Die Hartz-Fabrik

„Das Geschäft mit der Arbeitslosigkeit brummt. Milliardenbeträge verschwinden in sinnlosen Ein-Euro-Jobs und einer monströsen Bürokratie. Die von der Bundesregierung geplante Reform wird die Probleme nicht lösen – im Gegenteil.“

Hartz IV ist zum Motor für eine florierende Fürsorgeindustrie geworden. Die Spiegel-Reporter Kleinhubbert und Neubacher stießen bei ihren Recherchen auf Unternehmen und Dienstleister, denen es umso besser geht, je mehr Menschen auf staatliche Unterstützung angewiesen sind. „Armut ist ein Milliardengeschäft“, sagt Neubacher, „Unternehmen, die mit Hartz IV zu tun haben, stehen vor einem Wachstumsschub“

Ob der TÜV Nord mit einer Art „Kinderkaufladen im XXL-Format“ oder die Dekra mit ihrer „Toys Company“, die Hartz IV-Spiele-Industrie boomt. Während also beim TÜV Nord die Langzeitarbeitslosen Kaufladen spielen, wird in den Übungsfirmen der Dekra Toys Company gegen die Arbeitslosigkeit gepuzzelt, was das Zeug hält. Ein ähnliches Projekt des Jobcenters Märkischer Kreis - „Rückspiel“, die Spielzeugwerkstatt - wurde inzwischen eingestellt.

Unzählige „Bildungsträger“, private Arbeitsvermittler, Kommunen und Wohlfahrtskonzerne verdienen ohne Skrupel an der Arbeitslosigkeit. Dieses kostspielige Spiel dient dabei offensichtlich ausschließlich der Verfälschung der Arbeitslosenstatistik.
Dann gibt es noch die Hartz-IV-Supermärkte, Hartz-IV-Kleiderkammern und Hartz-IV-Tafeln. Auf diese Weise entzieht sich die Politik der sozialen Verantwortung und delegiert die Armutsbekämpfung an soziale und kirchliche Gruppen.

Der Spiegel-Artikel ist informativ und lesenswert.

„Die Hartz-IV-Reform hat ihr wichtigstes Ziel verfehlt“, sagt der CDU-Wirtschaftspolitiker Kurt Lauk: „Hartz IV ist zur arbeitsmarktpolitischen Stilllegungsprämie geworden.“

Und Jens Regg, Geschäftsführer der Bundesagentur für Arbeit, Regionaldirektion Berlin-Brandenburg, einer Gegend mit fast 900.000 Hartz-IV-Empfängern bilanziert: „Wir haben zu 80 Prozent Blödsinn finanziert.“

http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-76121041.html
Der Spiegel, 03.01.2011

Autor:

Ulrich Wockelmann aus Iserlohn

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5 Kommentare

Iris-Magdalena Hartmann aus Essen-Ruhr
am 11.01.2012 um 11:01

... das siehst Du genau richtig, Ralf!

Wenn die "kleinen Leute" etwas verschenken, ist es oft das Letzte was sie haben. Verschenkt ein Reicher etwas, ist es wie ein Krümel vom Tisch. So sehen die Distanzen aus.

Heiko Müller aus Dortmund-City
am 27.01.2012 um 12:53

sehr toller Bericht, auch wenn schon ein Jahr alt. Aber hin und wieder regt sich auch bei "älterem" auch noch was.
Klar ist das Geschäft damit auch Abzocke. Mir ist mal aufgefallen, dass man im Arbeitsamt auch als Kunde geführt wird und typisch für Kapitlismus fürchten sich Beamte da wohl auch vor "Kundenverlust".

Iris-Magdalena Hartmann aus Essen-Ruhr
am 17.02.2012 um 14:03

Heiko, Du mußt mal zum Arbeitsamt gehen... da wirst Du staunen! Von Kundenverlust kann gar keine Rede sein.
Das "Material" oder die "Ware" Arbeitsloser geht nicht aus. Dafür sorgt schon unsere Politik.