fordern der Leistung von denen, die leistungsfähig sind, wird nach einer Übergangszeit auch zu einer Reduzierung der Arbeitslosigkeit in Deutschland führen.“
Das war offener Verrat an der Arbeitnehmerschaft.
Inzwischen, betrifft der "beste Niedriglohnsektor", der in Europa geschaffen wurde mehr als jeden fünften Arbeitnehmer in Deutschland.
Die Armutsindustrie – eine lukrative Schattenwirtschaft
Diesen Gesinnungswandel in der SPD/Grünen machten sich Abzocker in Anzügen zunutze. Es entwickelte sich eine ausgeprägte Parallelwelt - die Armutsindustrie. „Preise, fast wie in China“ – durch die Ausbeutung von Ein-Euro-Jobbern.
Dann schossen die Pseudobildungsträger wie Pilze aus dem Boden, die sich zu Verwahranstalten für Erwerbslose entwickelten. Ohne Rahmenlehrpläne, ohne konkrete Bildungsziele, ohne überprüfbare Arbeitsergebnisse, wurde Erwerbslose unter Sanktionsandrohung in solche Verwahranstalten getrieben, die kaum mehr darstellen als „Krabbelgruppen für Erwachsene“.
Ob Günter Wallraff auf Waldspaziergänge mit Lamas geht, Erwachsene in Hamburg „Kaufladen spielen“, Muscheln am Rhein gesucht werden, oder die „Heranführung an den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt bei der Generation 50+“ in Iserlohn mit dem Basteln von Weihnachtssternen unterrichtet wird. Es geht immer nur um Statistikfälschung und jede Menge Steuergeld.
Hört man den Teilnehmern solche Trainingsmaßnahmen zu, klingt das anders:
„Vollmundig, wortgewaltig und in erstaunlicher Übereinstimmung umwarben verschiedene Jobcentermitarbeiter die „AktivCenter“-Maßnahme des Berufsbildungszentrums der Kreishandwerkerschaft Märkischer Kreis e.V. (bbz) als Highlight für die Generation 50+, als verheißungsvolle Berufsperspektive.
Ein eher vorsichtig formuliertes Qualifizierungsziel der Maßnahme verspricht dagegen das bbz selbst den Teilnehmern in einem eigens entwickelten Flyer:
„Im Auftrag des Jobcenters Märkischer Kreis bietet das bbz SGB II-Leistungsempfängern die Möglichkeit, ihre Eingliederungschancen in den Arbeitsmarkt unter anderem durch den Erwerb von berufsfachlichen Kenntnissen und Fertigkeiten zu verbessern.“
Aus dem Mund der interviewten Maßnahme-Teilnehmer klingt die Bewertung allerdings ganz anders: „Wenn Du aus der Maßnahme rauskommst, bist Du geschädigt.“ sagt X im Rückblick über das dort Erlebte. Und: „Im Kindergarten machen sie sinnvollere Sachen, als in dieser Maßnahme.“ Y spricht von „sinnlos vertaner Zeit“ und Z hat es vorgezogen, sich hin und wieder durch Krankschreibung dem Unsinn zu entziehen.
Aber auch Lohnzuschüsse zu 0-Euro-Praktika spülen Geld und Ganz-Billigkräfte in den Arbeitsmarkt. So berichtet ein Teilnehmer einer zweijährigen Maßnahme von „inab Iserlohn – Ihr Spezialist für Ausbildung und Beschäftigung“
„Ich machte also 8 Stunden die gleiche Arbeit wie die Familienangehörigen dort und war sonst nur der Fußabtreter, der nichts richtig machen konnte.“
Anfang der Reha-Maßnahme: August 2015
Ende dieses Spektakels: Juli 2017
Die ersten 3 Monate nur inab - Maßnahme
Davon im Betrieb gearbeitet von November 2015 bis Juli 2017 (=21 Monate)
Ich habe dort die gleiche Arbeit gemacht wie die Festangestellten.
„Was ich auch nicht verschweigen möchte ist, dass mein Arbeitsvertrag befristet ist
und nur 5 Monate andauert! Nach 21 Monaten Arbeit für den Hartz 4 Satz!“
Qualifizierungs- und Integrationskompetenz
Die Überprüfung der Ver(sch)wendung von Steuergeldern kann und darf man nicht der Politik überlassen. Die können es offensichtlich nicht.
Maßnahmeträger und deren Qualifizierungs- und Integrationskompetenz in den 1. Arbeitsmarkt verschlingen Unsummen an Geld und die Armutsindustrie verdient fast ohne Gegenleistung, ohne Wertschöpfung.
Eine Antwort des Jobcenter Märkischer Kreis auf Anfrage nach dem Informationsfreiheitsgesetz vom 23.011.2015 nach einer vollständigen Übersicht aller Kooperationspartner, der Anzahl der betreuten Personen und der Höhe der Maßnahme Kosten für die Zeit ab dem Jahr 2005 für den Märkischen Kreis zeigt, wie lukrativ das Geschäft mit den Erwerbslosen ist.
Autor:Ulrich Wockelmann aus Iserlohn |
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